Papa bloggt: Kinderschreien in der Öffentlichkeit

Bausteine auf einem Teppich

Es gibt viele Dingen, die Eltern manchmal unangenehm sind: mir geht es manchmal so, wenn das Runzelfüßchen einen lustigen Kommentar zu Fremden in der Öffentlichkeit abgibt. Aber wenn mir eine Sache noch peinlicher ist als alles andere: wenn das Baby oder das Kleinkind in der Öffentlichkeit laut ist. Kinder haben allerdings auch jedes Recht der Welt laut zu sein, warum macht mir das so viel aus?

Die Angst vor den schreienden Kindern im Flugzeug

Auf unsere Thailandreise sind wir mehrfach in Situationen gekommen, in denen laute Kinder für viele Menschen störend gewesen wären. Ganz oben auf der Liste steht dabei der Flug von Berlin nach Bangkok.  Ehrlich gesagt hatte ich auch Angst vor dem Flug. Zum einen hatte ich Angst, dass der Flug zu anstrengend für die Kinder sein würde. Können sie im Flugzeug schlafen oder würde sie im Extremfall die ganze Zeit schreien? Aber ich hatte auch Angst vor den anderen Menschen. Wie würden sie auf die – eventuell- lauten Kinder reagieren?
Zum Glück verlief die Flugreise nach Thailand relativ harmonisch und unsere Kinder waren die meiste Zeit gut gelaunt oder haben geschlafen. Nach der Landung meinten dann mehrere Menschen uns oder die Kinder loben zu müssen: „Das haben die toll mitgemacht“ oder „die Kinder waren ja brav“. Natürlich war ich auch froh, dass der Flug für Kinder und die Eltern relativ stressfrei war. Damals habe ich mich auch über das Lob oder Anerkennung der Mitreisenden gefreut. Jetzt, ein paar Wochen später, bekommt das Lob einen schalen Geschmack.

Ein lautes Kind in der U-Bahn

Vor kurzem hatte das Runzelfüßchen schlechte Laune nach dem Kindergarten. Ich holte sie zusammen mit Herrn Annika ab. Normalerweise freut sich meine Tochter, wenn wir kommen, aber an dem Tag war ihr alles zu viel. Also wollte ich auf dem schnellsten Weg nach Hause, damit wir in Ruhe kuscheln oder lesen konnten. Es gab nur ein Problem: als wir in unsere U-Bahn einsteigen wollten, hatte sie noch immer schlechte Laune. Allerdings wäre die nächste Bahn erst wieder in 15 Minuten gekommen, also was sollte ich machen? Obwohl es mir unangenehm war, sind wir trotzdem eingestiegen, die anderen Fahrgäste schauten genervt, zudem war die Bahn auch alles andere als leer. Später erzählte ich meiner Frau davon und sie meinte zum Scherz zu mir, „da hast Du wohl Dein Kind nicht im Griff gehabt, was???!!!.“ Und obwohl sie das im Scherz sagte, fühlte ich mich getroffen: wenn meine Kinder laut und unzufrieden sind, fühle ich mich verantwortlich. Und ich habe Angst davor, dass meine Mitmenschen das auch so sehen.

Kinder sollen funktionieren

Seitdem Vorfall in der U-Bahn beschäftigt mich das Thema. Das Eine ist der Anspruch an mich selbst, dass meine Kinder zufrieden und glücklich sind und dass ich ihren Kummer schnell aus der Welt schaffen kann. Aber wenn ich mit meinen Kindern in der Öffentlichkeit bin, kommt noch der Druck von außen dazu. Kinder sollen leise sein, brav, still, sich benehmen, anpassen und wenn das nicht funktioniert, dann sollen die Kinder im Privaten verschwinden. Oft schwingt dann noch eine Bewertung mit, so im Sinne von: „wie, der überforderte Vater hat seine Kinder  nicht unter Kontrolle?“.

Kinder funktionieren nicht

Was ich allerdings gelernt habe seitdem ich Vater bin: Kinder „funktionieren“ nicht einfach so, wie das vor ihnen erwartet wird. Während Erwachsene höchstens bei einem Fussballspiel Gefühle zeigen (dürfen) wie Trauer oder Wut, müssen Kinder auch den Raum haben, zu weinen oder wütend zu sein. Später, wenn sie größer sind, wird es diesen Raum nie wieder geben, aber solange sie klein sind, sollten wenigstens ein schreiendes Baby oder ein wütendes Kind in der Autonomiephase toleriert werden können.

