Von hohen Bergen und durchwachsener Laune – Das Wochenende in Bildern
Nun ist die Hälfte des Wanderurlaubs bereits vorbei und, wie es die Überschrift ja schon verrät: Die Laune ist durchwachsen. Also bei uns allen. Eigentlich bin ich sehr im Flow, ich arbeite GAR NICHT (auch wenn in Gedanken die To Do Liste länger und länger wird), ich habe Zeit und Freude an den Kindern. Die nur irgendwie nicht an sich, an uns Eltern und an der Natur. Wenn zwei gute Laune haben, torpediert das dritte Kind auf jeden Fall alles. Es ist ehrlich gesagt ziemlich anstrengend und so ein bisschen bessere Laune hätte ich mir schon gewünscht.
Samstag, 24. Juli 2021
Nach einem Besuch bei der Apotheke von dem es natürlich keine Fotos gibt, fahren wir in die Berge. Der Grund für den Schwenk war meine Histaminintoleranz. Denn trotz aller Vorkehrungen wurde ich von einer Mücke gestochen und äh… Histaminintoleranz „sei Dank“ kann son banaler Mückenstich dann mal ziemlich explodieren. Ich habe es aber mit Salbe und Tabletten jetzt ganz gut in den Griff bekommen. Aber das ist sowas, dass mir nicht klar war, welche Auswirkungen das eben noch haben kann, außerhalb des Essens. Ich lerne also auch weiterhin noch viel über diese wirklich nervige Unverträglichkeit.
Jedenfalls, wandern. Wir sind in die Nähe vom Hochkönig gefahren, die Kinder träumen heimlich von der Besteigung, weil sie dann eine superbegehrte Wandernadel bekommen würden. Ist natürlich mit einem Zweijährigen total utopisch, deswegen versprechen wir: Wir wandern bis zur letzten Alm vor dem Hochkönig. Und ich sag mal so: Am Anfang war ich noch recht guter Dinge, dass das eine nette Wanderung sein könnte…
Der Weg zur Alm wird noch relativ entspannt. Die Kinder laufen ganz gut, der Kleinste jammert ab und zu und wird dann getragen. Die Alm ist ein Traum, super nette Menschen, die hier leben und arbeiten. Wir bestellen Zitronensoda und Apfelschorle und Kuchen und die Kinder bekommen extra große Stücke. Fürs Tischabräumen (total normal, aber der Wirt freut sich) bekommen sie auch noch einen Lolli und eigentlich wollen sie da schon nicht mehr gehen. Ich dagegen schon, denn am Nachbartisch unterhalten sich zwei Menschen sehr angestrengt und lautstark darüber wie schlimm es sei, dass wir ambitionierten Eltern unsere Kinder den Berg hochzwingen würden. Die seien ja noch viel zu klein und früher (orrr) hätten sie ja ihre Kinder immer gefragt, ob die überhaupt wollen würden.
Mir ist dieser Angriff leicht unklar, denn die Kinder machen ja keinen unglücklichen Eindruck und zwei von dreien laufen auch sehr bereitwillig. Wir entscheiden uns gegen die Konfrontation und als alle sich gestärkt fühlen, treten wir den Rückweg an. Der Wirt meinte, die Strecke, die wir uns ausgesucht haben, sei etwas steil, aber machbar… Äh ja, wir sind schon unten angekommen. Aber es war echt ziemlich steil. So sehr, dass auch der Zweijährige alles allein laufen musste, es wäre zu gefährlich gewesen, ihn auf den Schultern zu tragen.
Das selbst laufen, steil den Berg runter und der allgemeine Unwille sorgten für permanentes Gemotze, was ehrlich gesagt sehr an meinen Nerven sägte. Ich weiß schon, er ist erst zwei und er hat das auch toll gemacht, aber all unsere freundlichen Ansprachen führten zu noch viel vehementerem Geschrei. Nun kann man bei solch einem Abstieg aber schlecht in der Hälfte umkehren. Auch viele Pausen verbesserten die Stimmung der Gruppe nicht. Als der steilste Abstieg geschafft war und wir den Kleinsten auf die Schultern nahmen, war die Stimmung der Wandergruppe am Tiefpunkt. Alle maulten, auch die, die eigentlich Spaß hatten. Ist ja auch klar, schlechte Laune steckt halt irgendwann auch an.
Da hatte auch kaum noch jemand Lust auf diese unfassbare Natur mit all ihrer Schönheit. Ich verordente also eine Runde Füße baden im (wirklich) eiskalten Fluss und nach einiger Zeit und rotgefrorenen Füßen schien sich die Situation etwas zu entspannen.
Richtig gut wurde es, als ich noch Minze pflückte, im Bach wusch und in unsere Trinkflasche packte. Innerhalb weniger Minuten hatten wir auch erfrischendes Minzwasser und konnten die Wanderung zuende bringen. Die Murmeltiere, die wir noch gesehen haben, entlockten den Kindern allerdings keine Jubelschreie. Vermutlich waren sie einfach zu müde. Dabei, hallo, Murmeltiere!
Der Rest des Tages bestand aus Heimfahrt und Fußyoga vor dem Schlafen gehen. Immerhin hob das die Stimmung ein wenig.
Sonntag, 25. Juli 2021
Neuer Tag, neue Wanderung. Heute mal als Kontrast die leichte Variante. Wir fuhren mit der Loferer Almbahn auf den Berg und wollten den Wasserfallweg laufen. Eigentlich sollte heute die Alm-Messe gefeiert werden und überall Musik gespielt werden, das wurde aber kurzfristig abgesagt. Trotzdem war es recht voll auf dem Berg. Beim Loswandern war ausgerechnet meine Stimmung schlecht, denn seit drei Jahren (so lange fahren wir jetzt schon hier her) mache ich auf der Spitze ein Foto von den Kindern. Statt sich einfach mal 20 Sekunden hinzusetzen schrieen sie erst sich und dann mich an und nun ja. Wir hatten schon schönere Familienmomente.
