Henning Flüsloh im Interview zu „Feste & Freunde“: „Wir brauchen uns gegenseitig“
„Feste & Freunde“ startet am 2.1.25 in den Kinos. Lasst euch, vielleicht sogar mit euren Freund*innen gemeinsam, von diesem Film an die wirklich wichtigen Dinge im Leben erinnern: Freundschaft, einander nah sein, aufeinander aufpassen und zugehen. Dieser Film weckt eine ganze Bandbreite von Emotionen, gerade am Jahresanfang können wir das doch alle ganz gut gebrauchen.
Ich habe mit Henning Flüsloh, der im Film den Max spielt, exklusiv über Freundschaft, Social Media und dem Wunsch, einander zu begegnen gesprochen. Ein wirklich schönes Gespräch, an das ich gern zurückdenke und von dem ich hoffe, dass es euch mit einem warmen Gefühl im Bauch zurücklässt.
Henning, mein Lieblingszitat aus dem Film ist „Seid euch wichtig“. Ich habe nach dem Schauen vom Film mehrere Freund*innen angeschrieben und ihnen genau das gesagt.
Henning Flüsloh: Wie schön. Das ist genau das, was ich mir für den Film wünsche. Dass man das schätzt, was man hat und nicht immer so viel beschäftigt ist mit dem, was in der Zukunft kommen könnte. Man hat so oft irgendwelche Vorstellungen davon, wo es so hingehen soll, wer man sein möchte. Da sucht man sich dann so Perlen zusammen. Aber es ist ja der jetzige Moment wichtig. Dass man mit den Leuten zusammen ist, die man mag.
Na guck, ohne es zu wissen, habe ich genau das getan. Und auch die Reaktionen darauf waren schön zu sehen. Weil wir eigentlich wissen, wie wichtig es in unseren Zeiten ist zu erkennen, dass wir zusammen viel besser dran sind, dass wir Verbindungen brauchen.
Man sagt ja auch, dass Freundschaft die „Choosen family“ ist. Neben dem Ursprung, der Familie wo wir herkommen, suchen wir uns unseren Freundeskreis selbst aus. Ich glaube, eine gesunde Freundschaft ist immer eine Stütze im Leben.
Es ist aber trotzdem auch keine Einbahnstraße. Ich kenne das schon auch, dass es darum geht, da zu sein füreinander. Es ist aber ein Geben und Nehmen im besten Sinne. Ich glaube, dass wir in einer Freundschaft oder vielleicht überhaupt in der Begegnung mit Menschen immer die Möglichkeit haben, über uns selbst hinaus zu wachsen.
Katia Fellin hat mit im Gespräch auch noch etwas Tolles mitgegeben. Sie findet es wichtig, dass man einander aushält. Einen wichtigen Rat, weil ich das Gefühl habe, dass wir manchmal vielleicht auch zu schnell aufgeben, statt uns gegenseitig auszuhalten.
Nicht nur, dass man es aushält, unterschiedlich zu sein, sondern, dass man auch unterschiedlicher Meinung sein kann und sich darüber austauscht. Es sind immer die Gegensätze, die sich anziehen, aber es gibt ja auch Gemeinsamkeiten. Wenn man sich gegenseitig ergänzt, ist das doch auch wichtig.
Aber ja, aushalten ist schon wichtig. Vielleicht auch, dass man aneinander festhält, wenn der andere einem wichtig ist. Dass man nicht sagt: „Du bist einer anderen Meinung und ich kann die nicht teilen und deswegen bin ich sofort weg“.
Aber es gibt da natürlich Grenzen. Ich finde, dass man über ganz vieles streiten kann, das ist auch total wichtig. Es braucht eine gute Debattenkultur und das Aushalten, dass wir nicht immer alle einer Meinung sind. Aber ich muss gestehen, dass das bei mir schon auch Grenzen hat.
Auf jeden Fall. Es sind schon Werte und Ideale, an denen man sich gemeinsam entlanghangelt.
Laura Tonkes Ellen sagt ja auch den tollen Satz „Es lohnt sich bei jedem kleinen Gefühl, ganz genau hinzuschauen“. Deine Figur Max macht das einerseits. Andererseits ist er aber auch ein bisschen feige. Was denkst du denn über diesen Satz. Lohnt es sich wirklich immer?
Ich glaube schon. Auf der anderen Seite kann es aber natürlich auch eine Verirrung sein. Aber das auszuprobieren, lohnt sich immer. Bei Max ist es, glaube ich, so, dass er Schwierigkeiten hat für sich selbst einzustehen und Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Dadurch hat er oft das Gefühl, dass er übergangen wird.
Aber sobald man für sein eigenes Tun und für seine Wünsche Verantwortung übernimmt, sein Leben in die Hand nimmt, legt sich auch das Gefühl, übergangen zu werden. Ich finde das schon manchmal auch schwierig. Es gibt ja unterschiedliche Lebensphasen und es gelingt einem vielleicht nicht in jeder gleich gut.
Da kommen wir wieder an den Punkt, dieses im Moment sein und sich nicht zu viel damit zu beschäftigen, wie die Zukunft aussehen soll. Sonst ist man gar nicht offen für die Momente und Möglichkeiten, für sich einzustehen.
Apropos um sich kreisen, da sind wir ja dann ganz schnell bei Thema Social Media und Kommunikation. Da kann man sich auch ganz weit von sich selbst entfernen. Im Film wird gar nicht gezeigt, wie die Freund*innengruppe eigentlich miteinander kommuniziert. Wie lassen die sich wohl gegenseitig an ihrem Leben teilhaben? Denn im Film treffen sie sich ja nur zu den Festen.
