Von Natur – das Wochenende in Bildern
Es war stellenweise sehr lehrreich, dieses Wochenende. Und spannend. Das hat insbesondere die Kinder sehr gefreut, weil ja sonst so wenig in ihrem Alltag passiert. Ich habe auch was gelernt: Nämlich, dass ich mich inzwischen nicht mehr jedes Gebrüll aus dem Internet zu Herzen nehme.
Samstag, 09. Mai 2020
Frühlingszeit, Splitterzeit. Immer. Ich weiß wirklich nicht, wie oft ich irgendwelche Holz- oder Glassplitter aus Fingern, Zehen oder sonst wo entfernen muss. Die Saison startet meist so im März und geht bis Ende Oktober. So also auch an diesem Morgen, immerhin bei mir selbst. Ein kleiner Glassplitter. Wundert mich wenig, hier geht auch ziemlich viel zu Bruch. Bei euch eigentlich auch?
Dann gehts wieder raus in die Natur. Wir haben ein neues Waldstück gefunden, bei dem wir dann auch an diesem Feld vorbeikommen. Der Wald ist ganz einsam, viele Ameisen und Vögel und niemand außer uns. Durch den Sonnenschein wirkt alles auch ein bisschen wie aus dem Märchen. Der Jüngste ist zunächst sehr fasziniert von den vielen Ameisen und hält immer wieder an um aufgeregt auf den Waldboden zu zeigen. Dann krabbelt eine Ameise auf seine Hand, eine zweite auf den Schuh und vorbei ist es mit der Aufregung.
Wir finden einen Baum, der sehr verbrannt aussieht und auch so riecht. Weil die Wälder ja sehr trocken sind, überlegt mein Mann, ob es wohl schlau wäre, den Förster zu informieren. Wir entscheiden uns dafür (und ja, wir kommen uns irgendwie doof dabei vor). Ans Telefon geht eine junge Frau, sie ist an diesem Wochenende für die Brandbeobachtung (?) zuständig. Die Kinder sind ganz aus dem Häuschen. Übrigens, sie hat bestätigt, alles richtig gemacht, anrufen ist wichtig. Nur für den Fall, ihr seid auch mal in der Situation. Wir spazieren weiter und kurz vor unserem Parkplatz treffen wir die Försterin in ihrem Auto. Das ist für die Kinder super aufregend, dass es eben eine Försterin ist, und sie sich nun um den Baum kümmert, den wir gefunden haben. Wir fragen, ob sie uns berichten kann, wie es weiter geht und sie verspricht, eine Nachricht zu schicken, wenn sie mehr weiß.
Eine muss in den sauren Apfel beißen und die Einkäufe erledigen. Weil nur ich eine Maske dabei habe, muss also ich in den Laden, der Rest wartet in sicherem Abstand im Auto. Während ich alles, was mir einfällt in den Wagen werfe und schnell wieder raus will (obwohl der Supermarkt wirklich leer ist), meldet sich die Försterin. Der Baum ist nicht verkohlt, wie wir dachten, der Jäger hat ihn eingeschmiert für die Wildschweine. Es handelt sich um einen Mahlbaum, ich muss mal schauen, was das ist. Wir haben auf jeden Fall was gelernt und die Kinder haben einen neuen Berufswunsch: Försterin. Auch, weil die nette Frau angeboten hat, dass sie ja in ein paar Jahren ja mal für ein Praktikum vorbeikommen können.
Ich ärgere mich übrigens. Ich bin beim Einkaufen immer so gestresst und abgelenkt, dass ich nicht mehr genau verfolge, was alles eingescannt wird. Als ich zuhause den Kassenzettel anschaue, merke ich, dass da Getränke gescannt wurden, die ich nicht gekauft habe und einige reduzierte Lebensmittel nicht reduziert waren. Wir reden hier von insgesamt vielleicht 2€, aber mich ärgert das irgendwie trotzdem, dass mich diese Corona-Einkaufssituation so sehr nervt, dass ich nachlässig werde. Kennt ihr das auch?
Zum Abendessen gibt es selbstgemachten Flammkuchen mit vegetarischen Würstchen und allem, was die Kinder eben so gern mögen. Als die Kinder endlich im Bett sind (das wird irgendwie auch später und später) schauen mein Mann und ich „BlackKklansman“ von Spike Lee. Ich finde das Thema super spannend, der Film selbst hatte aber irgendwie ein paar Längen.
