Beim Kinderarzt auf Korsika

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Wir können nun leider auf einige Erfahrungen zurückblicken, was Kinderärzte auf Korsika angeht. Die Kinder haben sich einfach dafür entschieden in diesem Urlaub mal einiges mitzunehmen. Ich wundere mich immernoch, dass wir Thailand so komplett ohne ärztliche Hilfe (abgesehen von meinem Zahnarztbesuch) überstanden haben und hier die Kinder vergleichsweise oft Hilfe brauchten.
Tja nun, es ist wie es ist und dafür ist eine Auslandskrankenversicherung ja auch gut. Denn, soviel kann ich euch verraten: Die deutsche Versicherungskarte gilt hier mal gar nichts.
Die haben die Kinderärzte angeguckt und wieder weggelegt, sie sei nicht lesbar, sie würde nicht akzeptiert, wir sollen bitte bar zahlen.

Kinderarzt in Bastia

Als wir in der Nähe von Bastia wohnten brauchten wir zum ersten Mal einen Kinderarzt. Die Internetsuche ergab eine ganze Reihe von „Pediatre“ in der Umgebung. Brav, wie wir das so aus Berlin kennen, riefen wir an und schilderten in abenteuerlichem Französisch unser Problem.
„Heute nicht, kein Termin mehr frei, Tschüss!“ war die knappe Antwort. Bei Nummer zwei und drei war es ähnlich.
Alle meinten, obwohl wir tatsächlich eher ein Notfall waren, die nächsten Tage sind voll, wir können nicht helfen. Am Ende blieb nur der Besuch im Krankenhaus. Eigentlich lächerlich, weil ich der Meinung bin, dass ein Krankenhaus nur für die Notfälle ist, die eben mit dem Krankenwagen kommen. Nicht für uns, die wir zwar dringend Hilfe in Form von einem Medikament brauchten, aber nicht aus der Notaufnahme.

In die Notaufnahme auf Korsika

Es kam, wie das eben so ist, sie nahmen uns dran, erklärten uns, dass die Krankheit die wir  ihnen nannten, weil wir sie ja schon von zuhause kannten, nicht exisitiert und diagnostizierten stattdessen Lebensbedrohliches, was die Einnahme von fünf (!) Medikamenten erfordern würde. Wir dankten und gingen. Und gaben die Medikamente nicht. Und zwar, weil wir es in diesem einen Fall tatsächlich besser wissen. Ganz allgemein vertraue ich Ärzt_innen durchaus, glaube ihnen, wenn sie Diagnosen stellen. Aber in dem Fall war ganz offensichtlich klar, dass der Arzt nicht auf uns hören wollte sondern seine eigene Idee hatte. Nach zwei weiteren Tagen war alles überstanden und das auch ohne das rettende Medikament. Es war hart und nicht schön, aber wir haben es gepackt. Und ich dachte: Da hätten wir uns das doch auch sparen können.

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 Kinderarzt in Ajaccio

Wir reisten weiter und plötzlich klagte das Runzelfüßchen über Schmerzen. Wir riefen also, nun im Westen Korsikas, in Ajaccio, wieder bei Kinderärzten an. Diesmal hieß es: Ja, wir könnten kommen, in vier Tagen (!) Vorher sei kein Termin frei. Ein zweiter Anruf bei einem anderen Kinderarzt klang ähnlich, Wartezeit hier eine Woche. Wir entschieden uns für die Viertage-Variante, nochmal Krankenhaus schied aus. Das Runzelfüßchen hielt sich tapfer und es war diesmal auch nichts lebensbedrohliches. Unangenehm aber aushaltbar.
Am Samstag waren wir dann schließlich beim Kinderarzt. Und ich dachte: Wow, zwischen Krankenhaus und Kinderarzt besteht ja kaum ein Unterschied. Also in der Aufmachung. Das Krankenhaus war trostlos und beim Arzt war das ähnlich. Was mich aber dann doch faszinierte war der Einblick in die korsische Gesellschaft.

Französische Kinder gut erzogen?

Da saß eine Mutter mit ihrer schätzungsweise 12-jährigen Tochter. Das Runzelfüßchen und ich warteten knapp zwei Stunden, die beiden waren nach uns dran. Und in all der Zeit sprachen Mutter und Tochter nicht ein Wort miteinander. Nicht eins. Die Mutter tippte die ganze Zeit auf ihrem Handy, die Tochter starrte vor sich hin. Was auch immer da das Problem war, ich dachte, dass mein Kind und ich später hoffentlich anders miteinander umgehen.

Vater und Baby beim Kinderarzt

Dann gab es auch zwei Väter mit ihren Babys. Das eine war ungefähr 7 Monate alt (ist ja schwer zu schätzen) und hatte schlimmen Schnupfen. Es schrie und schrie und schrie. Der Vater starrte auf sein Handy. Nicht einmal blickte er auf. Ich war kurz davor das Baby an mich zu drücken, denn ja, mir tut sowas weh. Da kam die Mutter, vollkommen abgehetzt und griff sich ihr rotgeschrieenes Bündel. .Es hörte auf und auch ich merkte, wie ich durchatmete. Und mich fragte: Wieso? Das hört man doch, dieses Geschrei? Und alle anderen hörten es doch auch!

