Ein Recht auf Privatsphäre – gegen Fotos im Netz
In der letzten Woche war ich auf sehr vielen Veranstaltungen. Die, die mir bei Twitter und Instagram folgen, konnten es sehen. Von der re:publica ging es zur Blogfamilia und zum blomm. Lauter tolle Menschen habe ich getroffen in dieser letzten Woche. Und viel geredet und gelacht und gedrückt und gefreut. Aber eines hat mir leider keine Freude bereitet. Nämlich, dass ständig Fotos gemacht wurden. Das mag euch jetzt total komisch vorkommen, weil ich doch hier auf dem Blog jeden Tag Dinge aus meinem Leben erzähle. Aber das bedeutet für mich nicht, dass ich auch in allen Situationen Fotos von mir ok finde.
So gern wie ich mein Leben mit euch teile, so unfreigiebig bin ich mit Fotos von mir im öffentlichen Raum.
Fotos auf öffentlichen Veranstaltungen
Es gibt Veranstaltungen wie beispielsweise die re:publica oder Konzerte, bei denen ich nicht verhindern kann, dass Bilder von mir gemacht werden. Weil es einfach auch laut Presserecht so ist, dass bei einer bestimmten Personenanzahl und Fotos, die von einer Menschenmasse gemacht werden, nicht jede_r einzelne gefragt werden muss. Also nehme ich das in Kauf, wohl oder übel. Dennoch dränge ich mich nicht auf Bilder sondern möchte dezent im Hintergrund bleiben.
Keine Fotos vom Kind beim Bloggertreffen
Nun war ich mit dem Runzelfüßchen auch zu Blogfamilia eingeladen. Im Vorfeld hatte ich mich erkundigt, ja, es gäbe eine Fotografin aber selbstverständlich werden von meiner Tochter keine Fotos gemacht, wenn ich das nicht möchte. Wir waren gerade angekommen, da hielt besagte, sehr nette Fotografin aber schon voll aufs Kind und mich drauf. Weil es ihre Aufgabe war, den Tag zu dokumentieren. Susanne brachte mir dann Sticker mit denen ich das Runzelfüßchen rundum beklebte. Keine Fotos von ihr. Mir selbst habe ich auch einen solchen Aufkleber angeheftet, erschien mir logisch. Denn auch ich wollte ja keine Bilder von mir. Die Fotografin sprach ich an, sie versprach die Bilder zu löschen, war aber erstaunt. Vermutlich, weil es eben das Bild der Blogger_innen gibt, die mit Fotos von sich kein Problem haben. Die gibt, genauso wie auch mich, die das eben nicht will.
Keine Fotos?! – Ach komm schon
Am Freitag dann war blomm, eine Veranstaltung bei der Blogger_innen und Gründer_innen zusammenkamen und über Kooperationen sprachen, sich auf lockere Art austauschten. Organisiert wurde das alles von Béa Beste und Gabriele Patschke. Ich war bereits beim ersten Treffen und hatte damals auch gesagt, dass ich keine Fotos von mir oder dem Kind wünsche. Kein Problem. Auch dieses Mal sagte ich das laut für alle an. Nur leider hielt sich nur der offizielle Fotograf daran. Andere fotografierten munter drauf los und teilten die Bilder in den Sozialen Medien. Ich war nicht das Hauptmotiv und auch nicht namentlich erwähnt, aber es war auch nicht schwer herauszufinden, wer auf diesem Foto ich bin.
Du bist auf dem Bild? – Sorry
Während eines Vortrags twitterte ich, dass ich diese Art der Zurschaustellung nicht schön finde, anschließend kam eine Bloggerin auf mich zu und entschuldigte sich sofort. Sie hätte nicht bedacht, dass ich im Hintergrund sei, das Foto war inzwischen gelöscht. Eine weitere Bloggerin sprach ich an. Die Sache war ihr sichtlich unangenehm, aber auch sie gab zu, nicht bedacht zu haben, dass neben dem Hauptmotiv eben auch ich im Hintergrund sei. Ich hatte an dem Tag übrigens ein kreischpinkes Kleid an, mich mal eben so zu übersehen, erschien mir eigentlich unmöglich.
Fehlendes Bewußtsein für Privatsphäre
Was all diese Beispiele mir zeigen ist vor allem eins: Auch einige Blogger_innen haben wenig Bewußtsein für die Privatsphäre anderer Menschen. Da wird leider pauschal angenommen, dass sich jede_r gerne zeigt. Und ich werde als kleinkariert angesehen und muss mich lang und breit erklären. Ich finde es auch vor dem Hintergrund schwierig, dass ja niemand in einer Blase lebt. Also auch ich nicht. Ich gehe mit meiner Tochter auf den Spielplatz, wo andere Eltern Fotos ihrer Kinder machen. Die sie eventuell in den Sozialen Netzwerken teilen. Und mein Kind ist dann durch Zufall eben mit drauf. Ich würde nie Bilder machen auf denen andere Menschen zu sehen sind, weil ich glaube, dass jeder ein Recht aufs eigene Foto hat. Aber das kommt eben nicht überall so an, ich sehe es ja tagtäglich.
