Laeni Geiseler im Interview: „Ich habe gelernt, dass ich die Meinung der anderen sowieso nicht ändern kann“
Am Sonntag habe ich das Interview mit Felix Kramer zu „Was Marielle weiß“ gepostet. Da war schon sehr klar erkennbar, wie gut ich diesen Film finde. Das liegt am Thema und all dem, was das so aufmacht. Aber natürlich auch an den Schauspieler*innen, die diesen Stoff mit Leben füllen. Die titelgebende Marielle wird von der 14-Jährigen Laeni Geiseler gespielt. Mit ihr habe ich natürlich über ihre Rolle, aber auch über ihren Start in die Schauspielkarriere und das Teenagersein gesprochen.

Laeni, wie bist du an deine Rolle als Marielle rangegangen?
Laeni Geiseler: Ich bin an diese Rolle rangegangen, wie an jede andere Rolle auch. Ich habe vorher natürlich mit meinen Eltern darüber geredet. Meine Mutter hatte vor mir das Drehbuch gelesen, um zu überprüfen, ob das für mich überhaupt in Ordnung ist – wegen der Sexszenen [der Spielmutter Julia]. Ich finde, das macht den Film auch so spannend: dass es auf der einen Seite etwas ganz Normales ist – und das, was dann im Film passiert, aber nicht.
Generell habe ich mich einfach mit der Rolle beschäftigt. Ich habe sie auch ein bisschen durch mich selbst kennengelernt, denn wir haben viele Gemeinsamkeiten.
Abgesehen von den Sexszenen gibt es aber auch noch Ohrfeigen, die sicherlich auf einer ganz anderen Ebene emotional herausfordernd sind. Wie hast du dich darauf vorbereitet?
Wir hatten eine Stuntfrau am Set, die das mit uns alles durchgegangen ist und mir sehr geholfen hat.Wir haben davor ein paar Gespräche geführt, wie genau wir das koordinieren – das hat auch geholfen. Ich glaube, für Julia [Jentsch, die im Film die Mutter Julia spielt] war es noch schwieriger als für mich.
Es ist ja nicht leicht, einfach so jemanden zu ohrfeigen. Man will ja niemanden treffen und verletzen. Julia hat das super gemacht, und ich habe mich dabei sehr wohlgefühlt. [Sie lacht]
Papa Tobias und Marielle sind sich im Film recht nahe. Es gibt aber diese eine Szene mit der Klassenkameradin, da war ich dann doch überrascht. Warum macht der Vater das?
Ich glaube, er wollte die ganze Sache vom Tisch haben und vielleicht auch zeigen, dass Väter nicht nur uncool sein müssen. Man kann denen auch was erzählen. Als er sagt: „Sei doch froh, dass du Marielle als Freundin hast – ich hätte sie gerne als Freundin“, erkennt man, dass die beiden eine gute Verbindung haben. Ich verstehe, dass das schon sehr gewöhnungsbedürftig ist, wie er da handelt – aber er will eben nahe an seiner Tochter sein.

Hinter uns steht das Filmplakat, und da bist du ganz groß drauf zu sehen. Wie reagiert denn dein Umfeld darauf?
Meine Freunde unterstützen mich und finden das toll. Keiner von ihnen hat so richtig was mit Schauspiel am Hut. Einige wollen zwar vor die Kamera, aber so richtig in die Tat umgesetzt hat es bisher noch niemand. Da gibt es dann Nachfragen: „Wann geht’s denn weiter? Was machst du als Nächstes?“ Das ist schön, weil man dann merkt, dass diese Freunde echte Freunde sind.
Natürlich gibt es auch Neider. Ich versuche, das zu ignorieren – oder sage einfach: „Das ist deine Meinung. Ich mache trotzdem weiter, weil das hier mein Traum ist.“
Du bist jetzt 14. Das erfordert ganz schön viel Stärke und Reife, zu sagen: „Das hat wenig mit mir zu tun, was ihr da sagt.“ Da haben deine Eltern aber viel richtig gemacht.