Laute Kinder sind einfach Kinder

Wir waren vor kurzem mit dem Baby auf der Republica. Da wir früh da sein wollten, nahmen wir eine volle Ubahn in Kauf. Da es warm und voll war, motzte mein Sohn vor sich hin. Ich rechnete schon wieder mit bösen Blicken, als neben mir ein vielleicht 50-jähriger Berliner in Handwerkerkluft meinte, „dat sind Babys, dat jehört dazu.“ Und genauso ist es!

Habt ihr schon schlechte Erfahrungen mit lauten Kindern in der Öffentlichkeit gemacht? Wie fühlt ihr euch, wenn eure Kinder laut sind?

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5 Antworten

  1. Anonym sagt:

    Lieber Alexander,

    ich bin rot geworden beim Lesen.

    Mir ist es sehr oft unangenehm, mit den lauten Kindern draußen zu sein.
    Solltest Du mal eine Frau mit 2 Blondinen treffen, die ständig nur am "Pschschscht"-en ist, bin ich es wohl.

    Gleich musste ich mal an eine Fährüberfahrt denken, bei der meine Kleine(damals 3,5)es auf dem Kinderspieldeck des Schiffes gewagt hat, etwas lauter zu rufen oder zu sprechen, und sich jemand darüber aufgeregt hat. Da ich nach seiner Ansage einige andere Eltern hinter mir stehen hatte(hatte das Kind zu mir her zitiert und hinter mir die meinten: "Hören Sie auf, lassen Sie sie ruhig weiter machen!"), brodelte es dann doch in mir und ich konnte mir einen Kommentar á "Dies hier ist ein Spierdeck und wenn es Ihnen nicht gefällt, müssen Sie sich woanders hinsetzen!" nicht verkneifen. Es kamen dann noch mehr Kinder hinzu und das war wohl zu viel für ihn. Für seinen Abgang hat er dann Applaus erhalten 😉

    Trotzdem bin ich jetzt bei jeder Überfahrt total verkrampft und denke "Kinder, bitte nicht so laut!".
    Auch sonst überall, wo es sich nicht "schickt", laut zu sein. Also eigentlich überall in der Erwachsenenwelt. Aber wie sollen die Kinder das verstehen? Ich glaube, meine Große merkt manchmal gar nicht, wie laut sie ist. Und es ist ja nicht so, dass ich in dem Punkte "Laissez-faire" betreibe, sondern sie immer wieder "maßregle". Insofern stelle ich mir eben immer wieder die Frage, warum ich es nicht einfach akzeptieren kann, statt mich zu schämen. Ich VERSUCHE doch alles.
    Ich hab auch das Gefühl, es gibt immer mehr vergrämte Erwachsene, die einfach ihre Ruhe wollen. Kann ich verstehen, möchte ich auch oft. Dann kann ich mich aber doch nicht auf einen "Kinderspielplatz" der als solcher auch zu erkennen ist, setzen und Ruhe erwarten? Und auf einer Insel Urlaub machen, die für ihre (vermeintliche?!)Familien- und Kinderfreundlichkeit bekannt ist?
    Ich habe nirgends einen Zusatz gelesen: Bitte nur ruhige, liebe, brave, angepasste Roboterkinder!

    Gruß Silke

  2. Alexander sagt:

    Hallo Silke,

    ich habe ja eher von den "Extremfällen" geschrieben, aber ich gebe Dir vollkommen Recht, dass selbst "normales" Spielen von Kindern in der Öffentlichkeit oft als störend empfunden wird.
    Kinder sind halt manchmal lauter als Erwachsene, sie lachen lauter, sie reden
    lauter und sie sind insgesamt oft lebendiger als Erwachsene. Dafür sollte man sich als Eltern nie schämen. Natürlich sollen sie auch lernen, Rücksicht auf andere zu nehmen – aber es sind ja noch immer Kinder.

