Jammer nicht soviel! – So sieht mein Familienalltag wirklich aus

„Typisch Karrieretussi. Kinder kriegen und sich dann nicht kümmern wollen!“
„Wenn du noch Zeit zum rumjammern hast, dann kann es so schlimm ja nicht sein.“
„Früher haben die Müttern nicht ständig rumgeheult. Die heutigen Eltern sind total verweichlicht. Wollen Kinder aber nicht die Konsequenzen tragen. Jetzt siehst du mal wie das ist, wenn du dich auch mal kurz um deine Brut kümmern musst.“

Kommentare aus dem Netz

Das sind drei der zahlreichen Kommentare, die tagtäglich (mit all ihren Rechtschreibfehlern, die ich extra so belassen habe) bei mir eingehen. Weil ich, wie viele andere Eltern, immer wieder öffentlich mache, wie es uns im Allgemeinen und momentan durch Corona im Speziellen geht. Ich mache das hier auf dem Blog, ich mache es in den sozialen Medien und vor allem in meinem Beruf als Journalistin.

Menschen, die keine Ahnung haben

Kinder haben ist ein Geschenk, so weit sind wir uns alle einig. Kinder zu haben ist aber in sofern keine Privatsache, als dass Eltern es nicht schaffen, den Anforderungen, die die Gesellschaft an sie stellt allein gerecht zu werden. Wenn ich immer wieder und wieder lese, dass wir Eltern uns das ja vorher hätten überlegen können, dass das bisschen Kinderbetreuung und Beruf ja nicht so schwer sein kann, dann möchte ich schreien. Weil es fast immer von Menschen kommt, die von der ganzen Sache keine Ahnung haben.

Kinder haben keine Lobby

Nun wird seit Wochen aber auch immer wieder darüber geschrieben, dass Kinder und Familien keine Lobby haben. Ich selbst habe dazu auch schon einiges veröffentlicht, meine Kolumne über die vergessenen Eltern kann ich an der Stelle mal ganz stolz empfehlen. ABER: Es reicht halt auch nicht, immer nur darauf herumzureiten, dass wir keine Lobby haben. Das hat mich auch am Wochenende auf dem virtuellen Elternbloggercafé gestört, wir diskutieren immer um die gleichen Dinge. Aber es bewegt sich nichts.

Ich kann mir keine Lobby für uns alle aus dem Hut zaubern. Aber oft genug geht es ja auch ums sichtbar machen von Dingen. Das kann neue Prozesse anstoßen. Einige Eltern haben das getan, in dem sie ihre Arbeitskraft für die Familie während des Corona-Lockdowns in Rechnung gestellt haben. Sie ernteten einen Shitstorm, weil das ja bitte schön alles Labour of Love sein sollte. Eltern dürfen nämlich nicht sichtbar machen, was sie leisten, und in Rechnung stellen schon gleich gar nicht. Mareice Kaiser und Edition F haben mit #CoronaEltern bewirkt, dass mehr darüber gesprochen wird, aber auch das hilft kaum weiter. Es war ein wichtiger Anschub, aber es kann nicht das Ende sein. Ein wichtiger Impuls ist die Petition von berliner Eltern, sich für Lösungen für Eltern zu bemühen, die nicht heißen: Wir machen alles wie immer. Es braucht neue Ideen. Deswegen ist es wichtig, dass wir alle die Petition mittragen.

Homeoffice mit Kinder ist nicht machbar

Auch weil ich es leid in immer wieder zu diskutieren, und meine mentalen Kapazitäten das auch nicht hergeben, auf jede Nachricht freundlich zu antworten, dachte ich mir, machen wir es doch mal ganz anschaulich. Ich zeige euch jetzt mal ganz praxisnah, wie das bei uns so aussah diese Woche, mit dem Homeoffice und den Kindern und diesem angeblich so leicht zu vereinbarenden Familienleben. Und ich hoffe sehr, dass sich ganz ganz viele von euch entscheiden, das auch zu machen. Denn es muss etwas passieren. Wir Eltern müssen gesehen werden, denn dieses Ausgebrannt sein, was die allermeisten von uns spüren, das wird uns noch lange begleiten. Und fluchtartig Kitas und Schulen öffnen ist keine Lösung!

2 Erwachsene, 2 Vollzeitjobs, 3 Kitakinder

Kurz, für die die neu hier sind, die Familiensituation zusammengefasst:
2 Erwachsene, 3 Kitakinder (6, 4 und 1). Mein Mann arbeitet festangestellt 40h die Woche, ich bin freie Journalistin und arbeite mindestens 40h/ Woche für verschiedene Auftraggeber, meistens mehr, weil Buchprojekte oder spontane Anfragen dazwischenkommen. Seit letzter Woche gehen alle drei Kinder für eine unterschiedliche Stundenanzahl pro Tag in die Kita. Alles weitere lest ihr gleich. Mein Beispieltag trug sich diese Woche Montag zu.

Familienalltag in Coronazeiten

4:17 Uhr: Mein Einjähriger wird wach und möchte aufstehen. Er klettert über mich drüber, um sich Bücher ins Bett zu holen, die allesamt irgendwelche Geräusche mache (Danke Carlsen Verlag, an dieser Stelle, ich liebe eure Bücher, aber nachts hasse ich sie inbrünstig)

4:32 Uhr: Das Kind und ich diskutieren nach wie vor darüber, ob jetzt schon Zeit zum Aufstehen ist. Immer wieder reckt er sich hoch und will neue Bücher ins Bett zerren.

5:24 Uhr: Er möchte nicht mehr lesen, er möchte gestillt werden.

7:01 Uhr: Durchs Stillen ist das Kind wieder eingeschlafen, ich auch. Jetzt aber ist die Nacht vorbei. Der Einjährige knallt mir ein Buch ins Gesicht. Ich motze meinen Mann an, er möge sich doch bitte auch endlich kümmern.

8:23 Uhr: Ich wurde beim Dösen noch zweimal unterbrochen, die anderen zwei Kinder wurden wach, kuschelten, verließen das Schlafzimmer, aber so 23 Minuten Schlaf waren noch drin. Jetzt muss ich aber wirklich aufstehen. Und mir ist klar: Ab jetzt werde ich keine freie Minute mehr haben.

8:38 Uhr: Frühstück. Wie jeden Morgen, außer am Wochenende Müsli. Irgendwem ist die Müslipackung umgefallen und die Haferflocken liegen überall auf dem Boden rum. Fege ich das jetzt weg oder später? Mein Mann entscheidet sich für die sofortige Beseitigung, während er fegt, kippt auf dem Tisch die Milch um.