Es gab bisher niemanden, der mir das direkt ins Gesicht gesagt hat. Ich weiß aber natürlich, dass es solche Leute gibt. Und es kann schon auch passieren, dass es mich im Stillen dann doch kurz runterzieht.
Ich spreche auch viel mit den Leuten darüber, mit denen ich zusammenarbeite. Hier kann ich mir Mut holen, nachfragen, wie die das sehen. Ich habe gelernt, dass ich die Meinung der anderen sowieso nicht ändern kann. Also muss ich das Beste draus machen.
Wenn ich an mir selbst zweifle, dann eher, wenn ich selbst glaube, dass meine Leistung nicht gut genug war. Das ist ja auch normal.
Gehen wir mal weg von den Zweifeln – die sind ja gar nicht nötig, so gut, wie du die Marielle spielst. Gibt es Rollen, die dich aktuell reizen?
Es gibt keine bestimmte Rolle. Ich freue mich einfach auf das, was kommt – besonders bei den aktuellen Castings, da hoffe ich natürlich, dass etwas klappt.
Orientierst du dich eher in Richtung Filme für Erwachsene oder Kinderfilme?
Ich finde beide Richtungen toll und würde mich nicht für eins von beidem entscheiden. Gerade die Abwechslung macht es doch spannend. Ich muss mich nicht auf ein bestimmtes Genre oder eine bestimmte Rolle festlegen.
Du hast erzählt, dass du durch deinen Bruder zum Film gekommen bist. Wie genau ist das eigentlich abgelaufen?
Mein Bruder hat Musical gemacht, und irgendwann hat meine Mutter gefragt, ob Schauspiel vor der Kamera nicht spannend wäre. Mein Bruder konnte sich das vorstellen, und meine Mutter hat ihn in einer Agentur angemeldet. Ich war währenddessen auch schon im Musicalbereich, aber noch nicht in der Schauspielwelt vor der Kamera.Weil das meinem Bruder aber Spaß gemacht hat, hat sie mich dann auch gefragt. Sie meinte, dass es gut passt, weil ich gern mit Leuten rede, tough, aber trotzdem bodenständig bin.
So hat sie mich dann in der gleichen Agentur wie meinen Bruder angemeldet. Der hat sich dann fürs Musical entschieden. Ich habe das Musical fürs Schauspiel aufgegeben. Es ist ein großer Unterschied zwischen Musical und Film. Im Musical muss alles groß sein, überspielt und nicht echt. Vor der Kamera ist das ja genau andersrum.
Hast du eigentlich Sorge um deine Privatsphäre? Immerhin bist du ja jetzt groß überall zu sehen.
Eigentlich nicht. Ich habe tolle Eltern, die mich da unterstützen und mir Tipps geben, was ich sagen darf und was eben privat bleibt. Nach den Interviews für „Was Marielle weiß“ wurde ich aber schon mal mit Fotos empfangen, die Leute von mir aus dem Internet ausgedruckt haben. Das war erstmal ein ganz komisches Gefühl. Plötzlich interessiert sich jemand für mich.
Aber das ist auch schön, wenn man sieht, dass Leute sich einen vielleicht als Vorbild nehmen oder gut finden, was ich mache. Das gibt mir ein gutes Gefühl.
Teenager und Eltern – das ist ja oft eine schwierige Kiste. Du steckst da selbst drin, und auch Marielle im Film hat da natürlich mit zu kämpfen. Hast du vielleicht einen Tipp für Jugendliche, wie sie gelassener mit ihren Eltern umgehen können?
Ich glaube, das kommt ganz darauf an, wie der Jugendliche ist und wie die Eltern damit umgehen. Eine Idee wäre, gemeinsam etwas zu unternehmen. Man muss das Vertrauen [ineinander] wecken, das nicht bei allen Leuten vorhanden ist. Es kann auch helfen, zu versuchen, die Sicht der Eltern zu verstehen. Das ist nicht ganz einfach, gerade wenn man mitten in der Pubertät steckt – aber wenn man ein bisschen offen ist, dann kann man sich schon in die Lage des anderen hineinversetzen.
„Was Marielle weiß“ läuft ab dem 17. April im Kino.