Von schwachen Nerven – das Wochenende in Bildern
Woche 2 der häuslichen Quarantäne. Die Kinder schwächeln, ich schwächel, die Stimmung ist ehrlich gesagt furchtbar. Klar, es gibt ab und zu kleine Lichtblicke, aber ich merke an diesem Wochenende, wie sehr mir die momentane Situation an die Substanz geht.
Samstag, 28. März 2020
Wir fahren wieder in den Wald. In Berlin können wir mit den Kindern kaum raus, mich greift das mehr und mehr an, dass Menschen nicht auf Abstand gehen. Ja, hier wohnen viele Leute. Es ist nicht immer einfach, klar. Aber ich schaffe es kaum noch vor die Tür zu gehen um frische Luft zu schnappen, weil das alles so anstrengend ist. Weil ich für 4 denken muss, weil die Kinder noch zu klein sind.
Deswegen fahren wir am Wochenende raus, die Kinder sollen durch den Wald rennen, ohne Sorge, dass wir jemanden treffen. Das klappt gut, es ist im Prinzip niemand da.
Der Weg dorthin klappte kaum, der Mittlere hat überhaupt keine Lust raus zugehen. Und ich weiß, dass vieles davon mit dem momentanen Stress zu tun hat. Die Kinder kooperieren die ganze Woche, am Wochenende schaffen sie das nicht mehr.
So schreit und weint Herr Annika im Wald quasi drei Stunden durch. Dies gefällt ihm nicht, das möchte er nicht, alles ist zuviel. Mir auch. Am liebsten möchte ich mich daneben werfen und auch nur noch schreien. Weil ich all diese Emotionen nicht mehr auffangen kann. Ich merke, wie angespannt ich bin, wie sehr mir diese Ausbrüche nahegehen. Wie ich nicht mehr verständnisvoll und zugewandt bin, sondern aufbrausend und motzig. Das Runzelfüßchen bastelt einen Gute- Laune-Stab, der kurzfristig dem kleinen Bruder wirklich hilft. Was schön ist.
Ein Stein in der Sonne, ich stell mich drauf weil ich 5 Sekunden Ruhe haben möchte. Ich schließe die Augen und tada… zwei Kindern kleben an meinen Beinen. Tatsächlich habe ich das Gefühl, dass ich zusammenbreche, wenn das so weitergeht. Weil wir alle nicht zur Ruhe kommen sondern immer, immer, immer aufeinander kleben. Ich weiß, dass das ganz vielen Familien so geht, dass bei vielen auch Geldsorgen eine Rolle spielen. Und ich weiß auch, dass wir es gut haben. Aber ich kann nicht mehr.
Zuhause wartet eine Überraschung auf mich. Endlich, endlich, endlich ist mein Buch da. „Nicht mehr klein und noch nicht groß“ gibts überall, beim lokalen Buchhändler*in genauso wie bei Amazon. (der Link führt zu Amazon, ist aber kein ! Affiliate Link)
Unterstützt die kleinen Händler*innen, gerade jetzt. Und, logo, mit dem Kauf des Buches unterstützt ihr auch mich. Danke!
Ein ganz komisches Gefühl, in der Hand zu halten, woran ich über ein Jahr gearbeitet habe. Und ja, es ist spannend, aber ich muss auch gestehen: Meine Freude ist etwas gedämpft. Weil ich es nicht mal schaffe, das Buch in Ruhe durchzublättern, ohne, dass jemand schreit. Kreischt, weil er oder sie jetzt auch mal will. Und überhaupt.
Sonntag, 29. März. 2020
Ich weiß, dass es auch für die Kinder nicht leicht ist, deswegen schenke ich jedem ein Buch. Sie lieben Bücher und ich will nicht, dass alles immer nur doof, doof, doof ist. Zum Glück hatte ich diese drei Bücher noch da, danke Carlsen-Verlag! Am meisten begeistert sind übrigens alle drei vom Dschungel-Tiere-Popup-Buch.
Ich schaue meine Post durch, gestern bin ich nicht dazu gekommen. Und ich freue mich sehr. Sehr sehr sehr. Ich hatte die Tage einige Postkarten auf den Weg gebracht (jetzt muss ich erstmal neue Briefmarken besorgen und weiß nicht genau woher). Eine Auftraggeberin hat an mich gedacht und mir Nervennahrung geschickt (und ganz liebe Worte). Und Carola auch. Die virtuelle Umarmung tut so gut, gerade zur Zeit. Nicht im Bild, aber auch so schön: Weleda hat mir eine Handcreme geschickt. Die ist bitter nötig, weil unsere Hände durch das viele Waschen tatsächlich ganz ausgetrocknet sind. Ist das bei euch auch so? Habt ihr einen Tipp, außer Handcreme?