Stimmt, das bleibt im Film offen, das wird nicht gezeigt. Das hat mich sehr gereizt an dem Drehbuch, das es Lücken lässt, die muss der Zuschauende selbst füllen, aber das mussten wir Spieler[*innen] auch machen. Die Freunde treffen sich zu diesen Festen und an den Locations und begegnen sich dort. Da wird verhandelt, was in der Zwischenzeit passiert ist. Vieles bleibt aber auch unausgesprochen. Das war natürlich toll, dass man dieses große Ensemble hat, dass ganz viel mit Blicken erzählt oder darüber, wie sich die verschiedenen Figuren zueinander verhalten. Natürlich erzählt sich viel über die Textebene, aber es gibt auch das andere. Das fand ich spannend.
Zu deiner Frage zu social media: Ich hab so einen Freundeskreis von früher mit sechs Menschen. Wir sehen uns viel zu selten, manchmal hört oder sieht man sich auch einfach ein halbes Jahr oder manchmal auch ein Jahr nicht. Und dann auf einmal einfach doch. Was ich dann toll finde, ist diese kollektive Erinnerung. Es gibt Momente, an die kommt man alleine gar nicht ran. Für mich war das als Vorbereitung auf meine Rolle super. Ich versuche mich an etwas zu erinnern und komme nur an die Oberfläche davon. Wenn ich dann aber mit den Freunden, mit denen ich die Zeit damals verbracht habe, zusammensitze und ein Wort das andere ergibt, dann sind auf einmal all diese Emotionen und Erinnerungen wieder da.
Das verstehe ich. Weil man ja auch nur einen Blick auf sich selbst hat und die anderen die gleiche Situation ja ganz anders erinnern können. Ich denke gerade auch an Freundinnen, mit denen ich seit Jahrzehnten verbunden bin und mit denen ich über Sachen von früher reden kann. Die können wir jetzt ganz anders aufarbeiten, als wir das als Kinder gekonnt hätten.
Das ist für mich auch die Message von diesem ganzen Film. Der Mensch ist ein soziales Wesen und wir brauchen uns gegenseitig. Sobald man in Kommunikation und in Interaktion miteinander tritt, hat man die Möglichkeit etwas drittes zu erschaffen.
Das war hier mit dem großen Ensemble natürlich auch besonders. Manchmal dreht man einen Film zusammen aber hat nur einzelnen Szenen zusammen. Am Ende ist man zwar zusammen in einem Film, hat aber gar nichts miteinander zu tun gehabt. Hier waren wir aber alle die ganze Zeit zusammen am Set. Wir sind uns begegnet und haben versucht, uns in kurzer Zeit kennenzulernen, um auch damit die Figuren und Beziehungen anzureichern. Freunde zu spielen, das ist schon komplex. Weil dieses Verständnis füreinander, dass man sich lange kennt, dass man vertrauen hat, dass man irgendwie an einer Geste oder an einer Körperlichkeit von einem Freund ablesen kann, wie es dem geht, das ist eigentlich sehr intim.
Ich finde, das ist euch total gut gelungen. Ich habe aber auch gedacht, dass das eine große Ausnahme ist Denn ihr spielt ja so oft alle zusammen. Normalerweise begegnen sich die Schauspielenden, wie du ja auch sagst, nicht so viel am Set. Ich hoffe, ihr seid auch jetzt noch viel im Kontakt miteinander. Denn so fühlt man sich am Ende weniger allein. Ich bin ja eine große Verfechterin davon, dass zusammen vieles leichter ist und kann gar nicht verstehen, warum man sich nicht gegenseitig unterstützt.
Ich denke noch über deine Frage mit der Kommunikation nach. Ich habe z.B. gar kein Instagram. Mir geht es da zu viel darum, sich zu vergleichen und einzuordnen. Man begegnet sich dort zwar auch aber es kostet eigentlich nichts in Interaktion zu treten. Das, was Ellen und Max Beziehung im Film ausmacht, wie schwierig das sein kann, das findet bei Instagram weniger statt. Max hat Schwierigkeiten damit für sich selbst einzustehen, Ellen kann vermeintlich für ihre Ideale und Überzeugungen viel besser einstehen. Im Internet haust du es einfach raus.
Nicht nur, dass Menschen in Social Media ein Bild von sich zeichnen, was vielleicht gar nicht so stimmt, es wird ja auch zum Problem, wenn wir uns alle mit diesen Bildern vergleichen. Das ist nicht gesund.
Ja, es kann auch eine Magie haben, etwas über jemanden im Gespräch herauszubekommen, ohne vorher alles im Internet zu erfahren.
Oder du entdeckst, dass du nur die sorgfältig kuratierte Version von jemanden kennst und das dahinter ganz anders ist. Deswegen bin ich da total bei dir, wir müssen uns wieder mehr im realen Leben begegnen, um wieder ein Gefühl füreinander zu bekommen.
Ja, das glaube ich auch.
Feste & Freunde im Kino
Feste & Freunde könnt ihr ab dem 2.1.25 im Kino anschauen. Wie das Interview mit Henning schon vermuten lässt, mir hat dieser Ensemblefilm wirklich sehr gut gefallen, weil er zum Nachdenken darüber anregt, welche Menschen wir in unserem Leben vielleicht manchmal als selbstverständlich wahrnehmen. Tut gar nicht weh, einander daran zu erinnern, dass wir uns wichtig sind, bedeutet eurem Gegenüber aber ganz sicher eine Menge. Vielleicht schaut ihr euch den Film auch direkt zusammen an?
Die Interviews mit Katia Fellin und Laura Tonke findet ihr ebenfalls auf dem Blog.
Eine Antwort
[…] hab mit Henning ein bisschen darüber philosophiert, wie sich die Freund*innen im Film wohl verabreden, wie sie […]