„A Real Pain“: Ein Film, der lange nachhallt
Es gibt Filme, die vergisst man nicht. Bei mir kommt das gar nicht so oft vor, ehrlich gesagt, denn auch wenn ich durchaus anerkennen kann, dass viele Filme sich bemühen, die meisten bleiben nicht unbedingt langfristig im Gedächtnis. Das liegt meist an der Story, die so vorhersehbar und platt ist, oder weil die Message mit dem Vorschlaghammer daher kommt. Ich habe gar nichts gegen die Filme, ich gucke mir die auch gern mal an, zur Abwechslung, zur Unterhaltung, Zerstreuung. Denn niemand von uns will doch immer über all die schweren, tragischen Themen im Leben nachdenken.
Wenn ihr „A Real Pain“ im Kino anschaut, dann seid euch gewiss, daran ist eigentlich nichts leicht. Dafür seht ihr aber auch einen Film, den ihr vermutlich nicht so schnell vergessen werdet. Weil er euch zwingt, euch mit eurem Erbe auseinanderzusetzen, mit der NS- Zeit, mit transgenerationalem Trauma und mit Familie. Und ja, das ist ganz schön viel für einen Film, aber so ist das eben.
Mich hat „A Real Pain“ im Kino sehr mitgenommen. Und das schreibe ich nicht, weil ja von Deutschen generell erwartet wird, dass sie bei allem, was mit dem Thema Holocaust zu tun hat, sofort klatschen und feiern, wenn es da einen Film gibt, der sich dem Thema annimmt. Es gibt auch schlechte Filme dazu, wirklich. Aber „A Real Pain“ ist ein guter. Weil er, zumindest mir, schon auch weh getan hat. Weil er weniger das Grauen der NS- Zeit zeigt und mehr die Sprachlosigkeit der Enkelgeneration.
Darum gehts in „A Real Pain“
Die Cousins David (Jesse Eisenberg) und Benji (Kieran Culkin) Kaplan unternehmen eine Reise in die Vergangenheit. Sie wollen auf den Spuren ihrer jüdischen Großmutter durch Polen reisen, zunächst gemeinsam mit einer Reisegruppe, dann allein. Die Beiden nutzen die eine Woche auch, um sich wieder näher zu kommen, denn im alltäglichen Klein-Klein haben sie sich ein wenig aus den Augen verloren. Zwischen ihnen gibt es viel Unausgesprochenes, so, wie es eben auch mit der Großmutter der Fall war.
Viel Trauer und Unausgesprochenes
Stellenweise nerven mich David und Benji im Film wirklich enorm, weil sie sich so neurotisch, impulsiv oder schlicht dreist verhalten. Und dann wieder kann ich dieses Verloren sein so nachempfinden. Dass man als Jude in einem Zug in der ersten Klasse durch Polen fährt, auf dem Weg um ein Konzentrationslager zu besuchen, das kann einen aus der Fassung bringen, natürlich. Hier verstehe ich Kieran Culkins Figur, aber wie irrational er sich dann aufführt, wiederum nicht. Der Film ist keiner, der viel Freude oder auch nur helle Momente schenkt. Da ist nur viel Trauer, Unverabeitetes, Unausgesprochenes. Dinge, Taten, die nicht gesagt, besprochen, durchgeführt wurden.
Ich kann das nachempfinden. Ich habe mich so richtig auch erst in 2024 mit meinem Erbe auseinandergesetzt. Und vielleicht spricht mich der Film deswegen so sehr an. Ich hätte gern mit dem Schauspieler, Drehbuchautor, Produzent und Regisseur des Films, Jesse Eisenberg über „A Real Pain“ gesprochen. Um eben gegen der Schweigen anzukommen, gegen den Schmerz, die Stille. Es hat zeitlich nicht gepasst. Aber wenn ihr nach dem Schauen des Films Redebedarf habt, dann meldet euch doch gern. Denn es stimmt ja: Zusammen ist man weniger allein.
„A Real Pain“ läuft ab dem 16. Januar 2025 in den Kinos.
Kleiner Extratipp: Am 27. Januar ist Internationaler Shoah-Gedenktag an die Opfer des Holocaust. Wenn ihr euch da einlesen wollt, aber vielleicht keine Lust auf Sachbücher habt, es gibt auch eine Reihe von Graphic Novel, die sich lohnen. „Adieu Birkenau„* habe ich euch schon vorgestellt, es lohnt sich aber auch in „Bald sind wir wieder Zuhause„* oder „Zeit heilt keine Wunden„* reinzulesen. Wenn ihr noch mehr Buchtipps sucht, sagt gern Bescheid, dann schreibe ich noch einen Artikel dazu.
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