Ich muss arbeiten, die Kinder schreien und streiten und ich merke, dass auch mein Mann auf dem Zahnfleisch geht. Wir brauchen alle eine Pause und wissen doch, das es die gerade nicht gibt. Wir sind, so wie ihr alle auch, immer, immer, immer zusammen. Und die Kinder sind zu klein um zu verstehen, dass unsere elterlichen Ressourcen begrenzt sind.
Mein Mann backt Kuchen, eine Freundin kommt vorbei um Kleidung für den Jüngsten zu bringen. Und es tut weh, dass wir uns nicht umarmen können, dass sie mit Abstand zu uns steht (und wir die Kinder festhalten müssen, damit sie nicht zu ihr laufen). Was macht das alles mit uns?
Ich merke, wie angeschlagen ich bin. Wie viele Sorgen ich mir mache. Wie ich nicht glaube, dass sich an der Situation nach Ostern irgendwas ändert. Wie ich Angst habe, dass wir krank werden könnten. Dass andere erkranken. Ja, eigentlich ist es nicht schwer, zuhause bleiben, aufpassen, irgendwie durch die Zeit kommen. Und natürlich gibt es Konstellationen, für die das alles noch viel schwerer ist. Aber in beengten Wohnverhältnissen, mit drei agilen kleinen Kindern, ich mache mir wirklich Sorgen um uns.
Wie geht es euch? Könnt ihr Hoffnung verbreiten? Wie schafft ihr es, die Stimmung hoch zu halten?
Liebe Andrea, nachdem es neulich im Späti meines Vertrauens keine Briefmarken mehr gab, habe ich entdeckt, dass man die einfach direkt bei der Post bestellen kann und das sogar ohne Aufpreis. Fand ich ultra praktisch, ein Gang weniger. Wir haben hier ein ähnliches Thema, das große Kind mit 4,5 mochte zwischenzeitlich überhaupt nicht mehr raus. Also wirklich gar nicht. Vermutlich ist das alles für die Kleinen auch latent bedrohlich bis überfordernd und fühlt sich dann zuhause sicherer an. Nach vier, fünf Tagen komplett drinnen geht es jetzt langsam wieder. Wir finden es sehr zäh und tatsächlich finde ich eine Krankschreibung die adäquate Lösung. In dem Fall sozusagen präventiv, weil sonst in diesen Belastungsszenarien halt echt bald eine oder einer ausfällt. Und dann hat man für die Zeit wenigstens keine finanziellen Sorgen (ginge natürlich bei euch nur für deinen Mann).
Hallo ihr Lieben,
wir Leben auf dem Land und haben viele Weinberge und Felder um uns herum. Unser Ort ist noch stiller geworden als sonst. Wir sind dankbar über unseren großen Garten und unsere Hühner, welchen wir die letzten Wochen mehr und mehr genutzt haben. Unsere Hühner bekommen einen Berg Kartoffeln mehr, weil sie für unsere Kinder fast wie soziale Kontakte sind. Auch sie brauchen Pflege und ein gutes Wort.
Unsere Große (9) ist täglich an ihren Wochenplänen für die Schule, was unsere Jüngste (4) überhaupt nicht begeistert. Schließlich will sie doch mit der großen Schwester spielen. Beide dann zu motivieren ist nicht immer leicht. Unsere Große vermisst die Schule und ihre Freunde. Zudem macht sie sich Gedanken um die Arbeiten (Mathe, Deutsch, Sachunterricht), die jetzt nicht geschrieben werden konnten. Unsere Jüngste (4) konnte ihren Kindergeburtstag mit ihren Freundinnen nicht feiern und da mussten wir erstmal Tränchen trocknen. „Ob der Osterhase dann überhaupt kommen kann?“, hat sie gestern gefragt. Dennoch verstehen beide, dass sie aktuell nicht mit zum Einkaufen können, oder ihre Freunde bzw. auch Oma und Opa momentan nicht sehen können. Wir helfen uns mit Spaziergängen mit Tiersport (Wer kann laufen wie ein Storch? usw.), Backtag, Bastelnachmittag, Leseabenden im Tippi oder dem Telefonieren. Von rauen Händen können wir hier auch ein Liedchen singen. Wir haben uns ein Öl mit entsprechenden Ölen mischen lassen und nach und nach wird es besser.
Bleibt gesund