Ohne Frühstück in den Tag

9:01 Uhr: Frühstück beendet, ich hatte keins. Ich musste schon mal etwas arbeiten und dann die Brote für den Kitatag schmieren. Das ist neu, sonst gehen die Kinder gemeinsam mit den Erzieher*innen einkaufen und besorgen sich das, was sie die Woche über als Vesper essen möchten selbst. Die Milchpfütze auf dem Tisch ist immer noch vorhanden. Wir müssen los, also drei Kinder zum Anziehen von Schuhen motivieren, Fahrradhelme, Brotdosen, Getränkeflaschen und Lieblingsspielzeug packen und loshechten.

9:02 Uhr: Auf dem Flur feststellen, dass der Jüngste eine Hose anhat, die starr vor der Dreck ist. Ersatzhose mitnehmen, umziehen geht auch in der Kita.

9:10 Uhr: Die morgendliche Diskussion wer in welchem Fahrrad sitzt beginnt. Wir haben ein Lastenrad. Da passen aber nur zwei Kinder rein, als wir es kauften, gab es schlich noch kein drittes Kind. Die Sechsjährige fährt Fahrrad, aber sicher nicht morgens um 9:30 Uhr einmal durch halb Berlin. Für uns Eltern bedeutet die neue Kitasituation, dass wir immer zu zweit fahren müssen. Einer mit dem Lastenrad, eine mit dem Rad mit Kindersitz hinten drauf. Der Tross radelt zur Kita, immerhin ist das Wetter schön.

9:30 Uhr: Wir kommen in der Kita an. Alle raus aus den Rädern, ein Elternteil mit in die Garderobe. Wir haben das uns zugewiesene Zeitfenster genau erwischt, kein anderes Elternteil ist da. Kurzes Gespräch mit der Bezugserzieherin, dem Erzieher winke ich nur aus der Ferne zu.

2 Stunden Kita am Tag

10:20 Uhr: Die Verabschiedung vom Jüngsten hat sich verzögert, er wollte mir noch etwas zeigen und ich will, dass er sich nach der durch Corona ausgelösten, abgebrochenen Eingewöhnung nun gut in der Kita einlebt. Also kein Stress, denn Stress braucht der Einjährige ganz sicher nicht. Nun also endlich am Schreibtisch. Eigentlich wäre jetzt Zeit fürs Frühstück, hatte ich ja noch nicht. Geht aber nicht. Jetzt muss ich nämlich arbeiten, die erste von vielen Schichten in diesen zerstückelten Tagen. Ich sitze am Computer, schreibe einen Artikel, lese Korrektur. Ich esse nicht, ich trinke nicht, ich gehe nicht aufs Klo. Ich sitze da und arbeite wie eine Verrückte, weil ich nämlich nur bis 11:20Uhr Zeit habe. Dann muss ich wieder losrasen, den Einjährigen abholen. Die Eingewöhnungszeit ist um.

11:50 Uhr: Ich bin fünf Minuten zu spät in der Kita. Es gab zuviele rote Ampel. Die Erzieherin guckt streng, ich versuche mit hochrotem Gesicht und beschlagener Brille unter der Maske Luft zu bekommen. Es tut mir sehr leid, aber was soll ich machen. Mein Sohn freut sich mich zu sehen, rein ins Lastenrad und jetzt muss ich viel reden. Denn ich weiß genau: Wenn das Kind jetzt einschläft, dann kann ich die Arbeit während seines Mittagsschlafs vergessen. Weil er den dann nämlich nicht mehr macht. Fünf Minuten Powernap reichen ihm.

12:10 Uhr: Ungelogen, zehn Meter vor der Haustür ist das Kind eingeschlafen. Ich fluche innerlich, habe aber die Hoffnung, ihn galant aus dem Lastenrad in die Wohnung zu transportieren und ihn dort ohne Unterbrechung hinlegen zu können. Er schläft, bis sein Kopf (mit dem blöden Fahrradhelm, den ich selbstverständlich beim Tragen nicht abgefummelt bekommen habe) das Bett berührt. Er schlägt die Augen auf und lächelt mich an. Innerlich weine ich.

Mittagessen, Betreuung und Arbeiten gleichzeitig

12:20 Uhr: Ok, dann Mittagessen. Essen im Bauch macht ja auch müde. Meine Motivation zu Kochen hält sich eh in Grenzen, dafür ist mein Mann zuständig. Durch die drei Monate morgens, mittags, Abendsversorgung gehen mir die Ideen aus. Das Kind ist glücklich mit Brot und vegetarischem Aufstrich. Ich esse den Kanten, denn das Bäckerbrot ist schon wieder alle und ich habe vergessen, neues zu kaufen.

13:30Uhr: Keine Müdigkeit beim Kind. Dafür bei mir. Wir haben gesungen, Bücher angeguckt und gespielt. Mein Mann hat gearbeitet. Jetzt fährt er los, die anderen zwei Kinder abholen.

14:00 Uhr: Hurra, der Einjährige will nun doch schlafen. Auf ins Bett.

14:10 Uhr: Klingeling, „Hallo, könnten Sie bitte ein Paket für Nachbar XYZ annehmen“. Der Einjährige rennt freudig zur Tür.

14:20 Uhr: „Mama, heute haben wir in der Kita das gemacht. Und jenes und überhaupt. Es war sooo toll. Hier guck, ist das nicht schön.“ Juchhe, alle wieder daheim.

14:45 Uhr: Hörspielzeit. Mein Mann und ich versuchen parallel zu arbeiten. Irgendwer hat immer irgendein Kind auf dem Schoß, muss ein Bild anschauen, sich Gemaule über „immer müsst ihr arbeiten“ und „ich hab Hunger“ anhören. Ich schreibe mehrere Sätze für einen Artikel, der heute Abend fertig werden muss und versuche zwischendrin die Kinder zum eigenständigen Spiel anzuleiten. Mein Mann hockt in einer Videokonferenz, die Kinder rennen immer wieder zu ihm, um zu gucken, ob es noch Kolleg*innen gibt, die sie länger nicht gesehen haben.

Pause? Kann ich mir nicht leisten

15:30 Uhr: Videokonferenz vorbei. Mein Mann geht mit den Kindern auf den Spielplatz. Ich arbeite. Kein Klo, kein ich trink mal kurz was, kein Gespräch. Nur konzentriertes Arbeiten um jede kostbare Minute ohne Störung auszunutzen.

17:30 Uhr: Die Kinder sind zurück. Der Spielplatz wurde zu voll, die anderen Eltern haben keinen Abstand gehalten. Immerhin habe ich zwei Stunden arbeiten können. Jetzt muss ich aufs Klo und Hunger habe ich auch.

18:30 Uhr: Abendessen. Da weder mein Mann noch ich neues Brot besorgt haben, gibt es, mal wieder, Nudeln. Mit Erbsen-Sahne-Soße, bisschen Abwechslung muss sein.

19:45 Uhr: Theoretisch sollen die Kinder im Bett sein, praktisch verwüsten sie Wohn- und Kinderzimmer. Das muss noch aufgeräumt werden, unter Geheule und Protest und blankliegenden Nerven bei mir.

