Mythen über Schwangere
In dieser zweiten Schwangerschaft sehe ich mich immer wieder mit Menschen konfrontiert, die so gar keine Ahnung davon haben, dass eine Schwangerschaft nicht nur darin besteht sich den ganzen Tag liebevoll über den Bauch zu streicheln, Tee zu trinken und in Zeitschriften zu blättern, sondern durchaus auch Alltag ist.
Ein Alltag, der hart ist, anstrengend und erschöpfend.
Wenn ich anderen erzähle, was ich so tagtäglich mit mir fremden Menschen erlebe, dann glaube die oft, ich neige zur Übertreibung. Dem ist aber leider nicht so. Deswegen an dieser Stelle mal gesammelt die Knaller der letzten Wochen und wie ich so damit umgehe. Auf das euch in der ein oder anderen Situation nicht nur die Spucke wegbleibt, sondern ihr diesen ahnungslosen Trotteln Menschen adäquat antworten könnt. Weil ihr hier schon einiges gelesen habt…
Mythos 1: Schwangere haben Zeit
Ich hatte einen ganz normalen Arzttermin, keinen bei Gynäkologen. Theoretisch um 9.30Uhr. Da stand ich aber noch in der Warteschlange (die ich immer mal wieder verließ, denn mehr als zehn Minuten stehen ist hochschwanger ziemlich problematisch). Als ich um 9.55Uhr endlich die Anmeldung erreicht hatte, fragte ich nach einigem Geplänkel mal nach wann ich denn so ungefähr drankommen würde. Die wenig charmante Antwort: „Sie sind doch schwanger, Sie haben Zeit!“
Nein, du unhöfliche, übergriffige Frau, das habe ich nicht. Erklärte ich ihr dann auch leicht patzig. Der genaue Wortlaut war: „Was ich mit meiner Zeit mache geht Sie überhaupt nichts an. Sie sollten sich besser beeilen, sonst bekomme ich das Kind gleich hier.“
Zehn Minuten später war ich dran.
Mythos 2: Jede Schwangere bekommt das erste Kind
Ich bringe und hole meine Tochter vom Kindergarten ab und bin logischerweise auf jeweils einem dieser Wege allein, also ohne Kind unterwegs. Und auch zu anderen Terminen bin ich durchaus kinderlos, also abgesehen vom Baby im Bauch. Das nehmen viele Menschen zum Anlass mich noch mal darauf hinzuweisen, dass ich diese letzte Zeit ohne Kind genießen soll. Danach würde ja alles anders und anstregend und überhaupt. Nie wieder hätte ich soviel Zeit wie jetzt, für Schlafen, Entspannen und Seele baumeln lassen. Meine dezenten Einwürfe, dass ich das wüßte, weil ich bereits Mutter bin, werden oft ignoriert. Mein Lieblingssatz in dem Zusammenhang „Naja, so richtig Mutter sind Sie erst wenn das Kind da ist.“
Deswegen fahre ich inzwischen schwerere Geschütze auf und frage die Menschen, ob sie Fotos von meinen fünf Kindern sehen möchten, die ich nun von ihren verschiedenen Vätern abholen werde.
Mythos 3: Schwangere können ihren Bauch einziehen
Ja, so habe ich auch geguckt. Aber ich wurde diese Woche tatsächlich genau dazu aufgefordert. Ich stand an der Kasse im Supermarkt und eine Kassierin jenseits der 50 (schätze ich) motzte mich an. „Ey (immer eine schöne Anrede…), kannste mal den Bauch einziehen, ich komm so nicht vorbei.“ Meine irritierte Antwort: Ich bin hochschwanger!“ Und darauf diese Frau sichtlich unbeeindruckt „Ja und da geht das nicht?“
Hm, versucht das, so ihr jenseits der grob geschätzt 15. Woche seid. Es ist schlicht unmöglich. Und auch eine total sinnlose Aufforderung.
Ich habe abermals angeboten, dass ich das Kind hier vor Ort bekomme (eine Drohung die immer wirkt) und dann ja wieder Platz wäre. Geerntet habe ich Gemurmel und schräge Blicke. Ich glaube, die Frau ist nach wie vor davon überzeugt, dass ich sie einfach angeschwindelt habe.
Mythos 4: Schwangere können locker 30 Minuten stehen
Natürlich ist das bei jeder Schwangeren verschieden, aber ich kann es nicht. Das viele Stehen überfordert mich. Also gehe ich damit offensiv um und fordere in den öffentlichen Verkehrsmitteln einen Platz auf diesen extra dafür vorgesehenen Plätzen. Geben die Menschen, die dort sitzen sich kampflos geschlagen? Natürlich nicht. Wenn ich also da, voller Inbrunst an Freundlichkeit bitte, dass ich mich dort hinsetzen und ausruhen kann, dann kommen da Antworten, die mich gelinde gesagt verblüffen. Mein Lowlight: „Ich hab dich doch nicht geschwängert, also ist das auch nicht mein Problem.“ Sprachs und steckte sich die Kopfhörer wieder in die Ohren. Ihr Lieben, darauf habe selbst ich keine Antwort, leider.
Mythos 5: Schwangere sind ein Ausbund an Ruhe und Verständnis
Wie die vorherigen Antworten vielleicht schon aufzeigen bin ich eines nicht: Friedlich und lammfromm. Also auch ohne Schwangerschaft nicht. Ich bin aber sehr lange nett, freundlich und zuvorkommend zu anderen.Iich lächele viel und nicht wenige Menschen finden mich sogar symapthisch. Ich bin also mitnichten fies. ABER: alles hat Grenzen. Und all das, was mir Fremde so in der Schwangerschaft an den Kopf werfen sorgt leider nicht gerade für gute Laune. Deswegen bin ich manchmal schon kratzbürstig. Darf ich doch aber auch, oder?
Mythos 6: Schwangere können platzen
DAS Gerücht scheint sich hartnäckig zu halten. So oft wie ich diesen Kommentar bekomme muss das verdammt häufig passieren, diese platzenden Schwangere. Ich finde diesen Spruch weder lustig noch angemessen noch im Mindesten in Ordnung. Schlimmerweise kommt er vermehrt von Frauen, auch jenen, die gerade ein Baby auf dem Arm haben. Ich dachte immer, dass es einen Konsens gibt wie man als Frau gern angesprochen werden möchte und wie nicht. Genauso unangemessen, für all die, die da noch Fragen haben sollten sind in meinen Augen übrigens die Bezeichnungen „dick“ oder „fett“ in Bezug auf Schwangerschaft. Nein, wir platzen nicht, nein wir sind nicht dick und auch nicht fett. Wir sind schwanger. Irgendwann ist der Bauch weg. Menschen, die solche Kommentare von sich geben werden aber leider weiterhin ohne viel Empathie leben müssen.
Seid ihr auch schon mit solchen Vorurteilen konfrontiert worden? Und wie geht ihr damit um?
Musste schon schmunzeln aber eigentlich ein trauriges Thema. Du schreibst es halt immer so schön. Durch dich und deinen Männe habe ich sehr interessante und informative Einblicke ins schwanger sein bekommen. Aber eigentlich finde ich deine Themen super.
Ich bin zwar erst 12. aber ich hab da auch schon was erlebt. Das Beste was mich lange mitgenommen hat war "bei deinem Gewicht darfst du nur 7,5 Kg zunehmen". Das hat mich dermaßen umgehauen und unsicher gemacht dass ich tagelang im Internet gesucht habe was ok für eine Zunahme ok ist. Bin halt nicht dünn aber das ist viel zu wenig. Mein Mann meinte sag das nächste Mal einfach über das Thema rede ich nicht, da finden der Mann und ich unseren Weg alleine 🙂
Das mit dem Zug steht mir als Pendlerin auch bevor. Bin gespannt 🙂
Ganz liebe Grüße
Maja
Oh ja, das kenne ich… Zu 5: wenn ich schwanger eines nicht bin, dann geduldig und verständisvoll. Sonst eigentlich schon, aber im Hormonwirrwarr kommt mir die Geduld öfters mal abhanden. Und ich "erlaube" mir in solchen Situationen dann auch eine kurze Explosion und sage dann zu eventuellen Zuschauern: "Sorry, die Hormone…" Kann ich empfehlen, bisher kamen dazu nur verständnisvolle Reaktionen. 😉
LG und starke Nerven,
Julia
Ich habe Gott sei Dank keine wirklich unfreundlichen Kommentare bekommen in meinen drei Schwangerschaften. Nur diese bescheuerten Kommentare zu meinem Körperumfang, die gab es spätestens ab Monat 5 täglich.
Ich bin eine sehr kleine, sehr zierliche Frau. Ein ganz normaler Babybauch sieht an mir also tatsächlich unglaublich riesig aus…so im Verhältnis zum Restkörper 🙂 ich wurde also täglich mehrfach auch von wildfremden gefragt ob es nicht bald soweit wäre ich sähe ja schließlich schon eeeewig so aus als würde ich gleich platzen.
