Papa bloggt: Vereinbarkeitsprobleme bei Vätern

Ein Büro

 In diesem Blog geht es in der Regel nicht um meine Arbeit. Vielleicht wäre es anders, wenn ich mich ernsthaft beschweren könnte. Aber ich arbeite in einem familienfreundlichen Unternehmen, bei dem auf die Belange von Mitarbeitern in der Regel sehr wohl eingegangen wird. Umso verwunderter war ich selbst, wie schnell ich in kurzer Zeit merken musste, dass es nicht nur die Rahmenbedingungen sind, die sich negativ auf das Arbeitsleben und das Elternsein auswirken können.

Mit Kindern ändert sich die Sicht auf die Arbeit

Vor wenigen Jahren waren Kollegen mit Kindern eine fremde Welt für mich. Ich kannte fast nur Menschen, die jünger als 30 waren, sehr viel arbeiteten und die wenige Probleme  damit hatten, noch nach 20 Uhr im Büro zu sein oder an einem Samstag in selbiges zu gehen. Eine gewisse Zeit fand ich das auch „ok“, solange die Arbeit „wichtig“ oder „interessant“ war. Damals fand ich es befremdlich, wenn Menschen mit Kindern um 15 Uhr den Stift abrupt haben fallen lassen und mit dem Spruch „Tschüss, ich muss weg. Kinder abholen“ einfach Feierabend machten. Ich hingegen hatte noch knapp 5 Stunden Arbeit vor mir bis ich endlich Feierabend machen wollte. Verwundert guckten wir diesen Menschen hinterher. Natürlich entging mir, wie auch den anderen Kolleg_innen, dass der Arbeitstag bei den Mitarbeitern mit Nachwuchs schon oft mehrere Stunden früher begann und wegen Teilzeitregelungen auch die Bezahlung geringer war.

Wenn die Uhr nachmittags tickt

Letztens erinnerte ich mich wieder daran, wie klein mein Verständnis damals gewesen ist.
Nun aber zum aktuellen Fall: Weil meine Frau auf einem Kongress war, musste ich meine Tochter abholen. Zwei Stunden vor der Abholzeit war ein Arbeitstreffen angesetzt, welches eine Stunde lang dauern sollte.  Ich dachte mir noch, dass das doch gut passen würde und ich nach dem Treffen auch noch Zeit für andere Arbeit hätte. Leider dauerte das Meeting länger. Es war auch relativ wichtig zu einem Ergebnis zu kommen. Nachdem anderthalb Stunden vorbei waren, machte ich mir Sorgen. Wann muss ich spätestens losgehen, damit ich pünktlich beim Runzelfüßchen bin? Auf der einen Seite, wollte ich das Ende des Meetings erleben, zum anderen musste ich ja noch in den Kindergarten kommen.

Tochter aus dem Kindergarten abholen fast unmöglich

Die Zeit, die ich mir selber zum abholen meiner Tochter gelassen hatte, wurde immer knapper. Ich schaute dauernd auf die Uhr. Als es dann nicht mehr anders ging, meinte ich dann zu allen Anwesenden: „Sorry. Ich muss leider aufbrechen, meine Tochter vom Kindergarten abholen.“ Das war natürlich kein Problem, aber ich musste fast joggen, damit ich mich nicht verspätete.
Nachher ärgerte ich mich, dass ich nicht klarer eine Grenze für mich selbst gesetzt hat. Kein Treffen ist so wichtig, dass man riskieren sollte, das Runzelfüßchen zu spät abzuholen.

Die verständnislose Kollegin und das Meeting um 9 Uhr

Sein Kind abholen bedeutet, dass man pünktlich von seiner Arbeit aufbrechen muss.  Vor kurzem musste ich erleben, dass ich auch morgens beim Hinbringen Probleme haben könnte. Natürlich sind wir flexibel – so wie viele Eltern. Wenn meine Frau einen Termin hat, dann versuche ich flexibel zu sein und umgekehrt. Diesmal musste ich mich vor einer Kollegin rechtfertigen. Sie hatte ein Meeting angesetzt um Punkt 9 Uhr. Da ich genau wusste, dass ich, und nicht meine Frau, an dem Tag das Runzelfüßchen zum Kindergarten bringen musste, sagte ich ihr, dass ich sehr wahrscheinlich um 9 Uhr nicht auf der Arbeit sein kann. Scheinbar wollte sie das nicht verstehen, dann als ich tatsächlich nicht bei dem Meeting war, beschwerte sie sich nachher bei mir. Wieso war ich denn nicht da? Ihr Meeting war doch wichtig (das sehen nicht alle Beteiligten so).

