Caroline Frank im Interview: „Wir werden Kinder brauchen, die zu sich und ihrer Meinung stehen“

Ich muss gestehen: Die meisten Krimis im deutschen Fernsehen mag ich nicht. Der Grund: Es geht fast immer um Gewalt gegen Frauen, die Opfer sind fast immer Frauen, es ist selten divers und häufig sehr schablonenhaft. Deswegen war ich von „Mord in Wien“ auch so positiv überrascht, dass ich unbedingt mit Hauptdarstellerin Caroline Frank sprechen wollte.

Caroline spielt Majorin Franziska Malzer, die zusammen mit Oberstleutnant Carl-Albrecht Nassau (August Wittgenstein) den Mord an zwei ranghohen Beamten in Wien aufklären muss. Die Ungleichheit des Ermittlerpaares und der Fall an sich machen diesen Krimi zu einer wohltuenden Ausnahme im Einheitsbrei der Krimis (womit ich an der Stelle nun wirklich nicht jeden Krimi schlecht machen will, aber wie schon erklärt, mir ist das zuviel vom immer gleichen in vielen Fällen). Mir Caroline Frank hatte ich so ein schönes Gespräch mit viel Lachen und Austausch und Witz, dass ich hoffe, dass sich das hier auf euch überträgt und ihr nicht nur Lust auf „Mord in Wien“ bekommt, sondern auch darauf, euch mehr Filme mit der Schauspielerin anzuschauen. Wir sprachen über Familie, Schauspielerei und warum sich Caroline Frank selbst als Glückskind bezeichnet.

Interview mit Caroline Frank  zu Mord in Wien Andrea Zschocher
© ARD Degeto Film/ORF/J. Landsiedl/Zach-Kiesling

Was hat dich an der Rolle der Franziska Malzer gereizt?


Caroline Frank: Ich fand es toll, dass sie so unfreundlich ist und nicht so viel Wert auf Äusserlichkeiten legt. mochte das. Da ist mal keine Frau, die leidet und weint, sondern eine, der es egal ist, was die anderen von ihr denken. Ich fand das erfrischend. Sie braucht auch keinen Smalltalk. Die steht zu sich und sagt: „Das interessiert mich nicht.“ Und ihr Style ist doch toll, sie schert sich um nichts.


Das Kostüm ist mir da auch gleich positiv aufgefallen. Schön, endlich auch mal andere Frauenbilder zu sehen. Deine Franziska ist ja schon auch recht jung Oma. Das hat mich tatsächlich schon etwas verwundert.


Natürlich geht es sich rein rechnerisch alles aus, aber was vielleicht irritiert, ist, dass das Mädchen doch schon relativ groß ist. Es wird aber auch nicht erzählt, ob das ihre leibliche Enkelin ist oder nicht. Vielleicht erfährt man das irgendwann.


Ich mochte aber sehr, dass ich eine Großmutter spiele, da fällt das ganze Thema mit der Liebesbeziehung weg. Diese ganze Lovestory mit dem Carl-Albrecht [gespielt von August Wittgenstein], das wäre wieder so erwartbar. Also, theoretisch wäre es noch möglich, natürlich. [Sie zögert] Und wenn ich drüber nachdenke: Eigentlich auch schade, dass ich jetzt sage, dass mit dem Großmuttersein das Thema ausfällt.


Ich glaube, dieses Thema hat aber nichts mit dem Oma-Sein zu tun, sondern mit der Rolle der Franziska generell. Ich fand das auch wirklich gut, dass da nichts knistert oder man sich fragt: Naaaa, geht da was? Weil wir das so oft erzählt bekommen. Wir brauchen einfach neue Geschichten. Und da ist deine Rolle ein guter Start.


Du hast recht. Es ist doch auch viel spannender zu sehen, wie die beiden eine Ebene miteinander finden. Sie müssen ja irgendwie miteinander auskommen. Aber es wäre doch interessant zu sehen, wie die sich irrsinnig miteinander zerstreiten und trotzdem den Fall lösen. Denn am Ende will Franziska ja am liebsten doch alles alleine machen. Es endet ja auch damit, dass die beiden nicht die besten Freunde geworden sind. Das ist doch gut.


