Bahnfahrt mit Kind: Die Kinderhasser fahren mit

Bahnfahrt mit Kind ICE Kleinkindabteil

Ich weiß, ich weiß. Über die schlimme, schlimme Bahnfahrt mit Baby habe ich lang und breit berichtet. Inzwischen sind wir ja auch wohlbehalten aus dem Urlaub zurückgekommen. Aber dieses eine schlimme schlimme Erlebnis lässt mich nicht mehr los, deswegen muss ich darüber bloggen.

Mit dem Baby im TGV: Kein Problem

Wir waren mit dem Runzelfüßchen herrliche fünf Wochen im Urlaub. Und die An- und Abreise organisierten wir mit der Bahn. Zurück, von Marseille nach Mannheim lief diesmal alles glatt. Wir waren einfach sehr früh am Bahnhof, der TGV stand gerade erst zum Einsteigen bereit und so hatten wir noch jede Menge Platz fürs Gepäck. Kein Geschupse und Gedrängel, keine überfüllte und viel zu kleinen Gepäckablagen.

1. Klasse TGV fahren mit Baby

Was ich noch dazu sagen sollte: Diesmal haben wir erster Klasse gebucht. Und zwar nicht, weil wir zuviel Geld haben und irgendwelchen Luxus brauchen, sondern einfach, weil das für uns drei zusammen nur 50€ mehr als die zweite Klasse gekostet hat. Und wir dachten uns: Mit Baby in der ersten Klasse ist sicher viel entspannter. Mehr Platz, weniger Menschen, herrliche Rückfahrt.
Für den TGV stimmt das in Teilen sogar. Wir hatten sehr viel mehr Beinfreiheit, das Runzelfüßchen krabbelte den Gang entlang und irgendwann schlief sie. Wir waren entspannt und wähnten uns schon auf einer herrlichen Rückreise. Denn unsere Angst war ja die ganze Zeit die Fahrt im TGV gewesen, nicht die im ICE.

1. Klasse ICE fahren mit Baby 

In Mannheim also stiegen wir in den ICE nach Berlin. Wir hatten aus diversen Bahnreisen gelernt, den Kinderwagen stellten wir vorschriftsmäßig in die Nähe der Verbindungstür zu dem Abteil, nicht in den Eingangsbereich. Auch all unser Kram kam unter, denn die 1. Klasse war ziemlich leer. Ich machte mit dem Runzelfüßchen einen Spaziergang durch den Zug, sie war müde und wollte schlafen. Als ich zurück an den Platz kam spurtete ein Mann auf unsere Sitze zu.
„Entschuldigung, ist das Ihr Kinderwagen?“ – Ich war leicht irritiert, wir waren die einzigen mit Baby im Großraumabteil, aber nun gut, spiele ich das Spielchen eben mit.
„Ja, ist es.“
„Also, der muss da weg. Der löst immer die Tür aus und mir ziehts schon so am Hals und Sie können den doch woanders hinstellen.“
„Nein, guter Mann, können wir nicht. Das ist der Platz wo der hingehört. Aaaber, ich schaue gern ob ich den Wagen noch etwas verschieben kann.“

Mit Kinderwagen in den ICE

Ich ging also mit Baby im Tragetuch los und rüttelte an dem Wagen. Der ist ziemlich groß und sperrig, aber nun gut, was sollte ich denn machen? Die Tür öffnete sich in der Zeit übrigens nicht, aber nun ja. Dann rief ich meinen Mann, ich konnte ja dank Baby nicht mehr machen als rütteln und gucken. Er faltete den Kinderwagen noch mal neu zusammen, wir hatten unsere Schuldigkeit getan UND waren freundlich geblieben. Bei diesem Typen, Marke „eigentlich bin ich voll locker aber ganz in echt bin ich ein Arsch“ schon an sich nicht leicht.
Unsere Bemühungen reichten dem Mann nicht, wild fluchend kam er auf uns zu.

Kinderhasser beleidigt Eltern in der Bahn

„Also so geht das nicht. Mir ziehts am Hals. Räumen Sie jetzt den Wagen da weg, das nervt.“
„Tja guter Mann, wir haben alles getan was da ging, vielleicht setzen Sie sich einfach um? Das ganze Großraumabteil ist frei, es ist nichts mehr reserviert, es findet sich sicher ein anderer schöner Platz. Der da an der Tür ist doch eh serh undankbar.
Sagen Sie mal, haben Sie eigentlich keine Erziehung genossen? Haben Ihnen Ihre Eltern kein Benehmen beigebracht? Jetzt zwingen Sie mich den Schaffner zu rufen der Ihnen mal Manieren beibringt.“
„Ja, dann müssen Sie das wohl tun. Ich warte dann hier mit dem Baby. Und wenn ich Sie noch bitten dürfte etwas leiser zu sein. Mein Baby schläft.“ Ich lächelte milde, das ist ja meiner Meinung nach die einzige Möglichkeit um solchen Idioten zu begegnen. Außerdem schlief das Runzelfüßchen, sie wäre sonst aufgewacht, hätte vor Müdigkeit geweint und das hätte mich von den weiteren Verhandlungen abgelenkt. Dabei war es doch gerade spannend geworden.

 Dürfen Babys in der 1.Klasse mitfahren?