Wenn ich dann erwiderte das ich noch locker drei Monate habe wurde festgestellt das ich doch bestimmt zwei da drin habe und wenn ich das verneinte kam das achso witzige "biste dir sicher? Ist schon öfter eins übersehen worden. *zwinker zwinker*
Ich bin jedenfalls froh das ich das hinter mir habe. Man wird als Frau ja eh ständig auf seinen Körper reduziert und jeder meint den kommentieren zu dürfen aber als Schwangere ist man dann gleich Allgemeingut. ò.ó
Schlimmer fand ich allerdings die Zeit nach der Geburt, wenn Hinz und Kunz sich bemüßigt fühlen dir zu sagen das du ja immer noch schwanger aussiehst…
Mein all time favorite: meine Mutter 4 Tage nach der Entbindung zu mir: "Du hast ja immer noch son Bauch, da musste aber langsam mal was tun. ICH war nach meinen Geburten immer sofort wieder gertenschlank."
Ich kann mit den dummen Kommentaren eigentlich ziemlich gut umgehen, weil ich vieles mit Humor nehme und sarkastisch antworte, was viele dann in unangenehme Situationen bringt. Viel Schlimmer finde ich, dass getuschel der zumeinst Frauen, gerade selber mit Baby im Arm oder Kinderwagen. Als wenn man das nicht mitbekäme. Und vor allem wir sitzen doch alle im selben Boot. Aber nein, es ist ein ewiges Vergleichen und Besser sein wollen. Hat man von Anfang an zu viel Gewicht oder nimmt man viel zu, ist man fett. Hat man durch die Schwangerschaft ein schlechtes Hautbild, ist man ungepflegt und überhaupt, brauch man ja auch nicht jammern, weil man hat sich das schließlich ausgesucht und wüsste ja, was auf einen zu kommt… Ähm ja. Ist klar. Was das in der Bahn aufstehen angeht, keine Sau macht das, aber wenn man zu seinem Kind sagt, dass es sitzen bleiben soll oder man selber nicht aufsteht, dann hat man keinen Anstand und keine Erziehung genossen!
Liebe Julia,
wie wunderbar – eine Gleichgesinnte. <3 Und das mit der Hormonentschuldigung, das werde ich jetzt auch einsetzen.
Liebe Grüße,
Andrea
Liebe Maja,
du bist erst 12 und hast beim Arzt schon gefragt wieviel du in der Schwangerschaft zunehmen darfst? Das nenne ich mal vorbereitet. 🙂
Wenn es denn soweit ist wünsche ich dir übrigens keines meiner Erlebnisse, sondern lauter verständnisvolle Menschen die aufspringen um dir einen Platz anzubieten.
Liebe Grüße,
Andrea
Diese Kommentare zum Babybauch finde ich aber auch übergriffig. Ich frage mich immer was das soll. Ich frage mich, ob Frauen die nur einen kleinen Bauch haben sich dann immer anhören müssen, dass sie vielleicht krank sind. Schlimm.
Und wenn mir nach der Geburt jemand sagt, dass ich noch schwanger aussehe, dann werde ich 1. auf jeden Fall drüber bloggen (und auf deine Unterstützung hoffen) und 2. laut losschreien. Das ist ja wohl eine absolute Unverschämtheit!
Dieses Vergleichen und sich gleichzeitig Ausboten finde ich ganz schlimm! Und ich werde wohl nie verstehen, wieso es manchen Frauen nicht gelingt andere zu unterstützen. Wir haben doch alle soviel besseres zu tun als uns gegenseitig missgünstig zu beäugen.
Lass es uns anders machen!
Ich hab mir das so vorgenommen (sollte ich mal um einen Platz in der Bahn bitten müssen, und derjenige, der auf dem Kreuz-Zeichen-Platz sitzt weigert sich), setze ich mich einfach auf seinen Schoß. Der würde bestimmt schnell aufstehen. 🙂 Ob ich mich das tatsächlich trauen würde… zum Glück hab ich meistens einen Platz angeboten bekommen, als der Bauch eine entsprechende Größe hatte.
Jetzt bin ich mit Zwillis schwanger- die neue Chance bietet sich demnächst. 😉
Ich habe bisher (29. Woche) keine miesen Kommentare von Fremden bekommen und hoffe das bleibt.
Dafür fühlt sich meine Mutter bemüßigt, das zu übernehmen. Als der erste Wachstumsschub des Babys kam, rief sie tatsächlich durch den Laden, in dem sie arbeitet: "Zieh den Bauch ein!" Ähm, ja, lustig.
Jedes mal, wenn ich Pralinen oder Nachtisch mit Alkohol ablehen kommt ein Spruch von ihr, man könne es ja auch übertreiben.
Der neueste Einfall von ihr: "Sophie, du watschelst!" (Der kam schon zweimal.) Ja Mama, ich bin schwanger -.-