20:30 Uhr: Alle im Bett, jedem wurde vorgelesen, jede*r wurde bekuschelt. Einschlafbegleitung seit sechs Jahren, ich muss aufpassen, dass ich nicht miteinschlafe. Mein Mann, der die zwei größeren begleitet, scheint eingenickt zu sein.

21:00 Uhr: Arbeiten, juchhe. Ihr kennt es inzwischen, ich sitze mit aller verbleibenden Energie am Computer. Mein Mann auch. Wir sitzen in zwei unterschiedlichen Räumen, um nicht durch ehelichen Smalltalk abgelenkt zu werden. Es ist mal wieder viel zu viel Arbeit übrig geblieben.

0:30Uhr: Ich kann nicht mehr und beschließe, dass ich für heute genug gearbeitet habe.

Nachts kreisen die Gedanken

1:00Uhr: Ab ins Bett. Der Jüngste riecht natürlich, dass ich da bin und will gestillt werden.

2:13 Uhr: Ich bin immer noch wach, weil ich die ganzen Zeit über all die Sachen nachdenke, die ich heute wieder nicht geschafft habe. Die Wäsche, die seit Tagen in der Waschmaschine liegt, der Einkauf, den keiner erledigt hat. Ich muss bei diesem einen Artikel noch mal drüber gehen, hab vergessen die Mail zu beantworten. Morgen muss ich mich dringend um die Einschulungsfragen der Tochter kümmern. Das Gedankenkarussell dreht und dreht sich.

4:25 Uhr: Irgendwann bin ich doch eingeschlafen. Jetzt ist der Jüngste wieder wach und will aufstehen. Das gleiche Spiel beginnt von vorn. Und ich weiß, dass der nächste Tag so aussieht wie dieser. Und, dass meine Energiereserven mit jedem Tag, den ich das weiter durchhalten muss, sinken.

Wichtige Anmerkungen zum Familienalltag

Vielleicht noch ein paar Anmerkung, weil ich all die Vorwürfe ja schon gehört habe:
Nein, wir können den Haushalt nicht einfach liegen lassen. Wir machen schon so wenig, wie es geht. Aber irgendwas muss halt getan werden, sonst haben wir alle irgendwann nichts mehr anzuziehen oder zu essen.
Nein, niemand von uns kann die Arbeitszeit mal eben so reduzieren. Es reduziert ja auch niemand die Kosten, die mit unserem Familienleben einhergehen.
Nein, wir können die Kinder nicht länger in der Kita lassen. Die Vorgaben sind, wie sie sind.
Ja, mein Mann ist genauso engagiert wie ich. Als Festangestellter ist er nur anderen Zwängen ausgesetzt als ich. Generell sind wir gleichberechtigte Eltern.
Ja, wir lieben unsere Kinder sehr, dass ich das hier extra betonen muss, ist lächerlich. Aber wir können nicht mehr.
– Ja, ich weiß, dass ich nicht jeden Tag auf acht Stunden Lohnarbeit komme. Das, was übrig bleibt, das hole ich dann am Wochenende nach. Ich habe also nie Pause.
Nein, es geht nicht ohne externe Unterstützung. Diese Erschöpfung bei Eltern ist real. Und wenn das so weitergeht, dann werden viele im Burnout landen. Weil man nicht einfach immer weiter machen kann. Wir können nicht alles auffangen.
Nein, ich hatte nicht die Zeit das mal eben so runterzuschreiben. Eine Woche habe ich daran gesessen.

Zeigt euren Familienalltag, wie er wirklich ist.

So, und jetzt seid ihr dran. Ich wünsche mir 1000 Tagesabläufe von anderen Eltern. Weil ich davon überzeugt bin, dass wir nur dann Dinge verändern, wenn wir wissen, worüber wir reden. Und Familienalltag ist einfach so individuell, wie es Familien sind.

Wie läuft es bei euch? Was bekommt ihr super hin, was gar nicht? Ich will, dass wir zeigen, wie es Familien gerade wirklich geht.

Ihr kommt super zurecht und liebt diese Zeit? Dann zeigt das! Euch geht es eher wie mir und ihr könnt euch vor Erschöpfung kaum noch auf den Beinen halten? Dann hoffe ich, ihr habt die Kraft darüber zu berichten. Lasst uns sichtbar machen, was gerade los ist!

Das könnte dich auch interessieren …

39 Antworten

  1. Kathrin+2 sagt:

    Was soll ich sagen?! Alleinerziehend mit zwei Kita-Kindern (3&4), Kita ist seit 13 Wochen zu und ich arbeite Vollzeit.

    Ich stehe um 04:30 Uhr auf, mache einiges im Haushalt und bereite das Mittagessen vor. Um 07:00 Uhr stehen die Kinder auf. Von 08:00-15:00 Uhr durchgehend Termine, Aufgaben und Kinder. Heißt: ich bin in einer Websession, während ich versuche einigermaßen pädagogisch wertvoll zu beschäftigen und Streit zu schlichten. An guten Tagen klappt es, an schlechten verstehe ich mein Gegenüber nicht.

    Zwischen 15 Uhr und 20 Uhr ist Kinderzeit mit Spaziergängen, Spielplatz etc. Dazwischen noch einkaufen, wenn notwendig und Abendessen. Die Arzttermine müssen ja auch gemacht und eingehalten werden. Neue Kleidung bestellen und in den Schuhladen.

    Um 20:00 Uhr schlafen die Kinder und ich gehe nochmals an den Rechner und arbeite noch offene Themen ab. MeTime 0%.

    Es ist sehr viel und es ist sehr anstrengend. Unsere Kita macht regulär erst Anfang September wieder auf. Wie ich die Zeit bis dahin überstehen soll? Gar nicht. Aber aufgeben kann ich nicht, da ich halt für unser Leben funktionieren soll.

    Also schaue ich weiter zu Helga, die zur Maniküre geht, Manfred, der im Biergarten mit seinen Freunden Fußball schaut und frage mich, was läuft in diesem Land so furchtbar schief, dass Kinder / Familien so überhaupt keine Priorität haben?! Macht mich traurig.

