Von Vor-Ferien-Stress – das Wochenende in Bildern
Die letzte Schulwoche vor den Herbstferien steht in den Startlöchern. Und ich muss sagen: Die Luft ist raus. Also eigentlich war sie nie so richtig drin, aber das ist vielleicht eine andere Geschichte für andere Zeiten. Jedenfalls sehnen wir alle die ersten Ferien herbei. Ist /war das bei euch auch so?
Samstag, 03. Oktober 2020
Der Tag der deutschen Einheit hat für viele ja keine echte Bedeutung, ein Feiertag halt. Bei mir ist das anders. Ich feiere den tatsächlich jedes Jahr so ein bisschen für mich und auch für uns als Familie. Weil wir eins dieser Ost-West-Paare sind und weil ich ganz grundsätzlich finde, dass wir manchmal zu wenig über die Freiheit reden, die wir alle hier haben und die manche von uns beinahe nicht erlebt hätten.
Feiertag bedeutet auch: Kein Samstagsstress. Was ich wirklich wirklich genieße. Denn normalerweise wäre heute der gleiche Trott aus Sport und Bibliothek und Einkaufen dran. Stattdessen gehts in den Wald. Zu einer Stelle, an der wir seit Mai nicht mehr waren, die aber in den ersten zwei Corona-Monaten für die Kinder so wichtig war.
Eine Blindschleiche schlängelt sich über den Weg, wir suchen Bucheckern und Eichelkappen, die wir zuhause anmalen wollen. Erst ist alles ganz wunderbar idyllisch und schön, die Kinder lärmen frei und wie sie es eben so tun, aber es stört ja niemanden und wir sind happy. Wir machen auch ein kleines Picknick, allerdings im Stehen weil alle Baumstümpfe klamm und kühl sind. Dann kippt die Stimmung.
Kennt ihr das, wenn von jetzt auf gleich alles nur noch Drama ist. Nur noch Streit und Zank und schlechte Laune. Ich glaube ja, dass das Natur auch mit uns macht, endlich wieder spüren was eigentlich los ist. Jedenfalls ist da sehr viel Unruhe in den Kindern und ganz viel Motzen und Weinen und unglücklich sein. Wir sind einfach alle durch und ich kann das so gut verstehen, denn es geht mir ähnlich. Einerseits genieße ich diese Zeit im Wald, die Zeit mit den Kindern und dieses nicht auf die Uhr schauen und anderseits habe ich die ganze Zeit im Hinterkopf was ich alles nicht gemacht habe heute. Was ich noch hätte erledigen müssen, was ich seit Wochen vor mir herschiebe oder welchen Auftrag ich aus Zeitmangel vielleicht doch nicht hätte annehmen sollen. Und wenn ich diese Zerrissenheit habe, wieso sollten die Kinder sie in einer anderen Form nicht auch haben? Immerhin, als wir den Fliegenpliz entdecken haben alle wieder gute Laune.
Ich denke an „Nicht mehr klein und noch nicht groß„, das Buch über die Wackelzahnpubertät, das ich geschrieben habe. Da steht ja einiges dazu drin, wie ihr euren Kindern in dieser sehr fragilen Zeit auch immer wieder ein gutes Gefühl geben könnt. Einer meiner Lieblings“tricks“, obwohl es wirklich kein Trick ist, um den Wackelzahnkindern wieder mehr Selbstbewusstsein und Zutrauen zu geben, ist Kinder auch mal gewinnen zu lassen und sie ausgiebig zu loben. Wir laufen jedenfalls gegen die schlechte Laune um die Wette.
Die Laune bleibt auch beim Abendessen gut. Die Sechsjährige und ich entscheiden uns für Flammkuchen in der „Jede*r wie er/sie mag“ Variante. Das gemeinsame in der Küche arbeiten ist schön, diese Exklusivzeit scheint ihr genauso zu fehlen wie mir. Und so erzählen wir was uns gerade bewegt und beschäftigt und ich mag das sehr.
