Florian David Fitz im Interview zu „Der Vierer“

Mit „Der Vierer“ startet am 28. November 2024 ein Film bei dem ich nur ein bisschen auf Unterhaltung gehofft hatte (die ihr natürlich auch bekommt) und dann überrascht war, wie sehr mich das Thema abgeholt hat. Gerade weil es natürlich leicht wäre, einfach einen seichten Film über ein Paar in langjähriger Beziehung zu machen, die ihr Sexleben mal etwas aufmischen wollen. Der Film geht dann aber doch sehr viel tiefer. Ich habe mich im Interview mit Florian David Fitz über den Film, Langzeitbeziehungen und Wertschätzung ausgetauscht. Und ich sag mal so, Selbstironie kann der Schauspieler auf jeden Fall.

Florian David Fitz im Interview auf Runzelfuesschen
© LEONINE Studios / Sebastian Gabsch

Florian David Fitz im Interview zu „Der Vierer“

Florian, der beste Schauspieler kann seine Rolle nur authentisch spielen, wenn er sich in ihr wohlfühlt, soll Marco Buschmann vor Kurzem bei den FDP- Gesprächen gesagt haben. Fernab der Politik: Wie wohl hast du dich in deiner Rolle als Paul gefühlt? 

Och, das kommt immer auf die Situation der Szene an, die wir dann den ganzen Tag drehen. Das kann sehr unangenehm sein, aber kann auch Riesenspaß machen, vor allem wenn er in der zweiten Hälfte auf die Kacke haut und alle Fesseln von sich wirft.

Als jemand in einer Langzeitbeziehung kann ich sagen, ich habe mich in Sophie und Paul schon auch wiedererkannt. Gerade auch in dem Moment, in dem Julia Koschitz so wunderbar über die verschiedenen Rollen spricht, die uns übergestülpt werden, die wir annehmen. Das kennen sicher viele Paare.
Von welcher Rolle würdest du dich denn gern verabschieden? Und an welcher hältst du fest?

Ich weiß gar nicht…  ich finde interessant, dass das offenbar allen passiert. Man denkt ja immer, man ist nur eine Person und wie man hier so steht und agiert ist die einzig logisch mögliche Version von uns. Als Schauspieler merkt man ziemlich bald das das Bullshit ist. Wir alle sind gar nicht so stringent wie wir meinen, das behauptet nur unser Gehirn. Wir nehmen in unserem Leben hunderte Rollen ein.

Man kann in einem Freundeskreis die lustigste Person im Raum sein und auf der nächsten Party keinen intelligenten Ton rauskriegen. Man kann beim einen Partner der kleinlichste und beim nächsten die großzügigste Person sein. Wir sind halt dann doch soziale Wesen und nicht ganz unabhängig vom Gegenüber. Die Frage ist nur, engen uns die Rollen ein, oder helfen sie uns? 

Für mich geht’s in „Der Vierer“ auch darum zu sehen, dass wir einander immer wieder (auch unabsichtlich) verletzen. Warum ist das so? Und wie machen wir es besser?

Ich finde, dass wir vielleicht ein bisschen viel erwarten, wenn wir hoffen menschliche Beziehungen mögen ab jetzt ohne Verletzung ablaufen. Wir haben alle ziemlich volle Köpfe und können nicht 10 Bälle gleichzeitig in der Luft halten. Aber ab und an ein kleiner Schock um wieder aufzuwachen und wieder ein bisschen Liebesmüh in gemeinsame Kommunikation zu stecken ist sicher heilsam.

Speaking of besser machen: Was ja helfen kann ist, sich anderen gegenüber zu öffnen. Ist aber auch mit dem Risiko verbunden, missverstanden oder verletzt zu werden. Oder vom Partner, der Partnerin in einen Vierer gequatscht zu werden. Warum ist es trotzdem eine gute Idee auszusprechen, was einen beschäftigt? 

In der gewaltfreien Kommunikation sagen sie ja, dass der erste Schritt ist, Verantwortung für seine eigenen Gefühle zu übernehmen und sie nicht ständig dem anderen an den Handtuchhalter zu hängen. Wenn man dann offen kommuniziert mit der grundsätzlichen Einigkeit darüber, dass man sich ausstehen kann und vielleicht sogar liebhat, kann es zwar schmerzen, aber es wird einen immer eher tiefer verbinden als auseinanderführen. 