    • Leyla sagt:

      Unser Alltag seit Corona:
      Am 13.03. kam mein Sohn (8) mit all seinen Schulsachen nach Hause. Seither ist er 24/7 hier. Ich (zu der Zeit in der 26. SSW) arbeite Vollzeit als Assistenz der Geschäftsleitung. Mein Job ist anspruchsvoll und einnehmend. In Verbindung mit der Schwangerschaft waren die Wochen vor der Schließung bereits sehr anstrengend für mich.
      Am Abend des 13.03. Stand mein Lebensgefährte mit Tochter (10) ebenfalls mit allen Schulsachen vor der Tür. Unsere erste Homeschoolingwoche begann und verlief gut. Ich arbeitete im Homeoffice (ab 6:00) und wir wechselten uns ab die Kinder bei den Aufgaben zu betreuen. Die Kinder arbeiteten gut und konzentriert in ihrer „Schulzeit“
      Leider machte uns die Mutter der Tochter 4 Tage später einen Strich durch unsere Rechnung und forderte die sofortige „Rückgabe“ ihrer Tochter vor dem Lockdown. So also ungeplant 200 km durch Deutschland gerast um die Kleine nach Mutters Bedingungen zurück zu bringen.
      Seither Honeschooling der Kinder getrennt, mein Sohn bei uns, die Große bei ihrer Mutter, durch uns per Videotelefonie unterstützt, da ihre Mutter es leider nicht macht.
      Ich arbeite unregelmäßig mal im Homeoffice, mal im Büro, dann übernimmt mein Lebensgefährte das Homeschooling für beide Kinder. Wenn er Termine hat, bleibe ich zuhause und arbeite so gut es geht nebenher oder mein Sohn muss mit ins Büro und dort seine Aufgaben machen, die Große bleibt an den Tagen auf der Strecke.
      Nach drei Wochen führen wir einen strengen Stundenplan für meinen Sohn mit Essens- und Pausenzeiten ein, da er ohne Struktur bis nachmittags um fünf an seinen Aufgaben sitzt und der Tag mehr aus Diskussionen und Streit besteht als produktiver Zeit. Seither lief es für ihn besser. Die Mutter der Großen hat uns nach 4 Wochen das betreuen per Video verboten, da wir „zu viel Einfluss nehmen würden“, so dass sie in ihrem Homeschooling seither auf sich alleine gestellt ist. Sie besuchen oder übers Wochenende zu uns holen dürfen wir auch nicht.
      Der Vater meines Sohnes beteiligt sich auch nicht an der Betreuung. Bis auf zwei Telefonate pro Woche hört mein Sohn nichts von ihm. Nach 9 Wochen wird er das erste Mal wieder für ein Papawochenende abgeholt. Wir atmen zum ersten Mal durch, arbeiten viel nach und schlafen.
      Mitte Mai begann mein Mutterschutz. Die drei Wochen davor waren der Horror. Mein Lebensgefährte hatte viele Termine, ich pendelte mit Kind zwischen Büro und Homeoffice und versuchte meine Alltägliche Arbeit und meine bevorstehende Abwesenheit zu organisieren. Zum Glück ist mein Chef kulant und sehr verständnisvoll, aber das meine Arbeit leidete ist offensichtlich.

      Seitdem ich in Mutterschutz bin ist es leichter für uns. Das ich nicht mehr arbeiten muss entspannt die Lage sehr. Ohne das weiß ich nicht wie wir die Belastung weiter ausgehalten hätten. Bei uns kam neben dem Kinder-und Arbeitsalltag noch die emotionale Belastung durch den Streit mit der Mutter der Großen dazu. Die Kinder leiden sehr, sich nicht sehen zu können und die Zeit alleine verbringen zu müssen. Denke, wenn sie in den Wochen zusammen gewesen wären, wäre die „Schulzeit“ leichter verlaufen und bei der Großen stände die Versetzung jetzt nicht auf dem Spiel.

      Seit mein Sohn alle zwei Wochen zum Präsenzunterricht muss hat sich die Lage wieder verschlimmert. Für ihn ist der Wochenwechsel mehr Stress als Normalität. Und er braucht für seine Hausaufgaben und seine Homeschoolingaufgaven wieder viel mehr Zeit als vorher.
      Ob diese Änderung wirklich sinnvoll war bezweifle ich.

  2. SilkeAusL sagt:

    Ich stelle fest: bei mir ist es nicht mehr so schlimm. Ich hab da einfach nicht mehr mitgemacht und sie in die Notbetreuung gegeben, obwohl mir nicht wohl dabei war.
    Aber neben ständiger Urlaubsvertretung und kein „Husband“, der zu Hause auch noch mit anpackt, konnte ich nicht mehr.
    So sieht mein Tag „nur“ so aus:
    zwischen 5:30 und 5:45 aufstehen und gleich an den PC setzen. Ab spätestens 6:30 steht die Große auf der Matte, um 7 die Kleine wecken.
    Irgendwie neben der Arbeit die Kinder „abfrühstücken“, zur Schule gehen sie alleine. Dann schnell schnell schnell produktiv durchackern bis 11:30, wenn sie hier wieder stehen und meckern, dass noch kein Essen fertig ist.
    Danach habe ich oft noch bis 18 Uhr vor mich hin gearbeitet, weil ich ständig durch streitende und hauende Kinder unterbrochen wurde.
    Frühstück etc.mache ich abends immer fertig, sonst müsste ich noch eher aufstehen oder bräuchte mich vor 8 gar nicht an die Arbeit setzen.
    Als sie noch nicht in der Betreuung waren, habe ich versucht, das alles noch mit Home Schooling nebenbei zu leisten…vergiss es!
    2 Schulkinder, ständig dieses „Mama, Ich hab ne Frage. Mama, du musst mir helfen! Mama ich kann das nicht!“ Und jetzt zum Ende hin nur noch:“Ich hab keine LUST darauf! Ich will nicht mehr!“.
    Ich habe so langsam auch keine Lust mehr.
    Kann ich voll verstehen.
    LG Silke

  3. Hamburger Deern sagt:

    Hm, also im Vergleich zu dir, Andrea, und der Virschreiberin fühle ich mich ob unserer Privilegien wie ein echter Waschlappen. Wir sind nämlich zu zweit mit nur zwei Kindern (2&4) und nehmen bereits seit Ende April die Notbetreuung in Anspruch und trotzdem sind wir fix und alle. Die Nerven liegen täglich blank.
    Typischer Tag
    Halb 7 ungefähr steht Lütti auf und krawallt niedlich, aber laut durch die Wohnung. Ein lautes Fahrzeugekind, lalülalaaaaa lalülalaaaaa, Auto, Umfall, bumm. Großi wird davon wach, will eigentlich noch Ruhe, Streit, Geschrei. Wir machen Frühstück, streiten dabei um Hausarbeit und spätestens um 8 parken wir für 20 Minuten Ruhe die Kinder vor ner Serie. Irgendwann zwischen 9 und 10 schleife ich die Kinder raus, Mann arbeitet im HO. Im Optimum schlafen auf dem Heimweg beide im Fahrradanhänger ein, haben draußen immer Picknick (haha, Kekse, Bifis, Obst. Lust reicht nicht mal mehr zum Brote schmieren) und ich kann mich mittags kurz mit hinlegen. Segnung Wohnung im EG, wo man den Anhänger relativ nahtlos reinbekommt. Bleibt Großi wach, darf für meine Pause derweil auf dem Tablet gespielt und geglotzt werden.
    Nachmittags geht der Spaß relativ langweilig in die nächste Runde – Arbeiten bei mir klappt im HO null. Räumlich gibt die Wohnung da nicht viel her, sobald ich am Laptop sitze, verstehen die Kinder das als Signal, ebenfalls ins Bett (wo ich arbeite) zu springen und zu „helfen“. Der Mann ist gesundheitlich eingeschränkt und kann nicht gut mit beiden raus. Um 15 Uhr ungefähr gibt’s nen Snack, dnan eben wieder drinnen oder draußen spielen und streiten, bis der Abend am Horizont leuchtet. Da gibt’s im Prinzip tagein tagaus Nudeln mit Pesto. Oder Brote. Gefolgt von Guckzeit für beide, in der ich das allergröbste beseitige. Bis spätestens 21 Uhr schlafen meistens alle. DANN kann ich im HO arbeiten. Klappt aber nur sehr begrenzt, weil ich einfach zu müde bin. De facto arbeite ich also nur noch an den Tagen, an denen wir Notbetreuung haben – in der Zeit dann halt mit soviel Druck wie noch nie. Oder mal ganz früh morgens, wenn ich das schaffe, von 7 bis 11 ins Büro zu sausen. Also etliche Minusstunden, Urlaubstage usw. Die Notbetreuung hat natürlich ne Menge Entlastung gebracht. Aber alle Freiräume, die wir vorher endlich im Alltag hatten (keine Familie vor Ort) sind passé und es ist einfach nur zermürbend.