Ich hab noch schnell ein Foto gemacht, bevor alles unter einem Berg aus Käse verschwand. Und, nur, dass es da keine Missverständnisse gibt, es gab drei Bleche. Eins hätte wohl nur den kleinen Hunger gestillt.
Anschließend arbeite ich bis 23:00Uhr, leider erledigt sich Arbeit nun mal nicht von allein. Und gleichzeitig denke ich natürlich: Was für ein Quatsch, soviel vorher arbeiten zu müssen, damit der Urlaub dann auch ohne Arbeiten klappt.
Sonntag, 4. Oktober 2020
VORLESEN! Mama, VORLESEN! Das Buch von Inke Hummel ist hier sehr beliebt. Wir sind inzwischen durch aber wir fangen quasi direkt wieder von vorne an. Ich finde es zum Vorlesen etwas langweilig und mag auch nicht, dass es immer mal wieder so abschweift. Aber das ist tatsächlich nicht wichtig, wie ich es finde, weil die Kinder es lieben. Und ich lese ja nicht für mich. Ich glaube, dass ist bei vielen Kinderbüchern so, dass die eigentlich für Eltern geschrieben sind. Die wollen ja auch unterhalten werden oder wollen die Moral des Buches mögen. Dabei sind Kinderbücher für Kinder. Und das hier ist ein Buch was Kinder sehr mögen.
And here we go again. Nach Vorlesen und Frühstück arbeite ich weiter. Was etwas an die Substanz geht, aber nun ja. Bald sind Ferien und das bedeutet auch für mich eine Pause. Also noch eine Woche Zähne zusammenbeißen, oder? Wie ist das eigentlich bei euch? Habt ihr Berufe, die ein Vorarbeiten nötig machen?
Und dann auf zum Picknick. Das Runzelfüßchen ist verabredet, die Jungs haben keine Lust mitzukommen. Also gehen nur wir zwei und picknicken mit einer Freundin. Das Lustige ist: Im Laufe des Nachmittags (wir sind in einem Park) kommen immer mehr Familien dazu, die wir kennen. Das war nicht verabredet und ist vielleicht deswegen fast noch ein bisschen schöner. Wir halten alle Abstand, natürlich, aber dieses „Berlin ist eben doch ein Dorf“ Gefühl, das ist wertvoll. Am Ende sind wir sieben Erwachsene und sieben Kinder und alle spielen mit allen.
Schnelles Abendessen. Eigentlich anders geplant, aber nach vielen Stunden an der frischen und zunehmend immer kälteren Luft wollen wir nur noch essen und kuscheln. Also schnell was unterwegs besorgen und dann den üblichen Sonntagabendzirkus überstehen. Ist bei euch Sonntag auch Badetag?
Wenn die Kinder schlafen muss ich noch mal arbeiten, aber dazwischen wird es eine Pause geben in der ich es mir mit einem Tee auf dem Sofa gemütlich mache.
Artikel der Woche
Noch gar keine Links, weil die erst in den nächsten Wochen kommen, aber ich habe diese Woche René Träder zum Thema Resilienz bei Kindern und Ralph Caspers zu seinem neuen Buch interviewt. Und beide Interviews waren schön, weil wir über Kinder gesprochen haben und darüber, was uns Erwachsenen auch manchmal schwerfällt. Ja, das sind die Momente in denen ich meinen Beruf wirklich noch ein bisschen mehr liebe.
Und apropos Interview, ich habe vor Kurzem mit Nora Imlau über Bindung und ihr tolles Buch „Mein Familienkompass“ gesprochen.
Und dann musste ich ein bisschen lachen. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung hat eine Studie durchgeführt, wie es Eltern während der letzten Monate ergangen ist. Das Ergebnis ist eigentlich für niemanden einen Überraschung. Umso mehr hoffe ich, dass Konsequenzen daraus folgen.
Ach, und weil so viele gefragt haben was es mit meinem Vortrag zum Thema Gendern auf sich hatte. Es gibt nichts schriftliches. Aber eine Frage an euch. Was mögt ihr lieber lesen: Leser*innen oder Leser:innen?