Vom Jammern – Das Wochenende in Bildern
Nun, also wenn ich ganz ehrlich bin, dann ist die Luft raus. Und zwar so richtig. Eigentlich schon seit längerer Zeit, die Aufmerksamen unter euch werden es vielleicht bemerkt haben. Und vermutlich geht es vielen von euch ähnlich. Weil meine Erfahrung zeigt, wenn wir drüber reden, können wir alle profitieren, schreibe ich also hier ein bisschen über mein fertig sein, das Mürbesein, und das einfach nicht mehr wollen. War an diesem Wochenende quasi das Dauerthema. Und gleichzeitig wurde wieder mal auch klar: Eltern können unendlich viel, weil sie müssen. Was für ein Wahnsinn. Wer keine Lust oder Energie für einen Jammerpost hat, ich kanns verstehen, dann lesen wir uns einfach demnächst wieder.
Samstag, 11. Dezember 2021
Es ist mal wieder soweit. Ich erwache mit einer Migräne, was extrem fies ist, wenn der Tag gleich so startet. Gleichzeitig ist es wieder Zeit für mein Medikament „gegen“ die Migräne und das ist immerhin ein Lichtblick, weil die Anfälle seit dem etwas weniger geworden sind (von weg kann ich aber immer noch nicht sprechen). Die Kinder gruseln sich jedes Mal und auch mich kostet es Überwindung, mir das Medikament ins Bein zu rammen. Aber anders gehts nun mal nicht. Danach will ich mich eigentlich wieder ins Bett legen, aber Eltern mit Migräne wissen: Das geht nicht, wenn Kinder im Haushalt sind. Und deswegen ist Migräne mit Kindern wirklich eins der Dinge, an denen ich regelmäßig verzweifel. Sie sind zu klein um das wirklich zu begreifen, aber ich bin zu krank um das gut begleiten zu können. Es ist für alle Seiten einfach nur der Horror und ich glaube, ich habe das noch nie so in aller Deutlichkeit gesagt.
Deswegen, an alle denen es ähnlich geht: Wie bitte macht ihr das? Wie haltet ihr die Geräusche und das Geschrei aus, wenn gleichzeitig der Kopf droht zu explodieren und man vor Schmerzen eigentlich gar nichts mehr denken kann? Ja, natürlich nehme ich dagegen auch Medikamente, aber eins davon sorgt dafür, dass ich mehrere Stunden halbseitig nichts mehr fühlen kann. Eher nicht so produktiv im Alltag.
Als ich mich einigermaßen gesammelt habe, steht der Besuch im Secondhand-Laden an. Eins der Kinder braucht dringend einen Schneeanzug und nachdem die Jacke, die ich letztens hier gekauft habe, beinahe sofort nach dem Kauf den Geist aufgegeben hat weil Reißverschluss kaputt und ausbessern nicht möglich, müssen wir also wieder hin. Ich hasse es sehr, es ist stickig, viel zu laut aber immerhin recht wenig besucht. Und, noch viel besser, wir finden, was wir brauchen. Mein Mann bespaßt derweil zuhause die anderen Kindern und will eigentlich in die Bibliothek, aber leider habe ich die Karte aus Versehen mitgenommen, so dass wir am Ende doch alle gehen müssen, weil sie unterwegs sind und wir auch und die Logistik in einer Großfamilie eben viele Fallstricke aufweist.
Dann also auch noch ganz schnell in die Bibliothek. Immerhin murren die Kinder nicht sondern geben die Bücher zurück und suchen sich rasch neue aus. Zack sind wir wieder draußen. Mein Mann liefert mich und ein Kind mit Bauchweh zuhause ab und erledigt mit den anderen den Wocheneinkauf. Ich möchte eigentlich sofort ins Bett, aber natürlich geht das kranke Kind vor. Es kann ja auch nichts dafür.
Vom Vorabend-Programm bekomme ich wenig mit, als mein Mann wieder da ist, sind die Kinder bei ihm (kommen aber natürlich trotzdem ständig gucken, ob es mir nicht vielleicht doch schon besser geht…). Der Abend ist auch eher kurz, es ist so unfassbar unspektakulär bei uns zuhause. Jetzt fällt mir ein, wir müssten auch mal mit Weihnachtsfilmen anfangen, das hat hier eine gewisse Tradition.
Sonntag, 12. Dezember 2021
Ich öffne die letzten fünf Türen des Adventskalenders alle aufeinmal. Tatsächlich vergesse ich auch das im täglichen Trubel. Hier ist eigentlich seit Wochen immer jemand krank, letzte Woche ging es mir überhaupt nicht gut und ich war einen Tag allein krank, bevor sich auch dann wieder ein Kind zu mir gesellte. Es ist zum Davonlaufen wirklich. Und ja, natürlich ist das alles jammerig. Aber so ist es nun mal manchmal und mir fehlt die Kraft, mich permanent immer zusammenzureißen. Jedenfalls war da auch dieser Tee bei, der sicher ganz lecker ist, aber mich überfordert schon der Geruch. Ich habe den zweiten Tag hintereinander Migräne und überlasse den Tee dann einfach den Kindern. Die freuen sich.