  4. Tina sagt:

    Auch wenn wir ein „Corona-Freundliches“ Leben führen – wir arbeiten beide 28-30h pro Woche angestellt (ich) bzw. angestellt und nebenberuflich selbstständig (mein Mann) – sind auch wir mit den Nerven durch.

    Mein Mann ist zu 100% in Kurzarbeit, die Selbstständigkeit ruht auch nahezu. Ja, er kann sich um die Kinder (2 und 4) kümmern. Doch das macht weder zufrieden und glücklich noch ist für die Kinder verständlich, dass Mama doch auch immer da ist und doch keine Zeit hat.

    Den Kindern fehlen andere Kinder, wir sind keine Spielpartner zum altersgerechten Lernen, Streiten und Spielen. Die Kinder verstehen nicht, dass andere Kinder bereits wieder in Kindergarten oder Krippe dürfen (wir leben in Bayern, eingeschränkter Regelbetrieb soll wohl ab Juli wieder starten). Dass „Mama musst du schon wieder arbeiten“ notwendig ist.

    Die Laune bei Mann und Kindern ist zeitweise so angespannt, dass ich meine Arbeit abbreche und mich um die Kinder kümmere. Die Kinder „erziehen“ sich gegenseitig mit unseren Sprüchen (in gleicher Tonlage und Strenge…). Und jeden Tag aufs Neue sind wir froh, wenn der Tag rum ist.

    Wir wissen, uns geht es dabei noch sehr gut. Wir müssen uns nicht zwischen zwei Vollzeitjobs und Kinderbetreuung zerreißen. Wir befinden uns in einer gesicherten finanziellen Situation.

    Und genau deshalb versuche ich mich weiterhin für die einzusetzen, die kaum Zeit zu durchatmen haben, die in einer unsicheren Lage sind, die grad einfach nicht mehr können.

    Daher: Danke für diesen Artikel! Und danke für den Aufruf!

    • Dani sagt:

      Hallo Tina,
      habe gerade gelesen dass du auch aus Bayern bist – am kommenden Mittwoch 17.06. ist eine Demo in München geplant für mehr Unterstützung der Eltern (und der Öffnung der Schulen und Kitas). FYI 🙂
      Wir Eltern müssen endlich sichtbar werden!

  5. Sarah sagt:

    Boah, klingt das anstrengend, da heul ich ja fast mit beim Lesen. Wir haben auch 3 Kinder aber, die sind schon etwas größer und außerdem arbeite ich nur 50%, ich kann nur erahnen, wie erschöpft ihr sein müsst!

    • Svenja sagt:

      Ich bin Erzieherin in der Krippe (in Niedersachsen). Und bevor jetzt alle sagen „Dann musst du ja zur Zeit nicht so viel arbeiten“ Oh doch! Meine Arbeitsstunden sind unverändert. Nur darf ich nach der Notbetreuung die restlichen Stunden im Homeoffice machen. Weiterbildung, Akten sortieren, Portfolios, etc. Wir haben zwei Kinder 3 und 7. Ich habe dass Glück dass mein Mann an einigen Tagen Homeoffice machen darf. An diesen Tagen nehme ich Termine mit Eltern wahr, gewöhne Ķinder in Spielgruppen wieder an die Kita und mache Teamsitzungen. Dann übernimmt mein Mann das Homeshooling der Großen. Die Kleine kommt dabei immer zu kurz und zeigt das mittlerweile auch deutlich. Ich komme dann mittags von der Arbeit, koche für alle, lese mit unserer Tochter, kümmere mich kurz um die Kleine und fahre dann wieder zur Arbeit. Das ist stressig, aber leistbar. An den Tagen an denen mein Mann nicht zu Hause sein kann gehen die Kinder seit ein paar Wochen in die Notbetreuung. Wir machen dann alle Aufgaben die meine Tochter nicht von alleine verstanden hat am Nachmittag. Vorab habe ich an diesen Tagen zu Hause gearbeitet und an den anderen Tagen voll die Notbetreuung übernommen. Das Große Problem: Notbetreuung in der Schule geht nur bis um 13 Uhr. Bisher kriege ich das hin (solange auf der Arbeit niemand fehlt). Muss ich halt mehr Zuhause arbeiten. Aber ab dem 22.06. muss ich wieder voll vor Ort arbeiten. Was dann wird weiß ich noch nicht. Hinzu kommt die seelische Belastung auf der Arbeit. Denn die Vorgaben die wir bekommen wechseln wöchentlich. Jeden Montag stelle ich mich auf etwas neues ein und wir versuchen dies umzusetzen, auch wenn diese Vorgaben oft kaum mit Kleinkindern umsetzbar sind. Zusätzlich habe ich mindestens einmal die Woche eine verzweifelte, oder weinende Mutter am Telefon. Ich kann sie so gut verstehen.

  6. Andrea sagt:

    Es tut mir so leid, das ihr das so stemmen müsst und ich komme mir ein wenig dämlich dabei vor, das ich mich beschwert habe. Mein Mann sass und sitzt warm und trocken im Büro. Ich war Zuhause, zwar hochschwanger, aber zuhause und konnte mich kümmern. Diese Zerrissenheit ist ja eine Katastrophe für alle. Gerade auch dieser kleine einjährige Mann. Ich kann es euch nachfühlen. Ich habe auch einen einjährigen, der hier gerne mal das gleiche Theater abliefert. Aber ich muss mich nicht so hetzen.
    Ich danke für den Bericht und ich ziehe den Hut vor euch.