Er rauschte ab und kam kurze Zeit später mit zwei (!) Schaffnern im Schlepptau zurück. Die grinsten sich eins und mich an. Nun denn, ich blieb sitzen, das Runzelfüßchen schlief und wenn eine Lösung gefunden wird, dann werden mich ja alle informieren dachte ich.
Die zwei Schaffner besahen sich das Ganze und in den fünf Minuten öffnete sich die Tür irgendwie auch nicht einmal. Nun ja, vermutlich Zufall. Ich gebe zu, ich freute mich darüber diebisch.  Der Typ redete unentwegt auf die Schaffner ein, er hätte bezahlt, es wäre die 1. Klasse, KINDER müssten da ja wohl nicht sein. Meiner Meinung nach hätte er das ja besser lassen sollen, aber nun gut, vielleicht stand es mit seiner Erziehung eben auch nicht zum Besten.

Bahnfahren mit Baby in der 1. Klasse im ICE

Ich hielt mich zurück, es hätte eh nichts gebracht. Und dann sprachen die Schaffner ihr Urteil. Sie gaben uns Recht. Uns! Haha, das konnte der Typ nicht verknusen. Sie öffneten die Durchgangstür dauerhaft. Das zog natürlich gleich noch mal mehr. Sie stellten deswegen noch die Heizung hoch. Und boten dem Typen einen anderen Sitzplatz ein. Nein, er hätte für diesen Platz bezahlt, wir Eltern und das Baby wären ja hier falsch und überhaupt und sowieso.
Ich gestehe, ich biss mir derweilen lachend in die Hand. Ich wollte nix sagen, aber mal ganz ehrlich, was war denn sein Problem. Letzlich trollte er sich grummelnd in ein Abteil, dass nur für ihn zur Verfügung stand. Aber natürlich nicht ohne Fluchen und Schimpfen auf die asozialen Eltern ohne Erziehung. Unser armes Kind, was soll nur werden bei den Eltern… Laber, laber.

Kinderfeindliche Gesellschaft

Auch wenn ich das alles hier so lustig verbloggt, der Tenor der dahinter steckt ist es natürlich keineswegs. Menschen die sich von Kindern gestört fühlen, die sich kinderlos für etwas besseres halten sind traurig und machen mich wütend. Niemand muss mein Kind lieben, aber respektieren. Es muss ein anderes Miteinander möglich sein als dieses „Petze, Petze ging in Laden…“
In meinem Leben vor dem Runzelfüßchen hatte ich schlicht keinen Bezug zu Kindern. Das ist normal, das kann ich sehr gut nachvollziehen. Niemand der nicht möchte muss sich meiner Tochter widmen. Aber zu versuchen mich und mein Kind zu vertreiben, weil ich angeblich nicht in die gleiche Klasse gehöre (schönes Bild im Zusammenhang mit der deutschen Bahn eigentlich) ist einfach nur beschämend und falsch. 

Ein Schaffner bot mir fürs Stillen dann übrigens sein Abteil an, aber da war der Typ leider schon verschwunden. Ich hätte wirklich gern noch ein bißchen mit ihm geplaudert. 

Das könnte dich auch interessieren …

5 Antworten

  1. Sebastian sagt:

    Oh wie krass. Respekt das du/ihr da so ruhig geblieben seit. Ich glaub der hätte sich von mir gehörig was abholen können.
    So krasse Reaktionen hatte ich bis jetzt zum Glück noch nicht. Nur böse Blicke und genervtes Augenrollen.

  2. Andrea sagt:

    Lieber Sebastian,
    vielen Dank für deine Worte. Ich glaube, in der Situation waren wir tatsächlich sehr entspannt. Und davon abgesehen: Das Baby hat doch geschlafen. 🙂
    Ich finde es dennoch beschämend, wie man sich so verhalten kann. Und auch Augenrollen und böse Blicke sind eigentlich nicht angebracht. Wir sind Eltern und haben Kindern, nicht irgendwas verbrochen!

  3. Sehr unterhaltsam geschrieben. Dachte tatsächlich schon mal drüber nach, dass die Bahn eine Alternative sei, wenn das Baby Autofahren nicht mag. Wohl nicht zwingend, eine gute. 🙂

  4. Vivi sagt:

    Das ist ja nicht zu fassen! Fehlen mir die Worte!! Ich war damals schon entsetzt, als ich mit 5 Wochen altem Baby von Basel nach Berlin zu meinen Eltern geflogen bin und mir vor dem Gate niemand einen Sitzplatz angeboten hat und ich das Baby auf der Erde sitzend füttern musste und nur blöd angestarrt wurde. Aber der Kinderhasser im Zug legt da ja noch eine Schippe drauf. Erstaunlich, dass du so gelassen geblieben bist! Hat er sich garantiert mehr drüber geärgert als über die offene Tür ^^ Liebe Grüße

  5. Boah!
    Ich befürchte leider, das ist ein deutsches Problem. In Norwegen (nur da kann ich aus eigener Erfahrung sprechen) wäre eine solche Situation undenkbar. Im Gegenteil, dort würden sich die Menschen Gedanken machen, ob es dem Baby nicht zieht.

    Aber Du hast rmeiner Meinung nach völlig adäquat reagiert: coll bleiben und ruhig seine Position standhaft vertreten. Kinder sind unsere Zukunft und gehören in die Mitte der Gesellschaft!!

    Liebe Grüße
    Suse

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert