Berührendes Interview: Im Gespräch mit Tony Goldwyn und Bobby Cannavale

In diesen Tagen kommt „Ezra – Eine Familiengeschichte“ in die Kinos. Mich hat der Film sehr berührt, nicht nur weil eine Familie mit einem autistischen Kind im Vordergrund steht, sondern vor allem, weil der Film den Struggle den viele Familien kennen, so gut porträtiert.

Interview Tony Goldwyn und Bobby Cannavale zu Ezra
Tony Spiridakis (Drehbuch), Bobby Cannavale (Max), William A. Fitzgerald, Tony Goldwyn © TOBIS Film GmbH

Da wollte ich gern mehr drüber erfahren und hatte das Glück, dass sowohl der Regisseur Tony Goldwyn als auch der Hauptdarsteller Bobby Cannavale sich Zeit für ein Gespräch mit mir genommen haben. Und apropos Struggel, ihr habt euch ja Blicke hinter die Kulissen gewünscht: Das eine Interview habe ich im Urlaub geführt, als der Rest der Familie ein Freibad unsicher gemacht hat, das andere als die Kinder ihre Ferien Zuhause verbracht und versucht haben, sich für die Zeit des Gesprächs mal nicht zu streiten (hat auch geklappt, zu ihrer Ehrenrettung).

Ein Blick zurück auf 15 Jahre Interviews

Beide Interviews werden mich sicher gedanklich noch lange begleiten. Natürlich ist es an sich nicht ungewöhnlich für mich solche Gespräche zu führen, (Halt stopp, bevor ich weiter über die Interviews schreibe, mal an der Stelle eine kurze Zwischenbemerkung: Was ist das bitte für ein Satz?! Was für ein Privileg, diese Arbeit machen zu können! Vor fünfzehn Jahren hätte ich den so ganz sicher nicht sagen können, vielleicht auch nicht vor zehn. Ich habe schon immer am liebsten Interviews gemacht, weil ich einfach super neugierig bin, immer dazulernen will und Menschen wirklich spannend finde. Aber Interviews sind in den meisten Redaktionen nicht ganz so hoch angesehen. Weil sie sich natürlich nicht komplett steuern lassen.

Ich kann, wenn ich Interviewtermine wahrnehme, nicht im Vorfeld versprechen, was am Ende passieren wird. Das mögen aber die meisten Redaktionen. Die wollen vorher wissen, was ich am Ende liefern werde. Ich bin mir sicher, dass es Kolleg*innen gibt, die vorher schon eine Schlagzeile im Kopf haben und bei den Gesprächen nur darauf warten, dass da genau was in die Richtung kommt. Ich arbeite so nicht. Natürlich mache ich mir im Vorfeld Gedanken, aber wenn ich im Interview merke, dass ein anderes Thema gerade viel wichtiger ist, dann lasse ich mich da leiten. Das geht natürlich bei Interviews mit Politiker*innen nicht, aber bei Expert*innen und Prominenten durchaus. Wenn ihr wollt, kann ich auch dazu gern noch mal mehr schreiben, jetzt mal weiter zu diesem Gespräch: ).

Interviews, die nachhallen

…Von Zeit zu Zeit passiert es eben doch, dass das Gesagte nachhallt, dass sowohl der oder die Interviewte sich öffnen und wir über Sachen sprechen, die ich in Vorbereitung des Interviews gar nicht auf dem Zettel hatte. Ich mag das, wenn aus dem Interview ein Gespräch wird. Ich lese das auch bei Kolleg*innen sehr gern, weil für mich bei Interviews immer im Vordergrund steht, dass ich schlauer aus dem Gelesenen hervorgehe, als ich reingegangen bin.

Tatsächlich finde ich vor allem die Interviews gähnend langweilig, bei denen ich das Gefühl habe, dass der oder die Interviewte die gleichen sieben Standardantworten runterrasselt und der oder die Journalist*in die immergleichen Fragen abspult. Ich weiß, da haben wir alle unterschiedliche Präferenzen und nicht alle mögen meine Art der Interviews, aber das ist ja das Schöne: Die Welt ist bunt und groß und jede*r findet das für sich passende Medienangebot. Jedenfalls, jetzt aber zurück zum Interview: Ich war tatsächlich berührt davon, wie sehr beide Männer aufgemacht und sich auf die Gespräche eingelassen haben.