Glaubt mir, ich komme mir selbst doof dabei vor, immer wieder herunterzubeten, wieso ich nicht 100 Bilder von mir im Netz finden will. Dass ich mich überhaupt erklären muss, finde ich schon schwierig. Denn wenn mir jemand sagt „Ich möchte nicht fotografiert werden“ dann ist das für mich selbstverständlich.
Keine Kinderfotos im Netz
Ich verstehe durchaus, dass es Blogger_innen gibt, die ihr gesamtes Leben ins Netz stellen, mit Kindern, Haustieren und Wohnungseinrichtungen. Die können das gern tun, aber es ist eben nicht meine Art damit umzugehen. Das will ich aber nicht immer wieder erklären, sondern einfach verstanden wissen. Aktuell gibt es die Debatte, ob Kinderfotos in Netz gehören oder nicht. Auf der re:publica sprachen Henriette, Jessika, Pia und Patricia darüber. Und ich war erstaunt zu hören, dass nur Patricia ihre Kinder nicht zeigt. Für eine Diskussion war mir das alles nicht ausgewogen genug, drei zeigen ihre Kinder, eine nicht, wie viel echte Argumentation soll da entstehen? Ich fand auch einige Einwürfe grenzwertig, da hieß es beispielsweise, dass die Kinder, trotzdem sie im Netz gezeigt wurden, nicht entführt wurden. Klar, das war so salopp daher gesagt und sicher nur im Spaß gemeint. Ich fand es dennoch daneben. Auch die Argumentation „Ich bin nicht Schuld, wenn böse Menschen beim Anblick meiner Kinder Böses denken“ finde ich schwach. Klar, niemand ist daran schuld, aber ich für meinen Teil möchte das alles auch nicht befeuern.
Mit Texten überzeugen, nicht mit Fotos
Meine Tochter hat sich nicht ausgesucht, dass ich über unser Leben schreibe. Da hat sie meiner Meinung nach jedes Recht der Welt, dass ich weder ihren Namen nenne noch Fotos von ihr zeige. Und auch wenn ich als Bloggerin und Journalistin ein Stück weit in der Öffentlichkeit stehe, dann möchte ich das für mich nur mit meinen Texten. Nicht mit Fotos von mir. Die menschliche Neugier daran, wie das Gegenüber denn nun eigentlich aussieht, ist nachvollziehbar. Auch ich freue mich ja, wenn ich all die Menschen, die ich nur virtuell kenne, dann mal in echt treffe. Aber davon brauche ich dann kein Foto. Weil ich sie ins Herz schließe. Die Menschen und die Momente.
Wie seht ihr das? Welche Erfahrungen habt ihr mit Fotos im Alltag gemacht? Und wie geht ihr damit um?
Toller Artikel! Ich finde, dass jeder selbst entscheiden muss was er ins Netz stellt. Sehe es aber – wie Du- als absolutes No-Go an, wenn jemand einfach ein Foto von mir und noch schlimmer – meinem Kind- einstellt ohne mich vorher zu fragen…! Daher: schön, dass es mal jemand so offen gesagt hat…
Ich mag es auch überhaupt nicht, wenn Leute ungefragt Fotos von mir machen.
Ich sehe es allerdings generell nicht so eng, was Fotos im Netz betrifft.
Fotos von meiner Tochter findet man auch auf dem Blog oder auf Instagram. Da versuche ich immer drauf zu achten, dass es nur Bilder sind, die ihr später hoffentlich nicht peinlich sind, wenn sie älter ist und mal über Mamas Blog stolpert 😀
Es gibt auch eher wenig Fotos auf denen das Gesicht meiner Tochter zu sehen ist, und wenn dann meistens von der Seite.
Ich finde, jeder muss das für sich selbst (und seine Kinder) entscheiden. Was meiner Meinung nach gar nicht geht, sind allerdings die Eltern, die ihre Kinder in jeder Situation ins Netz stellen (beispielsweise nackt in der Badewanne).
Schwieriges Thema!
Liebe Grüße, Biene
Danke für Dein Statement! Ich bin voll auf Deiner Seite! Dieser lapidare Umgang mit Fotos nervt mich auch. Auch ich achte auf alle Kameras, die auf mein Kind gerichtet werden. Und spreche die Fotografen an.
Da ich mich selbst gerne zeige und von mir viele Bilder im Netz zu finden sind, geht man automatisch davon aus, dass dies auch für mein Kind zutrifft. Das nervt! Ich wünsche mir hier mehr Bewusstsein!
Ich habe mir die Debatte auf der re:publica auch angehört. Von den vielen saudoofen Argumenten Pro Kinderfotos im Netz hat mich nur ein einziges Überzeugt: Mein Kind ist behindert und ich will es zeigen, den behinderte Menschen wurden lange genug vor der Öffentlichkeit versteckt. Darüber kann man meinetwegen diskutieren. Alle anderen sind doch nur geil auf Klicks, oder?