„Schau mal, Papa!“

Der andere Vater war mit seiner 16 Monate alten Tochter da und las Zeitung. Sie spielte und baute aus zwei Stühlen einen Turm. Und war SO stolz, es war furchtbar niedlich. Ich musste laut lachen, wie sie sich freute und drehte und versuchte die Aufmerksamkeit ihres Papas zu gewinnen. Der blickte kurz auf und dann wieder auf seine Zeitung. Sie wand sich mir zu, immerhin hatte sie ja meinen Blick bemerkt. Und so freute ich mich mit ihr, ohne Worte, denn die hätte sie ja nicht verstanden.
Ich weiß, Eltern sollen nicht über andere Eltern richten, aber ich verstehe solch Verhalten wie das der beiden Väter (wären es Mütter, es wäre ebenso) einfach nicht.

Sei schön angepasst in Frankreich

Während ich einer Mutter dabei zuhörte wie sie ihr 18 Monatskind anmotzte, weil es wieder und wieder die Kisten mit Legosteinen leer räumte dachte ich darüber nach wieso französische Kinder als so wohlerzogen gelten. Offensichtlich, weil sie sehr viel angepasster sein sollen. Sich mit sich selbst beschäftigen, leise spielen und an sich einfach möglichst wenig auffallen, das schien in dieser Kinderarztpraxis an der Tagesordung.
Das Runzelfüßchen fiel nicht nur auf weil sie natürlich deutsch redete, sondern auch, weil sie sich eben durch den Raum mit mir unterhielt. Sie saß an einem kleinen Tisch und malte und berichtete mir davon. Sie holte Bücher die ich vorlesen sollte. Und ja, ich mache das nicht im Flüsterton sondern mit meiner normallauten Stimme. Ich hatte das Gefühl, dass mein Kind das einzige Kind in dieser Praxis war, und, dass wir beide unangenehm auffielen. Also den anderen Eltern. Denn die Kinder, die kamen alle vorbei, warfen mir Bücher in den Schoß und reckten ihre Hände nach mir aus. Das war schön und gleichzeitig verwirrend.

Beim Kinderarzt in Korsika

Ich will mich ja gar nicht als die beste aller Mütter beschreiben, denn das in ich selbstverständlich nicht. Auch ich habe schlechte Tage und miese Laune und keine Lust meinem Kind was vorzulesen. Zum 38. Mal. Aber wenn sie krank ist, und deswegen waren all diese Kinder an einem Samstag beim Kinderarzt, dann bin ich da. Und dann darf mein Runzelfüßchen auch Kisten ausräumen und lauter sein. Denn ein Besuch beim Arzt ist für so kleine Wesen belastend genug. Irgendwie hat mich dieser Einblick in das korsisch-französische Familienleben ernüchtert. Nicht, weil die Eltern ihre Kinder nicht lieben, das tun sie zu 100%. Aber weil die Kinder eben so viel angepasster sein müssen.

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2 Antworten

  1. Oh je, da habt Ihr aber was mitgemacht! Wir waren in diesem Urlaub auch einmal beim Arzt und einmal in der Notaufnahme. Hatten bei den Ärzten aber Glück. Beim Winterkind müsste man den Arm Röntgen, weil ein Bruch ausgeschlossen werden musste. Alle waren total nett und wir kamen mit dem Winterkind auch vor allen anderen dran, die schon da saßen, als wir kamen. Um die Wartezeit zu verlängern und die Angst vor dem Röntgen zu nehmen, kam ein Pfleger, der machte aus bunten Luftballons lustige Tierchen für mein Kind. Am Ende war nichts gebrochen aber die Ärztin meinte, lieber einmal zuviel drauf geschaut.
    In der Arztpraxis war eine Mutter, mit weinerlichem Kind, sie war etwa 8 oder 9 Jahre alt und hatte einen Rugby an den Kopf bekommen. Die Mutter telefonierte lautstark und genervt, weil sie durch den Arzttermin wohl Termine verschieben musste. Das Kind wollte auf ihren Schoß, sie schickte sie weg, es war ihr zu warm. Mein fast 8 Jähriger saß wie ein Welpe auf meinem Schoß und ich schwitzte vor mich hin. Tsja nun.
    Aber auch in Frankreich sind zum Glück nicht alle so. Aber bindungsorientiert ist da noch ein bisschen ein Modename. Die Mütter gehen nach der Geburt sehr schnell wieder arbeiten und das Kind kommt zur Tagesmutter und später in die Betreuung. Mann und Frau sind gleichberechtigt was Karriere angeht und ich denke, dass die Eltern das oft gar nicht böse meinen, aber wie soll innige und feste Bindung da wachsen können? Wenn Du nichts dagegen hast, schreibe ich nochmal darüber. Ist sehr komplex alles.
    Bisous

  2. Christine sagt:

    zum Thema Gesundheitskarte: In Frankreich muss man beim Arzt zahlen – auch die Franzosen. Jeder reicht seine Kosten bei der Krankenkasse ein. Und natürlich zahlen auch auch wir im Auslandversicherten, wenn wir in Frankreich sind. Das muss man später bei der eigenen Krankenkasse in Deutschland einreichen.
    Und bindungsorientierte Erziehung kenne ich in frankreich nicht (bin ja selber Französin). Mit meinem Bruder brauche ich nicht drüber reden, er meint, in Deutschland herrsche die Philosophie vom "l'enfant-roi" und das sei nunmal bescheuert. Und wenn ich seine super angepassten Kinder (4 und 7) anschaue, tun sie mir leid. Sie wären in der Arztpraxis auch still. Aber auch wenn es asntrengender ist, lass eich meine Kinder lieber so sein, wie sie sind.

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