Aber Abenteuer schweißen zusammen. Und hier mussten natürlich große Hinternisse überklettert werden. Sowas macht dann ja doch allen Spaß und so war die Stimmung insgesamt auch wieder gut. Bis halt zum nächsten „Ich will nicht mehr laufen“.
Pause am Wasserfallweg. Tatsächlich war ich überrascht, dass das Menschen drin gebadet haben. Wir machten auf der Bank Pause, aßen unsere mitgebrachte Vesper und genossen die Ruhe.
Das Gegenteil von Ruhe ist ein Kuhglocken-Orchester. Orr, so, jetzt mal im Ernst: Ist es bei euren Kindern auch so, dass sie unbedint alle gleichzeitig drauf einhauen müssen? Niemand kann warten, alle klöppeln gleichzeitig ihr Lied, was eine irre Kakophonie ist. Bloß dem Geschwisterkind keine Sekunde länger gönnen. Tatsächlich macht mich das sehr nachdenklich. Weil ich die Kinder so eigentlich nicht kenne. Aber gleichzeitig ist es hier schon eine Weile so. Die Frage ist nur: Normales Geschwisterthema oder doch eher Corona? Diese Sorge treibt mich tatsächlich um, dass die Kinder sich durch die Pandemie so sehr verändert haben. Ich habe da (noch) keine Antwort drauf, nur Sorgen und ein dünnes Nervenkostüm.
Deswegen: Erzählt doch mal, wie das bei euch mit Geschwisterkindern ist? Wie kommen die miteinander zurecht? Und wie hat sich die Geschwisterdynamik seit Beginn der Pandemie verändert?
Hallo Andrea, ich bin eigentlich stille Leserin, aber heute hoffe ich dass dir meine Worte vielleicht gut tun. Und sei es nur weil man dann sieht dass es eigentlich irgendwie bei vielen so ist. Und ja, Kinder haben ist anstrengend. Während der Pandemie noch mehr als sonst. Wir haben drei, 8, bald 6 und noch nicht 3. Wir Eltern arbeiten beide und ich habe oft das Gefühl diesen Kraftakt den ich die letzten eineinhalb Jahre irgendwie gestemmt habe, dieses Defizit schaffe ich neben meinem „normalen“ Alltag -der immer noch weit weg vom „normalen“ ist gar nicht aufzuholen. Ich bräuchte mindestens einen Monat nur für mich alleine. Meine Kraftreserven sind so dermaßen erschöpft und ich bin so frustriert dass ich kaum noch Energie besitze mich an den schönen harmonischen Momenten zu erfreuen sondern oft nur noch den Fokus auf das“anstrengende“ lege. Aber ich denke das resultiert aus meinem unterirdischen Energielevel. Ich schaue in den Spiegel und frage mich „wer bin ich denn…“. Ich erlaube mir keine Schwäche weil ich weiß dass es meinem Partner ebenso geht. Wir machen einfach weiter und versuchen uns nicht zu verlieren… Es ist schwer finde ich. Mich schon gar nicht mehr an den geschafften Aufgaben zu erfreuen können sondern nur am Berg der unerledigten angestauten Dinge zu sehen. Die Sorge vor Corona begleitet mich weiter und gefühlt wird das Verständnis dafür in der Gesellschaft immer weniger. Ich persönlich hoffe auf eine Kinderimpfung und unser Ziel ist es unsere Familie sicher durch diese Zeit zu bringen.
Pandemiebedingt haben unsere Kinder sich sicher verändert. Unsere streiten auch öfter. Sind fordernd und willensstark- waren sie aber schon immer. Das jüngste hat ein beschämendes Vokabular an Schimpfworten für das Alter… Der Medienkonsum ist nicht so wie ich es eigentlich angestrebt habe. Es fehlt die Leichtigkeit in unserem Familienleben. Das macht mich oft tieftrauring. Und doch… Die ältesten Beiden sind irgendwie enorm gereift, wir reden viel über Gesellschaft und Politik, Moral und menschliche Verantwortung…
Lustigerweise sind wir auch bald in den Ferien in der Nähe von Saalfelden. Zwei Wochen nur komplett als Familie und einfach in den Tag hinein leben. Es ist einfacher wenn ich nichts erwarte und plane habe ich gemerkt. Wenn wir anhand unserer momentanen Stimmung entscheiden was wir tun.
Aber mir graut etwas vor der Zeit bis dahin. Alles packen, organisieren, hinfahren… Am Abfahrtstag sitze ich meist den Tränen nahe im Auto und will nur noch alleine weg.
Mich hält der Gedanke an meine Großmutter und meine Mutter aufrecht. Ich fühle mich oft undankbar, bin ich doch in einer so privilegierten Lage. Frieden, Sicherheit und Wohlstand… Aber ich denke es ist auch in Ordnung zu sagen dass es an die Substanz geht. Wir machen ja trotzdem weiter. Mein Wunsch ist es dass ich in zehn Jahren auch meine Kinder ansehen kann, wie jetzt die Kinder meiner älteren Geschwister und denke „es war nicht alles verkehrt wie ich es gemacht habe“ „Wahnsinn, ihr seid so tolle junge Erwachsene“. Und darauf freue ich mich schon jetzt. Ich sende dir Kraft und gute Gedanken.
Liebe Grüße Elisabeth