    Alles, alles Liebe und viel Kraft
    Andrea- die Großfamilienmama

    • Manu sagt:

      6:30 bis 12:30 Uhr Mann arbeitet im Büro, 7:30-8:00 ich und der Zwerg stehen auf, 8:00-12:00 Frühstück und notwendige Hausarbeit (2× die Woche online-Meetings und Fernsehen nebenbei) 12:30-13:30 gemeinsam Essen, danach HO und Papa übernimmt, 17:30/18:00-20:30 gemeinsam Essen, Familienzeit, nächsten Tag planen und Zwerg ins Bett bringen. Ca.21-22:30 wieder wach werden, notwendiger Haushalt, ausruhen, Papa geht schlafen 22:30-1:00 HO nächste Runde, 1:30 schlafen… arbeiten beide Vollzeit, fehlende Zeit ist also HO in Bereitschaft bzw. Minusstunden und Wochenendarbeit. Kiga geht am 1.Juli wieder los, zum Glück hatte Bayern bisher viele Feiertage, aber die Nerven liegen trotzdem Blank

  7. Julia sagt:

    Was soll ich sagen – I feeling you, allesamt. Hier auch drei Kinder in einer ähnlich corona-unfreundlichen Altersstruktur mit 2, fast 6 und 8 Jahren, einer 30-Stunden-Ingenieursanstellung (ich) und einem Selbständigen (Mann) mit normalerweise ca. 50-Stunden-Woche (+). Heißt also, alles, was der Mann nicht arbeitet fehlt rein theoretisch an Verdienst, daher sieht er zu, dass er irgendwie weiter macht, bzw. abends alles dran hängt. Somit bin ich also non-stop im Home Office gewesen (momentan darf die Mittlere und wegen ihr auch die Jüngste in die Kita, da sie Vorschulkind ist). Lehre daraus: Home Office, Home Schooling (was als Begriff schlichtweg verkehrt ist, da nur Arbeitsblätter ausgegeben werden und ein Beschulen und Lehren nicht stattfindet), ein wenig pädagogisches Forder-Programm für Vorschulkinder und Achtgeben auf ein Kleinkind gleichzeitig ist schier unmöglich. Sobald ich alle kurzzeitig versorgt habe und mich endlich selber hinsetze, um mich in diverse Programmierungen reinzudenken, steht der Erste schon wieder da und ist mit seinen Kram fertig/hat eine Frage/braucht ne Pause/hat Hunger/ macht darauf aufmerksam, dass die Jüngste sich mal wieder die Windel selber ausgezogen hat usw. Heißt also, alles, was jetzt an Zeit verloren geht, wird am Nachmittag hinten angehangen, oder alternativ am Abend, so dass meine Kinder mich zwischendurch wenigstens mal woanders erleben als nur am Laptop. Der Mann kommt zum Glück trotz allem mittags schon eher heim als sonst, um wenigstens zu kochen und ein wenig Kinderbetreuung zu übernehmen – bis dass er nach anderthalb bis zwei Stunden wieder weg muss. Aber ich bin so dankbar, momentan die Mädels in der KiTa zu haben, wenigstens von 8.00-12.00, obwohl wir sonst Ganztagsplätze haben, und der Große in der Schule in die Notbetreuung gehen kann. Denn das oben Beschriebene ist KEIN ZUSTAND!!!

  8. Corinna sagt:

    Danke für diesen Report.
    Das betrifft alle Familien, in denen die Erziehungsberechtigten Vollzeit arbeiten derzeit. In einer arbeitsteilig organisierten Gesellschaft, die Frauen als die Stille Reserve in die Arbeit bringen wollte und will – Wer das Argument nicht mitgeht, lese sich noch mal die Gesetzesbegründung für § 24 SGB VIII durch.
    Und ich könnte jedes mal schreien, wenn in dem derzeitigen Verordnungen auf home office als Lösung verwiesen wird. Für Familien in denen alle Erwachsenen Vollzeit arbeiten, ist home office das Problem, das direkt in den Burnout führen muss. Aus genau den in diesem Artikel geschilderten Umständen heraus. Und der mit der gesellschaftlichen Gleichgültigkeit verbundenen Hoffnungslosigkeit.
    In stiller Verzweiflung
    Corinna
    PS: Für die, die jetzt nach einer Mutter- Kind- Kur suchen: die Plätze waren schon vor Corona bis November ausgebucht…

  9. Vic sagt:

    Danke für diesen Beitrag. Ich habe mittlerweile Depressionen, ich bin am Ende. Und in Behandlung.
    Seit Wochen versuche ich einen Auftrag fertig zu schreiben. Keine Betreuung hier. Kinder 1 und 4. Wir arbeiten beide wie ihr. Bayern hat noch zu.
    Ich würde gern was dazu schreiben auf dem Blog, vllt schaffe ich es. Es geht gerade nur „einfaches“…
    Danke nochmal. Den Beitrag leite ich weiter…
    Lg

    • Johannes sagt:

      Ich bin Vater eines 5-und 9-Jährigem, es ist ein Riesenunterschied, zumal wir aus der Hamburger City in die grüne Vorstadt gezogen sind. Für mich war die Zeit vor Corona oft noch anstrengender! Wir hatten wegen unseres Umzugs keinen Kitaplatz in der Nähe bekommen, ich musste den kleinen in eine weit entfernte Kita egal ob Fahrrad, Bus oder Auto: ich brauchte täglich 3 Stunden allein für Hinbringen und Abholen, wenn der Kleine keine Lust hatte auch mal mehr. Ich musste ihn manchmal anbetteln mitzukommen, hatte Schweißperlen auf der Stirn, wenn ich ein Kundenmerting in der Stadt hatte. Ich habe meinen Kunden in den letzten Jahren nie erzählen können, dass ich für 70 % der Care-Arbeit zuständig bin. Heute lächeln meine Kunden wenigstens verständnisvoll, wenn mal ein Kind durchs Bild huscht, früher habe ich mich im Klo eingeschlossen, um seriös im Office zu wirken! Meine Frau ist im Schuldienst und oft bis Nachmittags in der Schule, danach Stundenvor/Nachbereitung, Korrekturen, Elterngespräche etc. Ehrlich gesagt: ich war zunächst genervt von vielen Eltern, als sie nach 3 Wochen schon „schlapp machten“, viele erlebten meinen gewöhnlichen Alltag! Inzwischen ist meine Einstellung dazu aber eine andere und ich finde es skandalös, wie die Gesellschaft die Misstände einfach so zulässt. Wir brauchen eine Elterngewerkschaft! Wir sind zu einem systemrelevanten Industriefaktor geworden, der maßgeblich dazu missbraucht wird, die wirtschaftlichen Folgen von Corona abzufedern. Wir müssen uns professionell organisieren. An dieser „Gewerkschaft” darf dann in Zukunft keine arbeitspolitische Entscheidung mehr vorbeidirigiert werden, und: wir müssen auch zum äußersten Mittel greifen: dem Arbeitsstreik. Es ist skandalös, dass fundamentale Arbeitsschutz-Rechte im Homeoffice fundamental unterlaufen werden dürfen!