Wir alle wünschen uns Wertschätzung und Anerkennung, nicht nur im Job sondern auch in der Beziehung. Für deinen Paul ist das ein wichtiges Thema. 
Wann fühlst du dich denn wertgeschätzt? 

Wenn ich mit den Füßen Essen koche, während ich mit den Händen die Wäsche mache und dann meine Kinder sagen, es schmeckt scheiße und sie gehen lieber nackt. 

Und wieso schaffen wir es vielleicht manchmal in unserer Beziehung gar nicht, die Wertschätzung anzunehmen, die uns entgegengebracht wird? 

Weil wir verklemmt sind?  

Nehmen wir für die Liebe eigentlich zu viel in Kauf? Gerade vor dem Hintergrund, dass es im Film ja auch etwas pessimistisch heißt „Liebe hält nur kurz, der Rest ist Gewohnheit“. 

Das ist ja nur eine der vier Figuren. Vielleicht machen wir seit der Romantik ein bisschen zu viel Fasching um die Liebe. Der tut ein bisschen weniger Druck auch manchmal ganz gut.

Der Vorwurf an Paul lautet, er würde sein Leben durch andere leben. Das kennen sicher insbesondere viele Eltern sehr gut. Wie kommen wir denn wieder zurück zu uns selbst? 

Das passiert in den meisten Fällen von selber, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Wenn man seinem 35-Jährigen Sohn noch von der Party abholt und die Wäsche macht, sind vielleicht beide irgendwo falsch abgebogen.

Filmkritik zu“Der Vierer“

Darum gehts in „Der Vierer“

Sophie (Kulia Koschitz) und Paul (Florian David Fitz) haben es sich in ihrer Beziehung vielleicht ein bisschen zu bequem gemacht. Nachdem ihr Sohn nun ausgezogen ist, wollen die Beiden wieder Schwung in ihr Sexleben bringen. Helfen soll dabei ein Vierer mit (ungeplant) Pauls bestem Freund Lukas (Friedrich Mücke) und der Bekannten Mia (Lucia Barrado). Während die Zwei in einer Bar schon mal vorglühen, machen sich Sophie und Paul ganz ungeplant auf ganz andere Weise heiß. Obs am Ende zum Vierer kommt? Und ob der die Rettung für die Langzeitbeziehug sein kann?

Meine Kritik zu „Der Vierer“

Wie ich im Interview mit Florian David Fitz ja bereits erwähne, ich kann durchaus nachvollziehen, wie man sich in Langzeitbeziehungen so fühlt. Vermutlich können wir alle das nachempfinden. Deswegen einen Vierer starten, zumal noch mit Freund*innen oder Bekannten? In meinem Fall kann ich das eher ausschließen.

Aber es geht ja auch gar nicht darum, den Film nur dann anzuschauen, wenn man diesen Weg für sich persönlich wählen würde. Eine Anleitung zum Vierer findet ihr hier natürlich nicht. Aber jede Menge Stoff zum mal drüber nachdenken. Wer seid ihr denn eigentlich in eurer Beziehung? Und was wäre noch möglich?

Wir all denken ja, dass wir uns spätestens mit der Ehe, allerspätestens wenn Kinder im Spiel sind, für immer auf eine Rolle festgelegt haben. Stimmt ja aber gar nicht. Zum einen haben wir immer die Chance unserem Leben eine neue Richtung zu geben. Zum anderen lassen sich Dinge, Absprachen, Ideen, immer wieder neu verhandeln. Und da mal drüber nachzudenken, während man Julia Koschitz, Lucia Barrado, Friedrich Mücke und Florian David Fitz beim Verzweifeln, sich verlieren, wiederfinden, ausprobieren, verlieben, küssen und versöhnen zusieht, das kann den ungemütlichen Herbst durchaus erhellen.

„Der Vierer“ geht nicht ans Herz, dafür gibt es in diesen Tagen ganz andere Filme. Aber er geht ins Hirn und das ist in diesen Zeiten ja nicht das Schlechteste.

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