Vater bringt Kind in den Kindergarten und bekommt kein Verständnis

Geduldig erkläre ich ihr, dass ich noch meine Tochter in den Kindergarten bringen musste und es ihr auch vorher angekündigt hatte. Dass es Väter gibt, die ihre Kinder morgens zu einer Kinderbetreuung bringen müssen, wollte sie nicht verstehen. Als sie in der Diskussion „Kindergarten“ mit „Schule“ vertauschte, merkte ich, dass meine Kollegin keine Schimmer hatte, was es bedeutet zu arbeiten und Kinder zu haben.

Als berufstätiges Elternteil muss man sich oft gegen sich selbst und gegen andere verteidigen. Habt ihr schon erlebt, dass ihr euch eure eigene Grenzen zu spät gesetzt habt? Oder wie geht ihr mit verständnislosen Kollegen um?

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6 Antworten

  1. Vadder sagt:

    Ich arbeite zur Zeit in einem Büro in dem über 50% der Kollegen Kinder haben, so dass der Rest der Kollegen geschult darin ist Verständnis zu haben. Da ich aber jeden Tag 2 Stunden mit pendeln verbringe ist die Zeit hier bald vorbei und ich wechsel in ein Unternehmen, das näher an meinem Zuhause ist. Dadurch werde ich bald definitiv mehr Zeit für meine Jungs und mein Frau haben. Das ist toll. Ich hoffe aber, auch im neuen Büro auf Verständnis zu stossen, wie ich es hier habe. Da ich aber eingestellt wurde, gerade weil ich Familie habe und "gesettled" (schreckliches Wort oder?) bin, habe ich da wenig Bedenken. Die geringere Pendeldauer ist schon etwas sehr tolles.

  2. Alexander sagt:

    Hallo Vadder,

    ich finde auch, dass man auf mehr Verständnis trifft, wenn andere Kollegen auch Kinder haben.
    Ich hoffe, dass Du tatsächlich mehr Zeit für die Familie hast und nicht mehr Zeit mit Überstunden im neuen Job verbringen musst. 😉

    Viele Grüße,
    Alex

    P.S.: "Gesettled" hört sich tatsächlich schlimm an, aber leider sind wir das wohl.

  3. ich arbeite auch im Büro, bin selber Mama zweier Kinder und kenne das Problem, Arbeit und Kinder unter einen Hut zu bringen. Deinen Bericht kann ich verstehen, auch das fehlende Verständnis .. was mich jedoch stuzig macht, warum es nicht möglich ist, um 9 Uhr einen Termin wahr zu nehmen ? Wann öffnet denn der Kindergarten ? Bei uns 7:30 und da stehe ich mit meinem Kind da .. denn um 8 fängt die Arbeit an ..

  4. Im neuen Job, eine Stunde Fahrzeit von der Kita entfernt, egal ob mit Auto oder Bahn. Ich habe nun alle verrückten berliner Fahrskills drauf um durch den Berufsverkehr in 45Min zu kommen. Öffentlichen Nahverkehr joggend zu meistern mit 3x umsteigen und immer schön gestresst zu sein.. 1Minute nach Feierabend im Büro ist 1Minute zu spät in der Kita. Das Kind geht dort 11 Stunden hin, damit ich voll arbeiten kann. Alle Welt bewundert das, alle machen einem Vorwürfe, für niemanden reicht es, Irgendwann ist man in allem schlecht heißst es, also ist es unvernünftig. Aber wie sonst?

  5. Alexander sagt:

    Hallo Kraeuterhexle,

    ein Zusammenspiel aus Bringzeiten und Wege vom und zum Kindergarten sorgt dafür, dass ich niemals um 8 Uhr im Büro sein könnte.

    Viele Grüße,
    Alex

  6. Alexander sagt:

    Hallo KaliberSpezial,

    oh je. Das hört sich echt sehr anstrengend an. Ich werde Dir auch nicht Deine Frage beantworten können, aber ich wünsche Dir, dass Du bald eine Lösung findest.

    Liebe Grüße,
    Alex

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