Von Frauenhass und untätigen Männern
Wie oft seid ihr eigentlich abends im öffentlichen Raum unterwegs und habt ein schlechtes Gefühl? So gut wie nie? Selten? Oft? Vielleicht hängt die Antwort von eurem Wohnort ab. Oder von eurem Gefühl der Sicherheit. Wir alle brauchen unterschiedliche Dinge um uns sicher zu fühlen, um zu glauben, uns würde keine Gefahr drohen. Ich kann für mich sagen, dass ich nach einem sehr schwierigen Jahr 2023 in diesem Jahr eigentlich auf einem guten Weg war. Ich war wieder viel allein unterwegs, auch abends, auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Problem ist natürlich, dass es immer Momentaufnahmen sind. Wie wir uns im öffentlichen Raum bewegen und auf wen wir dabei treffen, ist letztlich immer ein Zufall. Aber ich denke, dass wir uns darauf einigen können, dass es für einige unsicherer ist als für andere.
Ich kann natürlich immer nur von mir sprechen, es steht mir schlicht auch nicht zu die Erlebnisse von anderen an die Öffentlichkeit zu bringen, wenn sie das nicht selbst tun möchten. Aber ich kann euch sagen, nachdem ich Freitag Abend aus absoluter Hilflosigkeit heraus die kurze Story auf Instagram gepostet habe, habe ich so viele Nachrichten, Anrufe und DMs bekommen, dass es mich wütend macht. Und ohnmächtig, natürlich. Das scheint leider ein großer Teil des Frauenhasses zu sein, die Tatsache, dass die, die das erleben und erleiden müssen, sich danach ohnmächtig fühlen.
Die Gewalt gegen Frauen nimmt zu
Der verbale Angriff auf mich ist, wenn für mich persönlich durchaus schwierig, natürlich eine Kleinigkeit, bezogen auf die Gewalt, der Frauen jeden Tag ausgesetzt sind (und andere Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen unberechtigten Hass auf sich ziehen, aber für die kann ich ja noch weniger sprechen). Wenn wir uns die neusten Zahlen der BKA-Statistik der Straftaten gegen Frauen in Deutschland vor Augen führen, die vor wenigen Tagen veröffentlicht wurden, dann zeichnet sich hier ein deutliches Bild.
Die Gewalt gegen Frauen nimmt zu. Beinahe jeden Tag wird eine Frau ermordet. Statistisch betrachtet erlebt alle drei Minuten eine Frau oder ein Mädchen in Deutschland häusliche Gewalt. Mehr als 140 Frauen werden pro Tag Opfer von sexualisierter Gewalt. Und die poltitisch motivierte Hasskriminalität gegen Frauen ist 2023 besonders stark gestiegen. 322 Straftaten registrierte das BKA im letzten Jahr (und das sind eben die, die wirklich angezeigt wurden), ein Anstieg um 56,3 % im Vergleich zum Vorjahr.
Frauenhass nimmt zu
Allein diese wenigen Zahlen sollten uns alle, und damit meine ich insbesondere alle Männer wütend machen und zu sofortigen Handlungen zwingen. Wie kann das sein, dass es soviel Hass gegen Frauen gibt? Und warum? Ich will, wie schon gesagt, nicht kleinreden, dass es auch Hass gegen Männer gibt. Natürlich gibt es den. Es gibt leider Hass gegen LGBTQIA+, es gibt Rassismus, Menschen sind in der Lage praktisch alles am Gegenüber zu hassen und gewaltvoll darauf zu reagieren. Aber wir kommen ja nicht umhin uns damit auseinanderzusetzen, dass der Hass in weiten Teilen eben von Männern kommt. Und weil ich nur was zum Thema Frauenhass sagen kann (wobei ich dringend betonen möchte, dass ich Hass gegenüber den allerallerallerallermeisten Menschen per se nicht nachvollziehen kann), muss ich mich an der Stelle darauf beschränken.
Wir alle sind die Schwester, Tochter, Mutter, Freundin … von jemandem
Beschränken heißt in dem Fall: Diesem Hass ungläubig gegenüberzustehen. Ihn nicht verstehen zu können. Aus dem einfachen Grund, dass Männer ohne Frauen überhaupt nicht existieren würden. Und dass insbesondere Männer, die Frauen hassen, scheinbar diesen Fakt vergessen haben. Wir Frauen sind die Schwester, Mutter, Tochter, Freundin von jemandem. Und was man nicht möchte, dass der eigenen Schwester, Mutter, Tochter oder Freundin widerfährt, das kann man auch einer anderen Frau nicht antun. Es ist so eine einfach Logik, und doch endet das Denken dieser hasserfüllten Männer irgendwie am eigenen Gartenzaun.
Seid feministisch. Seid solidarisch
Wenn jetzt aber andere Männer kommen und sich wehren mit vermeintlichen Verteidigungen von wegen „Ich bin so ja nicht, ich würde ja was tun“… dann frage ich mich: Warum tut sich dann nicht genug? Warum werden diese Männer nicht lauter? Warum werde ich in den Sozialen Medien mehr mit Frauenhass konfrontiert, mit misogynem Dreck, als mit Support für Frauen?
Natürlich gibt es den, aber ehrlich gesagt in der Regel von Schwulen Männern. Von People of color. Also von anderen Männern, die wissen, wie sich Hass anfühlt. Cis-Männer, alte weiße Männer, Straight white Dudes… Da ist es erschreckend leise (und bitte, schickt mir nicht die drei Ausnahmen, die es gibt. Ich sage ja nicht, dass es niemanden gibt, aber Hass gegen Frauen klickt definitiv besser, machen wir uns nichts vor).
Weggucken und passiv bleiben, hilft immer nur dem Täter
Um das auf meine Situation zu übertragen: Niemand muss sich ja, um bei meiner Erfahrung zu bleiben, in Gefahr bringen. Sich da hinstellen und den agressiven, definitiv gewaltbereiten Typen in die Schranken weisen. Aber signalisieren: Hier, setz dich zu mir, ich pass auf dich auf, das ist wichtig. Betreten auf den Boden gucken, hilft vor allem dem Täter.
Morgen, am 25.11. ist übrigens Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Hat keinen Zusammenhang mit meinem Erlebnis. Sollte uns aber allen zu denken geben, wie viel es noch zu tun gibt. Und vielleicht der Startschuss sein, endlich aktiv zu werden gegen Hass gegen Frauen.