Ich verstehe, dass Du verärgert bist. Auch wenn wir alle im WWW unterwegs sind, heisst das noch lange nicht, dass wir ALLE gerne Fotos von uns im Netz sehen. Und ich persönlich kann auch darauf verzichten, mich plötzlich Sandwich kauend irgendwo wiederzuentdecken. Ansonsten habe ich nichts gegen (ungetaggte) Bilder von mir im Netz. Trotzdem ist das Risiko nun mal gross, gerade bei so Veranstaltungen abgeknipst zu werden. Viel eher als auf dem Spielplatz! Es gibt also nur eine Konsequenz: der Veranstaltung fern bleiben. oder halt zähneknirschend in Kauf nehmen, dass vielleicht doch mal ein Foto im Netz landet. Ich will damit nicht sagen, dass ich es gut finde. Ich zum Beispiel fotografiere auch nicht in die Menge, sondern knipse nur Leute, von denen ich weiss (wirklich WEISS!!), dass sie nichts gegen eine Publikation haben. Wo ich es nicht weiss, frage ich vorher. Ich poste nur Bilder, auf denen diese Person gut aussieht. Von Veranstaltungen poste ich denn nach dem OK auch lieber Selfies mit anderen Bloggern, sicher ist sicher ;-).
Dass Du Dich über das von Dir ungewollte Posten Deines Bildes laut ärgerst, ist richtig. Und sicher wirst Du auch in Zukunft noch darauf hinweisen (müssen), weil die Leute nicht so sensibilisiert sind. Aber letztlich wird wohl auch in Zukunft wieder ein Bild von Dir online landen. Als Konsequenz kannst Du nur den Veranstaltungen fern bleiben, und das wäre ja auch schade.
Ich hoffe, Dein Post hilft, das Problem einzudämmen!
LG
MamaOTR
PS fremde Kinder online stellen geht gar nicht!!!
Ich fühle mich auch immer sehr unwohl, wenn ich (oder meine Kinder) in kleiner Runde fotografiert werden – das geht bei Blogfamilia los, bei einer Firmenpräsentation weiter und hört auch nicht bei einer Familienfeier auf.
Es gibt Fotos von mir (und auch den Kindern) im Netz, aber es sind wenige. Weil ich gerne die Kontrolle behalte und wissen will, wo was wie veröffentlicht wird. Es gibt Gelegenheiten, da nehme ich wenig bis gar keine Kontrolle billigend in Kauf, aber in der Regel versuche ich mein Gesicht im Kontext mit meinem vollen Namen oder Blognamen eher aus dem Netz zu halten.
Meine Kinder sind auch offline dann eher unter ihren Spitznamen bekannt und das soll auf jeden Fall so bleiben.
Ich habe ja keine Kinder, ich kann mir denken, dass sich meine Meinung ändert oder verfestigt, wenn es denn soweit ist.
Aber auch ich finde grundsätzlich alles zu fotografieren und sofort ins Netz zu stellen nicht super. Die Diskussion zu den Kids habe ich per Twitter verfolgt und auch ich war überrascht was da gesagt wurde…Nicht nur Du und ich. Sondern auch andere Leute….
Ohne Frage wird man hier nie jemanden überzeugen können, das ist auch okay. Aber wie du schon sagst, etwas mehr Feingefühl würde uns allen gut tun.
Yvonne
Liebe Andrea,
Ja, man fühlt sich manchmal wie ein Dinosaurier, wenn man einfach keine Photos im Netz haben möchte. 🙂 Sobald man sich als Erwachsener auf Veranstaltungen begibt, finde ich es persönlich schwierig darauf zu bestehen, aber trotzdem muß man das respektieren. Und ich finde es super, wie Du das durchziehst. Ich habe für mich beschlossen: Jegliche Veranstaltung = öffentlicher Raum = Photos okay. Das heißt aber auch, das ich manchmal irgendwo nicht hingehe, weil ich keinen Bock auf Fotos habe.
Wenn ich privat irgendwo bin und jemand schießt ein Foto und will es ins Netz stellen, dann gibt es von mir auch ein klares Nein. Und was Kinderfotos angeht: Wenn man seine Kinder im Netz nicht zeigen möchte, dann geht das gar nicht, wenn sich andere daran nicht halten! Guter Text!
Lieben Gruß
Lucie
Hallo Andrea,
Ich verstehe das voll und ganz mit den Fotos,und respektiere die Privatsphäre anderer.Manchmal veröffentliche ich Fotos von Ausflügen,auf denen unweigerlich fremde Menschen zu sehen sind.Allerdings bearbeite ich die Fotos vor der Veröffentlichung und verpixel total die Gesichter (und speicher die dann auch so auf dem PC),so dass Fremde,die unfreiwillig mit auf den Fotos zu sehen sind,gar nicht erkennbar sind.Schließlich möchte ich mich und meine Kinder auch nicht auf Fotos von fremden Leuten im Netz wiederfinden.
Lieben Gruß