Papa bloggt: Sind Kinder Statussymbole?
Die Frage in der Überschrift ist tatsächlich ein wenig übertrieben gemeint. Kinder sind an sich kein Statussymbol, sondern im besten Fall der Himmel, wie schon mal erklären konnte. Aber wie man an fast allem irgendeinem Status festmachen kann, wird oft versucht, sich mit Kindern abzugrenzen. Was umso komischer, weil Kinder eigentlich nicht lernen sollten, dass ein Kind oder eine Familie besser ist.
Der Kinderwagen als Abgrenzungsobjekt
Wir haben einen Kinderwagen und leider war dieser teurer als er hätte sein müssen. Im Nachhinein habe ich micht wirklich gefragt, wieso wir vor der Geburt vom Runzeflüßchen so einen Aufwand für einen Kinderwagen getrieben haben. Herr Annika hat den, noch immer voll funktionsfähigen Kinderwagen vielleicht fünfmal benutzt, wenn überhaupt. Ich trage meinen Sohn noch immer sehr gerne selber, einfach weil ich es oft praktischer finde. Trotzdem werde ich die Blicke mancher Eltern nie vergessen, die auf den Kinderwagen gerichtet waren. Dabei sind diese am Ende doch wirklich relativ egal: sie werden manchmal gar nicht, in der Regel nicht lange genutzt und die meisten lassen sich halbwegs vernünftig durch die Gegend rollen. Nach einem halben Jahr ist die Babyschale eh oft zu klein, der Sportwagenaufsatz dann doch zu groß und wuchtig und dann wird vielleicht ein günstiger und faltbarer Buggy gekauft.
Zuckerfrei als Religion
Ich glaube, niemand würde behaupten, dass Zucker gesund ist. Das Gegenteil ist der Fall. Er ist schlecht für die Zähne, kann Krankheiten auslösen und kann für Übergewicht sorgen. Daher sind Eltern in der Regel gut beraten, auf den Zuckergehalt von Essen ihrer Kinder (und sich selbst) zu achten. Viele machen das. Manche Eltern machen das manchmal nicht so gut. Zumindest nicht in den Augen derer, die sich wieder mit anderen Eltern einen Wettbewerb leisten, wer den zuckerfreiesten Kuchen oder die zuckerlosesten Kekse backen kann. Im Wettstreit werden Süßungsmitteln, Trockenobst (hat ja keinen Zucker, oder doch?) oder Honig so lange und so viel verwendet bis es dann doch wieder schmeckt. Zugegeben, wir achten auf den Zuckergehalt von Lebensmitteln. Aber wir müssen es bildlich gesprochen nicht jedem aufs Brot schmieren. Und unsere Kinder dürfen auch mal ein Eis essen, was man an einer Eisdiele kaufen kann.
Ohne Bio geht es nicht
Vielleicht ist es auch ein wenig meiner Umgebung geschuldet, aber viele Eltern, die ich kenne, kaufen Lebensmittel mit einem Bio-Siegel. Wir achten in der Regel auch darauf, regionale und Bio-Lebensmittel zu kaufen. Aber ich weiß auch, wie ein „normaler“ Supermarkt aussieht. Letztens wurde ich von einem Bekannten gefragt, ob wir alles, wirklich alles, „bio“ kaufen? Als ob man ein schlechtes Elternteil wäre, wenn es nicht so wäre. Ich meinte zu ihm, wenn ich die Wahl zwischen biologischen Kartoffeln aus Spanien und konventionellen Kartoffeln aus Brandenburg hätte, würde ich mich für letztere entscheiden. Verstohlen gab er auch zu, nicht nur im Biomarkt einzukaufen. Weil man nicht immer alles bekommt, weil es manchmal unpraktisch ist und weil es auch teuer ist, immer nur Bio einzukaufen. Und ein Garant darauf, dass es sich immer um die beste Qualität handelt, kann man auch nicht haben, schaut man auf bestimmte Testergebnisse, zum Beispiel für Tee.
Fördern bis zur Überforderung
Das Runzelfüßchen verabredet sich gerne mit ihren Freunden aus dem Kindergarten. Aber das ist manchmal gar nicht so einfach, einen Termin zu finden. Denn die Kinder haben selber schon einen vollen Terminkalender. Man glaubt es kaum, aber ich habe schon Vierjährige kennen gelernt, die vier von fünf Nachmittagen durchgeplant waren. Ein Nachmittag wurde der Musikförderung gewidmet, der nächste der sportlichen Betätigung, der dritte Tag wurde für Kinderjoga verplant und am vierten wurde geschwommen. Und um den letzten Tag durfte sich dann das Runzelfüßchen mit allen anderen Freunden, vielleicht noch Großeltern und den Eltern selbst prügeln, die ja auch noch Zeit mit ihrem Kind verbringen wollten.
Ich habe auch schon überlegt, wieso Eltern ihre Kinder nicht einfach spielen lassen, sondern so fördern wollen. Dabei bin ich mir manchmal unsicher, ob es nicht dann doch einen Wettbewerb gibt, wer sein Kind am meinsten fördert oder ob die Eltern wirklich denken, es wäre der Wunsch des Kindes, so viel zu machen.
Die allerallerallermeisten Eltern lieben ihre Kinder
Oft steht hinter dem teuren Kinderwagen, dem zuckerfreien Essen, dem Wunsch nach Bio und der allumfassenden Förderung die Liebe zu einem Kind. Im Prinzip finde ich das aucht gut. Nicht schön finde ich, wenn versucht wird, sich darüber abzugrenzen oder abzusetzen. Vielleicht findet man als Eltern nicht alles toll, was andere Eltern machen. Ob bio oder nicht, ob zuckerfrei oder nicht zuckerfrei, am Ende zählt, ob die Kinder liebevoll aufwachsen.
Wie reagiert ihr auf Abgrenzungsversuche anderer Eltern? Oder kennt ihr noch andere Beispiele?
Hm. Als Abgrenzungsversuche habe ich sowas bisher nie wahr genommen. Eher als Versuche, es möglichst richtig zu machen. Und dabei gerne mal über's Ziel hinaus zu schießen. Wie z.B. das mit dem Zucker, bzw. dem ach so bösen Industriezucker! In meiner weiteren Bekanntschaft.
Oder neulich im Kindergarten, erzählt morgens eine Mutter der Erzieherin dass eins ihrer Kinder aus Versehen die Zahnpasta für die Erwachsenen genommen hat. Also die mit Flourid! Um Himmels Willen! Ich konnte nicht an mich halten, und musste mal sagen dass zwischen Flour und Flourid ein Unterschied ist. Musste dann hören, dass Flourid auch schädlich ist. Nun, die Dosis machts. Ich glaube nicht dass ihre Kinder Zahnpasta literweise verdrücken.
Oder neulich auf Twitter. Zwei Mütter, die ihre Sprößlinge (zwischen 10 und 14) nicht in Stuttgart Rad fahren lassen wollen. Weil der Autoverkehr ist ja so gefährlich! Anscheinend auch auf ruhigen Seitenstraßen. In einem Fall war die Straße auf beiden Seiten zugeparkt. Ja sowas. Die fahre ich jeden Tag mit dem Rad.
Aber in allen Fällen, übergroße Besorgnis, weniger Abgrenzung.