  10. Anne sagt:

    Zwei Schulkinder und ein Baby hier. Bin zwar in Elternzeit, aber trotzdem völlig fertig. Jede Minute, die das Baby schläft, wird von den Großen in Anspruch genommen, von denen der Fünftklässler unglaublich viel für die Schule machen muss und auch viel Hilfe dabei braucht. Wenn er alles alleine verstehen würde, bräuchte man ja auch keine Lehrer… Der Zweitklässler hingegen hat kaum Arbeit, sodass er den Bruder von den Schularbeiten abhält. Also suche ich ihm zusätzliche Schulaufgaben raus (er denkt sie kommen vom Lehrer), damit er auch beschäftigt ist. Mann arbeitet viel, kommt aber zum Mittag nach Hause. Kann keine Dienstreisen machen, steht aber mitten in der Nacht auf, um Gespräche mit anderen Kontinenten zu führen. Ich stehe nachts mehrmals für s Baby auf. Bin eigentlich zusätzlich zur Elternzeit noch selbständig, schaffe aber eigentlich gar nichts und gerate langsam in Panik, weil ich im Herbst Abgabetermin für ein großes Projekt habe. Und für Herbst hatte ich übrigens auch meinen ersten Urlaub ohne Mann und Kinder seit elf Jahren geplant. Tja. Ich könnte heulen und ich habe es auch schon öfter getan.

  11. Julia S. sagt:

    Ich habe mich in vielen Situationen wieder erkannt, vor allem bei „nicht Trinken, nicht Essen, kein Klo“ und nachts grübeln… Ich bin mittlerweile wegen Burnout krank geschrieben. Mein Job war schon vorher sehr stressig und einnehmend und nach 2 Monaten Homeoffice mit 2 Kindern hat mein Körper angefangen zu streiken, und es geht wirklich gar nichts mehr. 🙁

  12. Käthe sagt:

    Die Situation bei uns zeigt sich wie folgt:
    3 Kinder (10 Jahre, 4. Klasse, 6 Jahre, 1. Klasse, 4 Jahre, Kindergarten)
    Mann normalerweise Vollzeit beschäftigt, Werktags 3-4 Tage garnicht zu Hause, zu Beginn der Coronazeit Vollzeit Homeoffice, später dann 100% Kurzarbeit, ab nächster Woche wieder Homeoffice mit teilweise 1-2 Tagen weg von zu Hause.
    Bei mir Teilzeit 50% beschäftigt auf 4 Tage die Woche verteilt. Keine Möglichkeit zum Homeoffice.
    Zu Beginn hat mein Mann also zeitgleich Homeoffice, 1. Klasse Unterricht, 4. Klasse Unterricht und Kindergarten am grossen Esstisch abgehalten und das Montag bis Donnerstag – Wochen lang. Zudem war er natürlich noch für die Nahrungsaufnahme, Pausenbespassung, Streitschlichtung, Konzentration, usw.. zuständig. Ich war jeden Morgen froh auf Arbeit gehen zu dürfen und dankbar, dass er es so strukturiert und konsequent angegangen ist. Von unserer Grundschule kam leider wenig, bzw. nicht mehr als ein riesen Stapel Arbeitsblätter für beide Großen.
    Nachmittags hab ich dann die Kids übernommen und mein Mann hat sich ins Büro zurückgezogen, Videokonferenzen, endlich ungestört Arbeiten.
    Gott sei Dank, war das Wetter super. Also raus mit den Kids auf den Hof, in den Garten. Auf mich wartete das Geschirr vom Frühstück, Mittagessen und den vielen Pausen zwischendurch (Haben Eure Kinder auch so viel Hunger? Unsere Futtern gefühlt nur noch seitdem sie zu Hause sind). Außerdem sieht es jeden Tag im ganzen Haus aus, als wäre ein D-Zug durchgefahren, das Wohnzimmer mutierte zum Spielzimmer, der Wäscheberg wächst und ich komme einfach nicht hinter her. Dazu das übliche im Haushalt, Großeinkauf (5+2 für Oma und Opa auch, denn Opa ist Hochrisikopatient) und was um Himmels Willen soll ich schon wieder kochen! Nach kürzester Zeit stürmt der erste schon wieder ins Haus, zum Essen, Petzen oder um zu Betteln (auch wenn wir noch so sehr versuchen alle Fernbedienungen, Tablets und Smartphones zu verstecken, unsere Kinder finden sie überall und kennen mittlerweile jeden Code).
    Erklärtes Ziel: Abendessen und ab ins Bett. Meistens reicht die Energie noch nicht mal, um noch einen Videochat mit Freunden abzuhalten. Es zieht einen nur noch auf die Couch, Feierabend!
    Mit der Kurzarbeit hat sich eigentlich nicht viel verändert, außer dass mein Mann nun weniger Druck hat. Dafür wurde es immer schlimmer, die Kinder noch zu den Schularbeiten zu motivieren. Der Kleine wollte garnicht mehr am Tisch sitzen, der Mittlere konnte sich aber nicht konzentrieren, wenn der Kleine im selben Raum spielt… zudem wollte der Mittlere 1. Klässer auch keine Arbeitsblätter mehr beackern! Arbeitsverweigerung und das zurecht! Von den Lehrern unserer Schule weiterhin leider kein Engagement, keine Ideen, keine Unterstützung.
    Die Große hat 3 Stunden Schule jeden Tag, Die Liste der Vorschriften ist lang! Im Schulbus dagegen gibt es nur eine Regel – Mundschutz! Interessant, die Abstandsregel kann hier leider nicht umgesetzt werden, da müssten am Ende ja mehr Busse fahren!! Aber Schule geht nur bis 10.30 Uhr, da die Kinder nicht auf den Pausenhof dürfen – wegen der Abstandsregelung…?
    Okay weiter geht’s. 2 Wochen vor Pfingsten darf auch der Mittlere wieder in die Schule (2 Tage die Woche für 3 Schulstunden)! Nein, helfen kann die Lehrerin ihm nicht! Es gibt weiterhin nur Arbeitsblätter! Wenn er nicht mitarbeitet, muss er die Zeit absitzen. Ich soll ihm klar machen, dass er mitarbeiten soll. Er versteht die Welt nicht mehr! Er mag nicht mehr! Die Motivation und Freude an der Schule, die im ersten Halbjahr ganz groß war, scheint verschwunden. Ich kann ihn irgendwie verstehen. Daheim wird der Kampf immer größer und ich rate meinem Mann keinen Druck zu machen. Dann lernt er halt weniger, Hauptsache es geht ihm gut. Der Austausch mit anderen Eltern ist enorm wichtig, dann merkt man erstmal, dass nicht wir und unsere Kinder falsch ticken, sondern das System! Der Frust wird immer größer und am liebsten würd ich anfangen alle Eltern der verschiedenen Chatgruppen aufzuwiegeln und auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren! Aber die Energie fehlt und wer hört und sieht uns denn hier in unserer Kleinstadt??
    Ab Montag geht’s nun weiter mit Schule für beide Großen, dann aber für beide nur noch jeden zweiten Tag, dafür 4 Schulstunden, Pause geht nun doch. Die Kurzarbeit endet auch am Montag, mein Mann muss auch mal wieder 1-2 Tage weg.
    Jetzt reicht‘s, ich zieh den systemrelevant-Joker!
    Das es den überhaupt noch braucht, finde ich eine riesen Frechheit!! All die anderen haben schlichtweg Pech gehabt! Sie müssen arbeiten? Systemrelvant? Nein? Alleinerziehend? Nein? Pech gehabt, kein Anspruch auf Notbetreuung! (Sorry, bei dem Punkt, könnt ich mich echt reinsteigern).
    Nun gut, um zum Ende zu kommen, ab Montag haben die Großen Schule und Mittagsbetreuung bis um 13 Uhr im Wechsel mit Notbetreuung an den anderen Tagen. Wie gut sie für die Schule arbeiten, wird man dann erst sehen, aber jetzt heißt es nur noch die Wochen bis zu den Sommerferien zu überbrücken. Der Kleine geht bis 13 Uhr in den Kindergarten. Dann macht mein Mann Pause, Mittagessen und ich übernehme wieder nach meiner Arbeit. Ob es uns wirklich entlastet oder ob wir uns da vielleicht doch zu viel Hoffnung machen, wird sich erst nächste Woche zeigen.
    Danke fürs „zuhören“! Haltet durch! Und lasst uns gemeinsam den Mund auf machen und aufklären, wie es wirklich läuft!