Sonntag, 10. Mai 2020
Muttertag! Kann man von halten was man mag. Meine Kinder sind seit Tagen sehr aufgeregt, basteln jede Menge Geschenke. Ich zeige euch mal eine kleine Auswahl. Ich bekomme eine „Zeitschrift“, ein Sehnsuchtsbild von der Ostsee, einen Schlüsselanhänger, eine Kette und Schokolade, die ich irgendwann man gekauft habe und auf der lustigerweise „alles Liebe zum Muttertag“ steht. Als ich sie kaufte, dachte ich, es sei eine Osterüberraschung und wollte sie verschenken. Nun kommt sie eben auf meinen Tisch. Außerdem gab es noch Blumen.
Was ich leider nicht bekommen habe: Stille. Mal so ein bisschen Zeit für mich. Das hätte ich mir gewünscht, aber das hatten die Kinder so gar nicht im Angebot. Schade.
Ich schenke mir selbst übrigens einen Tag ohne Internet. Ich habe am Donnerstag für einen Auftraggeber einen Artikel über uns vergessene Eltern geschrieben. Über die Verzweiflung von Eltern, über die fehlende Unterstützung. Und neben gaaaanz viel Zuspruch bekomme ich auch unglaubliche viele Mails, dass ich mich nicht so anstellen soll, dass ich jetzt endlich merken würde, dass ich mich um „die Blagen auch kümmern muss“. Es ist eklig und nervig und das Gute ist, dass ich vieles davon gar nicht wirklich lese, nur so aus dem Augenwinkel wahrnehme. Ich frage mich woher das kommt, diese Idee, dass manche immer bevormunden müssen. Es ist doch Platz für alle Gefühle. Wer glücklich mit der jetzigen Situation ist, dem gönne ich das von Herzen. Wer am Ende ist, den verstehe ich. Und alles, was dazwischen ist, das darf doch sein, ohne, dass jemand sagt: Nee, also das geht gar nicht.
Wir kaufen ein Fahrrad fürs Runzelfüßchen. Ihres ist zu klein. Jetzt könnte man sagen: Blöde Idee, so in Zeiten von Corona und Abstand halten und so. Aber tatsächlich haben wir uns draußen an frischer Luft getroffen, haben sehr viel Abstand gelassen und alle haben drauf geachtet, dass wir uns nicht zu nahe kommen. Jetzt hat die Sechsjährige ein neues, gebrauchtes Fahrrad und wir planen die erste Radtour des Jahres (nicht ganz einfach so mitten in Berlin).
Nach Fahrradkauf und Spaziergang durch die Sonne gehts nach Hause. Wir räumen ein wenig um, aber das geht immer nur in sehr kleinen Mengen. Hier ein Schränkchen, da zwei Bücher. Das nervt ein bisschen, weil ich mich erinnere wie schnell ich früher aufgeräumt habe. Und wie wenig es überhaupt aufzuräumen gab, so im Vergleich.
Ich ziehe mich ein wenig zurück. Denn: tatatata… ich habe eine neue Nähmaschine! Ich probiere ein wenig rum und bin etwas übermütig, weil ich denke: Ach komm, ich nähe direkt mal los. Leider frisst die Maschine dabei jede Menge Stoff, eine Freundin meint, die muss ich wohl erst einnähen. Das hoffe ich auch, denn gerade bin ich etwas frustiert. Aber vielleicht liegt es auch nur daran, dass ich unbedingt nähen wollte und mich da gleichzeitig so unter Druck gesetzt habe. Denn natürlich wuseln die Kinder bei mir rum, statt sich irgendwie anders zu beschäftigen (aufräumen oder so, ach, ich träume einfach). Jedenfalls merke ich: Ich habe seit fast einem Jahr kaum noch etwas genäht, weil ich nie Zeit hatte. Jetzt, nach den zwei Büchern merke ich aber wie sehr mir diese freie, kreative Handarbeit gefehlt hat. Jetzt hoffe ich nur, dass die Maschine und ich uns in Kürze anfreunden.
Und, vielleicht fühlt sich jemand angesprochen: Ich suche für ein Interview eine Mama eines sogenannten Regenbogenbabys. Schreib mir gern eine E-Mail an hallo at runzelfuesschen punkt de, wenn du etwas dazu erzählen möchtest.