Und der Rest des Tages ist ehrlich gesagt einfach nur schlechte Laune. Einen kurzen Stimmungsaufheller gab es, eine Freundin kam vorbei um die aussortierte Kinderkleidung für ihren Nachwuchs mitzunehmen und wir haben uns sehr ehrlich darüber unterhalten wie es gerade geht. Sehr ähnlich, und das Wissen, dass es anderen mit ihren Sorgen und Nöten genauso geht, dass da dieselben Zweifel sind, das tut mir tatsächlich gut. Und der Freundin auch, denke ich.
Es wird viel zu viel geschrieen und geweint und gemotzt an diesem Tag. Die Kinder wollen erst nicht raus, dann wollen sie nicht rein, sie sind fies zueinander, zu uns, wir zu ihnen. Es wird gejammert und gemeckert und mir ist klar, dass wir alle am Limit sind. Aber heute, heute bin ich nicht mehr in der Verfassung um das alles auszuhalten. Heute will ich einfach nicht mehr und würde gern nicht mehr zuständig sein.
Aber aufgeben gilt ja nicht. Deswegen schaue ich, wie wir hier mehr Ruhe reinbekommen, möglichst fit werden und die Zeit für uns finden, um uns ohne angespannte Nerven zu begegnen. Denn eigentlich ist ja auch klar, dass niemand diese Familienstress will. Nur wie das genau klappen soll, das ist mir gerade noch sehr sehr unklar.
Du fragst, wie andere das machen. Bei mir ist es: Jede Erholung und Unterstützung nutzen, die auftreibbar ist. Auch wenn’s sich sch**** anfühlt.
Und dem Willen, der sich beruflich austoben will, eine einigermaßen geputzte Wohnung, gesunde Ernährung, Sport und eine angemessene Kinderversorgung, immer wieder „nein, geht gerade nicht“ sagen. Auch wenn’s sich sch**** anfühlt.
Ich kenn mittlerweile das schwarze Loch am Ende der Überforderung. Aber auch, dass es mit Anforderungen so weit senken, dass es weh tut, wieder besser wird.
Bitte pass auf dich auf. Du hilfst dir nicht und auch den Kindern nicht, wenn du deine Gesundheit fortwährend auf’s Spiel setzt.
Hier ähnlich. Der Putzrhythmus hat von wöchentlich auf alle 3 Wochen gewechselt. Die Kids schauen eigentlich viel zu viel Fernsehen, was mir aber die Möglichkeit gibt ein wenig zur Ruhe zu kommen. Es sei denn, sie streiten über das Programm . Der Essensplan könnte auch ausgewogener sein. Aber so wenig Stress wie möglich..
Und für jeden Tag ohne positiven Test dankbar sein.
Ich habe auch Migräne und außer a) sehr sehr sehr frühzeitig Medikamente nehmen, wenn man die Anzeichen zu erspüren beginnt, hilft eben auch einzig b) sich hinlegen. Den Kindern sagen, wie es um noch steht. Notfalls eben KiKa. Sich mit Migräne durch Tage, wie du sie hier schilderst schleppen, funktioniert für mich nicht. Ich bin dann tatsächlich nicht in der Lage, adäquat auf Situationen zB an großen Straßen rechtzeitig zu reagieren. Hart, aber so holt sich der Körper eben die dann so bitter nötige Ruhe. Nach 24 Stunden ist es aber meistens auch vorbei.
Ich habe leider auch Migräne. Zum Glück nicht so oft und auch nicht so doll, aber wenn ich mich hinlegen muss, dann mache ich das mittlerweile konsequent. Dann muss mein Mann komplett übernehmen, aber das ist völlig ok. Ist ja auch mal andersrum so, wenn es ihm nicht gut geht.
Ich könnte mir vorstellen, dass es dir helfen könnte, mal mit dem Blick von aussen deine Posts der letzten Monate und Jahre durchzulesen. Als wäre das eine Fremde. Und ich finde, da muss man nicht ein sehr aufmerksamer Leser sein, sondern es springt einen geradezu an, was deine Energiefallen sind und wie es euch geht. Ich habe das mal selbst bei mir gemacht und hab mich dann getraut, wirklich Dinge zu verändern, Erwartungen und stressige Rituale wegzulassen etc. und seitdem ist nur noch ganz selten jemand wütend und laut und flippt aus, sowohl bei den Kindern als auch bei den Erwachsenen. Und das ist meiner Meinung nach mehr wert und schöner für das Familienleben als jedes Prinzip und Ritual und to-do-Listen-Punkt. Man darf es sich auch einfacher machen im Leben.