Das ist auch total erfrischend und zeigt neue Wege. Wir alle kennen doch Menschen, bei denen wir denken: Nö, völlig fein für mich, wenn wir uns siezen und uns nicht näherkommen. Nicht, weil ich dich nicht mag, aber ich brauche dich auch nicht in meinem Nahfeld. Da sind eure Rollen doch ein super Vorbild.


Das ist doch toll, oder? Gerade da, wo die Franziska arbeitet, im Ministerium und bei der Polizei – Ich kann mir vorstellen, dass da ein anderer Umgangston herrscht, da ist doch nicht immer alles nett. Da macht man seine Arbeit, und sie hat das übernommen. Sie lebt dieses: Ich mach mein Ding und du deins. Dienst ist Dienst. Ich finde das ganz gut gezeichnet.


Bei all dem Streit, den Franziska und Carl-Albrecht miteinander haben, finde ich aber auch schön, wie sie sich bei der Enkelin dann einig sind.


Ja, das stimmt. Das ist deren Berührungspunkt. Ich kenne das auch von mir: Wenn ich jemanden kennenlerne und man weiß noch nicht, wie man den findet, und dann sieht man, wie der mit einem Familienmitglied ganz nett umgeht – da baue ich dann Vertrauen auf. Weil mir Familie so wichtig ist.


Man sieht im Film ja auch, wie Franziska an den Stellen mit seiner Schwester ein bisschen weicher wird. Und sie sich Carl-Albrecht auch öffnet, weil sie sieht, wie der Kollege und seine Schwester gut miteinander umgehen. Das finde ich eine schöne Ebene – auch, weil er sie eben so unterstützt.
Beim Thema Familie werden beide dann eben doch zahm miteinander. Da hat dann auch Franziska Interesse und fragt mal nach, was er hergeben muss, um ihre Familie zu schützen. Es gibt eben immer Schnittpunkte, auch wenn man das manchmal nicht zugeben will, dass man etwas am anderen schätzt.

Interview mit Caroline Frank zu Mord in Wien Andrea Zschocher
Franziska und Carl-Albrecht ermitteln gemeinsam © ARD Degeto Film/Allegro Film/Anjeza Cikopano


Jetzt hast du deinen Spielpartner schon angesprochen. Was magst du denn an August Wittgenstein´s Carl-Albrecht?


Was ich an dem so liebe, ist die Leichtigkeit, mit der er Franziska nimmt. Sie glaubt immer, dass sie so taff ist und er lacht nur gewitzt und lässt sie machen. Der ist auch selbstbewusst genug und hat da eine schöne Größe.


Du hast gerade schon das Thema unterschiedliche Menschen und Überzeugungen angesprochen und ich bin da total bei dir. Ich kann auch nicht mit Menschen, die ganz anders zu ihren Kindern sind als ich zu meinen.


Es verbindet eben einfach, wenn man sieht, dass Leute ähnlich ticken wie man selbst. Es wird ganz schwierig im Zusammenleben, wenn die so ganz anders sind. Die beiden, Franziska und Carl-Albrecht, haben so ein liebevolles Necken miteinander. Es gibt diese Szene, wo Franziska nach einem Dienst nach Hause kommt, die Schwester wartet auf der Straße und sie fällt ihr wirklich in die Arme. Das hat mich gerührt, weil du da merkst, dass sie bei ihrer Familie wirklich loslassen kann. Sie weint nicht und ist auch nicht schwach, aber sie kann ihre Arbeit loslassen.

Interview mit Caroline Frank zu Mord in Wien Andrea Zschocher
Franziska und ihre Schwester kümmern sich gemeinsam ums Enkelkind © ARD Degeto Film/Allegro Film/Anjeza Cikopano


Ich mochte es auch zu sehen, dass deine Franziska das Familienleben eben nicht allein wuppt, sondern dass sie ihre Schwester an der Seite hat. Weil wir das auch viel zu selten zeigen – dieses Dorf, was bei den beiden auch ziemlich klein ist, aber diese Unterstützung, die es braucht, um Kinder groß werden zu lassen.


Ich finde das so toll zu sehen, dass gezeigt wird, dass da ein Mensch – die Schwester – ist, die frei entscheidet: Ich möchte das mit dir gemeinsam übernehmen und leben. Und Franziska ist der Verdiener. Anders geht es auch gar nicht. Denn eine muss sich ums Kind kümmern. Eigentlich ist Franziska die Oma. Aber die Schwester hat den Part übernommen.