    Liebe Grüße,
    Alex

  3. Julia sagt:

    Hallo Alexander,

    danke für diesen Artikel!
    Ich habe sowas auch schon mehrfach erlebt hier in Berlin..der Satz "Sie haben Ihre Kinder nicht im Griff" kam exakt so aus dem Mund einer Verkäuferin im Supermarkt. Sie war hinter der Bäckereitheke und meine Kinder stritten direkt dahinter (bei Obst und Gemüse) darüber, wer den Wagen schieben darf und wer darin sitzen darf….(sie waren 4 und 2 Jahre alt da). Als dann nach 1-2 Minuten (wo meine Kinder doch recht laut stritten und weinten) ein genervtes "O Mann" kam von der Bäckereitheke, bin ich nach vorne und hab die Dame gefragt, ob sie mich meint…sie dann so "Ja! Das geht hier ständig so!" (wir sind etwa jeden zweiten Tag in diesem Supermarkt) und ich meinte dann "Nein, normalerweise benehmen sie sich hier sehr gut." und sie dann "Dieses Geschrei! Sie haben Ihre Kinder wohl nicht im Griff" – da wurde ich auch langsam sauer und meinte zu ihr "Haben Sie keine Kinder? Die sind nun mal manchmal laut" und sie dann so "aber bitte nur zuhause!"…. Boah war ich sauer.
    Und was Ähnliches kam im Bus, als eine Dame genervt war, dass meine Tochter mit den Beinen baumelte und dabei Geräusche machte weil ihre Füße an das Plastik unter dem Sitz traten (wir saßen direkt hinter dem Busfahrer)..
    Ich habe aber immer und immer wieder das Gefühl, das ist auch ein kulturelles Phänomen. In anderen Ländern wie z.B. Griechenland, Spanien, Türkei oder aber auch in Armenien – ist mir so ein Herangehensweise an Kinder nie begegnet. Und da war ich auch immer entspannter.
    Grundsätzlich ist mir schon wichtig, dass meine Kinder lernen Rücksicht zu nehmen und ich ermahne sie auch schon mal leiser zu sein.
    LG, Julia

  4. Alexander sagt:

    Hallo Julia,

    das Runzelfüßchen und Herr Annika sind ja drei Jahre und ein Jahr alt – mir schwant da noch einiges auf mich zukommen, wenn ich das von Deinen Kindern lese…. 😉
    Ich denke, es ist auch ein kulturelles Problem. Herr Annika ist ja nicht nur laut, sondern lächelt gerne fremde Menschen an und will mit ihnen Spaß machen. Manche erfreuen sich daran auch in Deutschland, aber mehr und positiveres Feedback gibt es eher von anderen Menschen im Urlaub.

    Ich wünsche Dir weiterhin viel Spaß mit Deinen Kindern in der Öffentlichkeit und lass Dich nicht von anderen Menschen ärgern.

    Liebe Grüße,
    Alex

  5. Edelnickel sagt:

    Bin ein bisschen spät dran, aber meinen Senf möchte ich doch gerne noch loswerden. 😉

    Ich gebe es zu: schreiende Kinder nerven mich unheimlich. Mich macht das wahnsinnig. Und oft ist das in einer Frequenz, die mir einfach wehtut.
    Aber das finde ich "okay" oder "normal" und das ist sicher auch in Ordnung, solange man deswegen nicht selbst zum Miesling mutiert. Ja, es nervt mich, aber mir würde es nie einfallen, da einen blöden Spruch abzulassen oder die Eltern abschätzig anzugucken.
    Gut, es kommt auf die Situation an. Wenn das Kind im Laden sämtliche Regale ausräumen darf, während es munter vor sich hin brüllt und die Eltern höchstens ein "Maximilian, würdest du bitte…" herausbringen, dann frage ich mich schon, welche Schraube bei den Eltern locker sitzt.
    Aber Kinder sind an sich eben laut, können ihre Lautstärke auch nicht wirklich einschätzen und überhaupt muss man das ja erst mal lernen, was eigentlich "zu laut" sein soll. Ich habe da auch etwas länger gebraucht. Sorry, Mutti. 😀

    Was ich sagen will: ich stimme dir zu. Kinder sind ein Teil der Gesellschaft und man soll sie nicht verstecken müssen, auch wenn sie mal laut sind, in der Nase popeln oder sonstige kindertypische Dinge tun. Mancheiner tut gerade so, als sei er schon erwachsen zur Welt gekommen.

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