Katia Fellin im Interview zu „Feste & Freunde“: „Haltet euch aus!“

Ab dem 2.1.25 könnt ihr im Kino bei „Feste & Freunde“ so richtig mitgehen, wenn eine Gruppe Freund*innen all die wichtigen Feste feiert, die wir alle uns in unserem Leben wünschen. Vermutlich wünschen sich viele von uns auch genau diese Freundschaften. Denn wenn wir ehrlich sind: Umso älter wir werden, umso schwerer fällt es, Freundschaften zu schließen. Oder sie zu erhalten, gerade wenn man an unterschiedlichen Punkten im Leben ist.

Ich habe Katia Fellin zum Exklusivinterview getroffen um mit ihr nicht nur über ihre Filmfigur Maya, sondern über Freundschaften im Allgemeinen und Familienbande in Italien im Besonderen zu sprechen. Und ich kann euch sagen: Ich habe bei diesem Interview nicht nur was Neues gelernt, sondern auch meine Sicht auf Freundschaft ein bisschen erweitert. Beim Lesen vom Interview wünsche ich euch das auch. Und natürlich ganz viel Spaß im Kino.

Interview Katia Fellin  mit Andrea Zschocher zu Feste & Freunde
© LEONINE Studios / Wiedemann & Berg Film / Bela König

Katia, mich hat der Satz im Film: „Seid euch wichtig“ total abgeholt. Ich habe danach erstmal ein paar Freund*innen geschrieben, wie wichtig sie mir in meinem Leben sind. Was ist denn so ein Ratschlag den du richtig gut findest?

Katia Fellin: Aus dem Film weiß ich das schon gar nicht mehr. Das ist ja schon länger her. Aber für mich in Bezug auf Freundinnen ist es: Halte dich aus. Oder: Halte sie, die Freundinnen aus. Man macht nicht so schnell Schluss mit Freundinnen, aber ich komme manchmal in Versuchung sie zu schnell zu verurteilen.

Dabei sind das eigentlich die einzigen Menschen von denen ich erwarte, dass sie das bei mir nicht tun. Bei Familie ist das schwierig, bei Partner*innen ist es manchmal schwierig. Da ist das auch eine ganz andere Verbindung und Kritikfähigkeit. Bei Freund*innen muss man das mal aushalten. Die Person, das Verhalten, die Freundschaft oder das Nichtdasein.

Was für ein toller Rat. Denn da reden wir eigentlich auch zu wenig drüber. Freundschaften sind ja schon eine Ersatzfamilie.

Auf jeden Fall. Und gerade wenn man sich vielleicht auch nicht für eine klassische Familie entscheidet, mit Kinderkriegen und Partner*in. So wie meine Maya zum Beispiel. Oder auch ganz ander

Was ich an Maya spannend finde, ist zum einen der große Kinderwunsch, den sicher ganz viele nachempfinden können. Zum anderen hatte ich aber auch den Eindruck, dass sie bereit ist, für diesen Wunsch ihre Beziehung aufs Spiel zu setzen.

Ja, vielleicht (Katia überlegt). Aber es war ihr schon klar, dass das nicht passiert. Sie überredet Natalie ja nicht, sie bringt ihre Beziehung auf eine andere Ebene. Natalie muss dann schon mal nachdenken und sich zusammenreißen. Sie wird durch Maya gezwungen zu überlegen. Denn es kann, wie wir wissen, bei zwei Frauen in einer Liebesbeziehung nicht mal nebenbei passieren, dass eine schwanger wird. Aber, dass sie sich deswegen trennen?

Maya setzt Natalie ja schon die Pistole auf die Brust wenn sie sagt: „Du bist Mitte 40, du musst nicht im BH in der Wüste rumstehen und Techno hören“. Das ist zum einen eine echte Ansage und zum anderen kann die Person ja immer sagen: Nein, ich möchte das nicht.

Aber ob das dann so passiert? Ich denke nicht. Aber ich kann mir auch vorstellen, dass es Maya dann allein durchzieht. Dass sie sagt: „Weißt du was, ich zieh das hier alleine durch. Du kannst gerne noch dabei sein, aber ich frag dich nicht nach der Erlaubnis mich befruchten zu lassen oder ein Kind zu adoptieren“. Dann hätte sie die Möglichkeit gehabt Mutter zu werden und weiterhin eine Beziehung mit Natalie zu führen. Auf eine andere Art.