Und es ist keine lesbische Beziehung, sondern es sind zwei Schwestern. Das ist so schön.


Auf jeden Fall. Ich muss ja gestehen: Ich mag nicht jeden Krimi. Mir ist das wirklich oft zu frauenverachtend. Deswegen fand ich „Mord in Wien“ auch so gut, weil es mal ganz anders erzählt, wie Krimi auch sein kann.


Es stimmt schon, die Fernsehlandschaft besteht aus Krimi und Krimiserien. Bei uns in Österreich gibt es die Landkrimis. Die sind oft schöner als eine SOKO. Denn hier kann man ganz andere Geschichten erzählen. Ich mochte z. B. „Das Schweigen der Esel“ sehr. Karl Markovics hat hier mal etwas ganz anderes gebaut.


Am Ende kommt es immer auch darauf an, wie man die Figur spielt. Aber ja, manchmal wünsche ich mir schon auch, dass die Rolle nicht nur den Titel „Die Kommissarin“ oder „Die Ärztin“ hat. Sondern dass sie einfach eine Frau sein darf, mit der man eine gute Geschichte erzählen kann.


Du kommst vom Musical, spielst Theater, drehst Filme. Wofür schlägt dein Herz denn am meisten?


Im Moment tatsächlich für die Filme. Ich drehe wahnsinnig gerne. Es entspricht mir, ich mag die Arbeit. Man muss so schnell und on point sein. Gleichzeitig kann man so reduziert spielen. Und es geht sich mit der Familie super aus, weil ich nicht jeden Abend weg bin. Jetzt bin ich mal geballt weg, habe dann aber auch sehr viel Zeit.


Früher war es sicher das Tanzen, was ich am Musical am meisten geliebt habe. Aber das ist ja wie Hochleistungssport, und das entspricht vielleicht auch dem Älterwerden, dass ich mich da verabschiedet habe. Das kam nicht aus einer Krankheit heraus. Es war einfach genug. Ich habe so viele schöne Sachen gespielt und hatte Lust, etwas anderes zu machen.


Natürlich ist auch das Spielen selbst schön. Ich habe gemerkt, dass das beim Musical schon begrenzt war, und das viele Shows hintereinander – das mochte ich irgendwann nicht mehr. Jetzt habe ich da eine schöne Abwechslung. Ich spiele ein bisschen Theater, drehe gut und hoffe, dass das genauso weitergeht.


Ich habe gelesen, dass du über dich sagst, dass du ein Glückskind bist. Was für eine schöne Zuversicht in die Welt.


[Sie lacht herzlich.] Das stimmt. Ich empfinde mich wirklich als Glückskind. Das heißt nicht, dass mir nie was passiert oder ich nicht traurig bin, nervös oder verzweifelt. Aber wenn ich überlege, dass ich gern mal Lust auf etwas hätte, etwas ausprobieren will, dann geht sich das eigentlich immer aus.


Ich habe auch das Glück, dass ich gesund bin, dass ich machen kann, was ich am liebsten mache. Das ist ein großer Luxus, so zu leben. Wenn ich mir anschaue, wo und wie ich lebe, da kann ich mich wirklich sehr glücklich schätzen.


Rückblickend muss ich auch sagen: Es war sicher auch schwierig für meine Mutter, aber es war schon immer so: Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dann habe ich das gemacht. Und das macht mich so glücklich. [Sie lacht.]


Ich bin jemand, die davon ausgeht, dass es schon gut gehen wird – und nicht jemand, die durchs Leben geht und mit der Katastrophe rechnet.


Ist das auch etwas, was du deinen Kindern mitgibst?


Ja, schon. Ich finde es toll, wenn man rigoros für sich einstehen kann. Ich sage ihnen immer: Egal, was du machst, steh dazu. Überlege dir vorher, ob du dazu stehen kannst – und dann mach es. Das ist das Wichtigste. Denn wir werden Kinder brauchen, die zu sich und ihrer Meinung stehen.
Man muss auch nicht immer zurücknehmen, was man gesagt hat, aber man muss sagen können: Es tut mir leid, dass ich dich verletzt habe. Wir brauchen mehr Empathie.

„Mord in Wien“ könnt ihr ab sofort bis zum 23.07.2025 in der ARD Mediathek anschauen. Es lohnt sich, versprochen.

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