Vertrauen von Tony Goldwyn und Bobby Cannavale

Nicht alles, was ich in Interviews erfahre, veröffentliche ich auch. Ich könnte das natürlich tun, denn allen Beteiligten ist ja klar, dass sie ein Interview gegeben haben und wir nicht privat zum Gespräch verabredet sind. Aber ich finde eben auch, dass das Vertrauen, was andere mir entgegenbringen indem sie sich öffnen, nicht ausgenutzt werden darf. Ich arbeite nicht für sensationslüsternde Medien, mir geht es nie darum irgendwem Geheimnisse aus dem eigenen Privatleben zu entlocken. So war es eben bei Tony Goldwyn und Bobby Cannavale auch.

Sie haben mir private Dinge erzählt, aber die bleiben genau das: Privat. Ihr findet sie nicht in dem (sehr lesenswerten 😀 ) Interview. Und doch werdet ihr feststellen, wenn ihr den Artikel lest, dass diese Gespräche besonders waren. Weil es nicht darum geht einen Film (den ich wirklich super finde) zu loben, sondern gemeinsam zu ergründen warum der Film so ist, wie er ist. Warum es ok ist, die Hauptfigur auch mal nicht zu mögen, was den Machern so durch den Kopf ging und, dass auch Hollywoodstars ganz normale Menschen mit ganz normalen Problemen sind. Also zumindest dieses Beiden in dem Moment als ich mit ihnen gesprochen habe.

Tony Goldwyn: Wir sind alle auf der Suche nach etwas

Natürlich könnten wir jetzt darüber reden, dass die Probleme vielleicht doch andere sind, weil Geldsorgen wegfallen. Aber dafür haben sie auch andere Nöte, die wir vielleicht in der Form nicht kennen. Aber wie Tony Goldwyn so schön sagt: „Wir alle sind auf der Suche nach etwas“. Und das unterscheidet sich im Zweifelsfall bei uns allen dann doch nicht so sehr. Wir wollen alle unsere Kinder beim Großwerden begleiten und das möglichst gut machen. Aber wir scheitern auch immer wieder und das tut dann auch weh. Wir überlegen alle, wie wir in verschiedene Situationen reinpassen, wie wir uns manchmal anpassen um zu gefallen und nicht ausgestoßen zu werden. So funktioniert unsere Gesellschaft nun mal.

Ezra, soviel kann ich euch zu dem Film auf jeden Fall schon sagen, tut genau das nicht. Alle wollen, dass er sich anpasst, nur er selbst sieht das anders. (Eine ausführliche Kritik zu „Ezra – Eine Familiengeschichte“ lest hier hier). Darüber ins Gespräch zu kommen bedeutet ja auch, zu überlegen, wie wir vielleicht Gesellschaft auch anders leben können. Gerade im Schulkontex würde ich mir hier zum Beispiel wünschen, dass mehr Individualität möglich ist. Gleichzeitig zeigt allein dieser Kommentar schon: Wenn alle ihren Fokus auf etwas anderes setzen, zersplittert unsere Gesellschaft vermutlich auch, weil es keinen Common ground gibt.

Welche Interviewform mögt ihr am liebsten?

Seht ihr, schon wieder fangen meine Gedanken zu kreisen an. Und genau aus dem Grund waren diese Interviews und dieser Film so etwas besonderes für mich. Weil sie viele weitere Gedanken anstoßen, hoffentlich auch bei euch. Das ganze Interview könnt ihr auf familie.de nachlesen.

Und, dazu vielleicht auch noch eine Zusatzfrage (eure Meinung zum Interview interessiert mich natürlich sowieso). Mögt ihr Interviews lieber in Schriftform, als Video oder als Podcast? Konsumiert ihr überhaupt Interviews und wenn ja, von wem?

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2 Antworten

  1. September 11, 2024

    […] dass das Thema Autismus mehr Aufmerksamkeit bekommt. Gleichzeitig, und das war vielleicht mein größter Struggle im Interview mit dem Regisseur Tony Goldwyn und dem Hauptdarsteller Bobby Cannava… finde ich, dass der Film für alle gemacht ist, auch für die Menschen, die zu Autismus überhaupt […]

  2. November 3, 2024

    […] und davon auch berührt. (An der Stelle erinnere ich mich noch mal an die wirklich tollen Interviews mit Tony Goldwyn und Bobby Canavale, wo das auch so war und mich sehr berührt […]

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