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Katia Fellin (rechts) als Maya beim Kümmern um den Nachwuchs. © LEONINE Studios / Wiedemann & Berg Film / Bela König

Aber ein bisschen ist es auch so gekommen. Denn Natalie ist ja schon weniger involviert, hat eine ganz andere Herangehensweise ans Leben mit Kindern. Maya bestimmt schon sehr, wie es mit den Kindern zu laufen hat und Natalie tut ihr doch da gut mit ihrer Entspanntheit. Was ich mich gefragt habe: Warum bittet Maya nicht mehr um Hilfe? Denn es ist ja schon deutlich zu sehen, dass sie da überfordert ist.

Bei Maya ist das eine bewusste Entscheidung. Sie hat genau im Kopf, wie das ablaufen soll. Es ist zwar ein gemeinsames Projekt, aber es ist ja von vornherein klar, dass sie die Kinder austrägt. Es überrascht niemanden, dass Natalie nicht mit Schwangerschaftsbauch bei der Hochzeit auftaucht.

Bei den Beiden gibt es eine bestimmte Rollenaufteilung. Davon kann man sich, glaube ich, auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren nicht befreien. Ich will das gar nicht so beschreiben, wer da den „Frauen“- oder „Männer“-part hat [Katia setzt diese Wörter im Gespräch in Anführungszeichen], denn darum geht es nicht.

Wer da Care Takerin oder Mental Load Übernehmerin ist, das wird bei Paaren natürlich auch immer von der anderen Seite genähert. Manchmal sucht man sich das aber auch aus. Ich glaube bei den beiden ist das so ein Zwischending.

Und wenn man dann schwanger mit Zwillingen ist, dann ist es klar, dass dieser eine Körper länger geschont werden muss, während der andere Körper Geld verdienen muss. Weil es eine*r gerade nicht kann.

Das ist bei heterosexuellen Paaren immer ein bisschen unfair, weil da weiß man genau, wer das er macht, wo das dann hinfällt. Bei gleichgeschlechtlichen Paaren ist es das eher nicht. Bei den Beiden im Film ist es aber so passiert.

Katia, weißt du, was ich gerade total gut und wichtig finde: Dass wir beide so ein bisschen Probleme damit haben, unsere Gedanken zu beschreiben. Weil uns die Worte dafür fehlen. Ich weiß, dass wir Beide im Denken ja viel weiter sind, aber uns fehlen die Worte, um Sachverhalte anders zu beschreiben, als in den patriarchalen Strukturen, in denen wir festhängen. Ich finde dieses Erkennen der Sprachlosigkeit gut, weil es uns zeigt, wo wir hinschauen müssen.

Genau, das habe ich versucht nicht zu sagen. Weil ich mich auch frage: Wo kommt das alles her? Auch bei den Beiden.

Ich habe beim Film gucken auch nicht gedacht: Ah, das Verhalten ist klassisch männlich oder klassisch weiblich. Ich habe nur gedacht: Es ist halt immer die gleichen Strukturen, egal in welcher Konstellation man liebt und Familie lebt. Die Strukturen ändern sich nicht und irgendwie müssen die Kinder versorgt und das Geld verdient werden.

Kein Geschlecht ist davon befreit. Wir Frauen sind nicht davon befreit, da in Rollen reinzufallen. Das gilt auch fürs Elternsein. Ich bin kein Eltern. Aber ich habe viele Freudinnen und auch meine Schwester, die Eltern sind. So, wie Maya das macht mit der Erziehung, so muss man das ja nicht machen. Ich will da nicht über richtig oder falsch sprechen. Aber es ist nicht die eine Art, wie man das machen muss. Weder von Maya, noch von Natalie.

Vielleicht sieht man in dieser Konstellation oder auch wenn es zwei Männer sind ja auch noch mehr die Schwierigkeit in dieser Unterschiedlichkeit beim Eltern werden. Es ist eben nicht „so macht das ein Mann“ oder „so macht das eine Frau“. Weil es plötzlich zwei Frauen oder zwei Männer sind und wir sehen: Es gibt immer mindestens zwei Arten in einer Elternkonstellation, die da aufeinandertreffen und miteinander einen Weg finden müssen.

Weil sich das bei euch beiden so durchzieht, von Kinderwunsch bis die Kinder da und jetzt muss man auch mal gucken, wie die Beziehung funktioniert: Was glaubst du, wie es für Maya und Natalie weitergehen würde? 

Chaotisch wie bisher. Ich habe keine Ahnung wie diese zwei Babys werden. Ich glaube nicht, dass eines der Kinder eine Maya wird und eines eine Natalie. Vielleicht werden sie eine Mischung aus dem Freundeskreis. Das würde ich mir wünschen als Maya und als Katia auch.

Was im Film gar nicht gezeigt wird, was aber viele Eltern kennen: Freundschaften verändern sich, wenn Kinder dazukommen und man kann Freund*innen dadurch ja auch verlieren. Da kommen wir auf deinen Rat vom Anfang zurück: Man muss manchmal vielleicht auch aushalten, dass die Freundschaft gerade hinter den neuen Lebensumständen zurücktreten muss.

Ja, aber es ist doch auch klar, dass man als Freundeskreis daran teilhaben möchte. Man hat das vorher alles miterlebt. Ich glaube, es macht Freundschaften viel wertvoller und viel spaßiger, wenn man das dann auch teilt. Meistens teilen wir ja nur die Probleme, die wir haben, um an etwas zu kommen. Sei es das Kinder kriegen, der neue Job oder in der Liebe. Aber stattdessen eben nicht vergessen auch das Schöne zu teilen. Ich will doch als Freundin eingeladen werden und dabei sein, wenn es dann klappt, wenn es was zu feiern gibt. Man musste sich doch vorher auch all das Gejammer anhören und wusste nicht ob es klappt. Man hat beraten, mitgefiebert. Dann will ich doch auch meine Belohnung haben. Da bin ich doch Teil dieser Gebur

Ich finde das einen total schönen Ansatz. So habe ich das noch gar nicht gesehen. Denn klar, wenn es gut läuft mit der neuen Liebe oder dem Baby, dann zieht man sich meist schon eher zurück.

Ich bin ja in Italien aufgewachsen, da machen wir das nicht so. Da feiert man schon viel zusammen. Zum Abi wird die ganze Familie angekarrt. Bei mir standen meine Eltern und meine Schwester vor der Schule und dann sind wir zusammen essen gegangen. Danach bin ich dann noch mit Freund*innen unterwegs gewesen.

Zum Uniabschluss da sind alle Freunde und Freundinnen bei der Verteidigung der Arbeit dabei. Du darfst alle mitnehmen, die Familie und auch Kommilitoninnen und Kommilitonen. Je südlicher du gehst, desto mehr Familie kommt. Da können schon mal 30, 40 Leute drin stehen und man verteidigt die Arbeit vor den Prüfern und Prüferinnen. Es werden Fotos gemacht und dann wird richtig geklatscht. Man bekommt eine Lorbeerkrone aufgesetzt, man wird im Stil von einem Junggesell*innenabschied den ganzen Tag durch die Stadt geschoben. Da sind alle dabei, es wird gesungen. In den Unistädten hört man im Oktober und im März nichts anderes als „Dottore, Dottore“. [Katia singt].

Wie toll ist das denn? Einerseits denke ich sofort: Boah, wie unangenehm, vor allen verteidigen zu müssen. Andererseits: Was für ein tolles Supportsystem hat man denn da dabei!

Ja, man hat eine echte Fanbase und totalen Support. Das sind ja keine unbekannten Leute. Ich mach das heute noch so. Vor Interviewtagen rufe ich immer jemanden an, weil ich ein bisschen nervös bin. Da würde ich manchmal auch gern jemanden mitnehmen.

Interviews zu Feste & Freunde
© LEONINE Studios / Wiedemann & Berg Film

Der Film „Feste & Freunde“ läuft ab dem 2.1.2025 in den Kinos. Die Interviews mit Henning Flüsloh und Laura Tonke findet ihr ebenfalls auf dem Blog.

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2 Antworten

  1. Januar 1, 2025

    […] man wird wieder freier. Ich merke das auch so langsam. Was Katia aber schönes gesagt hat, möchte ich auch mit dir teilen, weil es so gut dazu passt. Sie meinte, […]

  2. Januar 1, 2025

    […] Katia Fellin hat mit im Gespräch auch noch etwas Tolles mitgegeben. Sie findet es wichtig, dass man einander aushält. Einen wichtigen Rat, weil ich das Gefühl habe, dass wir manchmal vielleicht auch zu schnell aufgeben, statt uns gegenseitig auszuhalten. […]

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