  13. Le0 sagt:

    Hallo, ich hab dir unseren Tagesablauf mal per mail geschickt

    @VIC, uns geht es genauso. Wir leben auch in Bayern. Unsere sind 1 und 3. Ich fühle mit dir. Hatte heute auch einen Zusammenbruch gehabt an dem ich mitten im Spaziergang mit den Kindern mich hinlegen musste und auf einmal nicht mehr aufstehen konnte. Schätze ich werde am Montag mit dem Arzt sprechen. Die Hoffnungslosigkeit ist fatal und hat bei mir auch die schwerwiegenden Burnout Symptome ausgelöst.

    Ich denke wir werden unsere Konsequenzen daraus ziehen müssen. Das ist es nicht wert die Gesundheit zu ruinieren! Nur weil ein paar betagte Wichtigtuer der Meinung sind das wäre doch alles machbar. Ist es nicht!
    “Anstrengend, aber Machbar” das ist der Alltag mit zwei VZ Eltern unter normalen Umständen. Aber mit Corona… Burnout garantiert.

    Bei uns hängt die Existenz mit dran. Ich werde mich sobald es vorbei ist umorientieren und schauen das ich zumindest aus Bayern rauskomme. Es gibt genug Länder in denen Vereinbarkeit funktioniert. Ich will meiner Tochter nicht in 15 Jahren erklären, das sie Familie nur haben kann, wenn sie einen Mann heiratet der reich genug ist.

    Ich sehe leider nicht das sich in der Gesellschaft was ändern wird. Berufstätige Mütter standen vorher schon im Regen, das wird sich mit Corona nicht ändern. Nicht mal jetzt kriegen sie es hin dran zu denken das es noch etwas anderes als Alleinverdienerfamilien gibt.

    Sie sind es nicht Wert. Diese Gesellschaft ist die Steuergelder und Opfer von berufstätigen Müttern einfach nicht wert. Sie wissen es nicht zu schätzen, sie beschimpfen und belächeln uns dafür. Wir müssen uns um die KiTa Plätze prügeln und werden dabei noch als Rabenmütter bezeichnet, wenn wir es 5min vor Schließzeit gehetzt zum abholen schaffen. In der Schule sind wir der Schreck aller, weil wir keine perfekten Kuchen zum Basar mitbringen. Werden als Egoisten und Karrieretussis verschrien. Obwohl es für Frauen nachweislich doppelt so schwer ist Karriere zu machen und wir dreimal so viele Steine in den Weg gelegt bekommen werden, als Männer. Wozu also?
    Weil man sich hier um die Schwachen kümmert und sie schützt? Das mag bei Corona für die Alten gegolten haben, aber seit Jahrzehnten lassen wir Alleinerziehende und Kinder aus sozialen Brennpunkten versauern…
    Ich komme selbst aus einer schwierigen Familiensituation, Corona hätte ich mit 4 Monaten lockdown garantiert nicht überlebt.

    Ich hab immer dran geglaubt, immer versucht das was schief lag irgendwie zu ändern. Trotz der sexistischen und rassistischen Scheiße die mir hier tagtäglich begegnet. Seit ich Kinder habe ist es nur noch ein einziger Kampf und ich habe es so satt mich zu rechtfertigen. Egal für was.

    Ganz ehrlich Mädels, alle die ihr hier was geschrieben habt, lasst euch eines gesagt sein: Ihr leistet Gerade einen Höllenjob und macht jedem CEO und weißte-nicht-was Konkurrenz in Belastbarkeit, Krisenmanagement, Weitsichtigkeit, Ökonomie und Führungsqualität. Wir alle Tragen das Potential in uns, dieses Land zu einem besseren Land zu machen und unsere Kinder zu starken Mitgliedern dieser Gesellschaft. Wir werden das auch tun, selbst wenn uns der Staat dabei komplett im Stich lässt!

  14. Julie sagt:

    Ich kann das so gut nachvollziehen. Wir sind hier mit den 5 Kindern auch komplett durch, die Kraftreserven sind aufgebraucht. Hier sind es 3 Schulkinder mit unterschiedlichen Schulzeiten, ein nicht mehr angemeldetes Kitakind und ein Einjähriger. Aber wir lassen es uns ja gut gehen….
    Deswegen habe ich neulich auch schon selbst gebloggt, wie sehr die Situation belastet. Wir hangeln uns von Tag zu Tag und hoffen auf ruhige Nächte, um irgendwie an Kraft zu kommen. Bisher vergeblich.

    Fühl dich also ganz fest gedrückt. ♥️

  15. Ines sagt:

    Eine Mutter-Kind-Kur?! Die habe ich schon vor Corona beantragt und genehmigt bekommen. Im April 2020 sollte sie stattfinden – verschoben wegen Corona auf März 2021. Bis dahin heißt es durchhalten, irgendwie.
    Ich arbeite 60%, normalerweise 5 Tage pro Woche im Büro. Mein Mann 100% im Außendienst ohne Aussicht auf Homeoffice. Wir sind beide angestellt. Unsere Kinder sind Vorschulkind und Drittklässler.
    Seit Corona zerreiße ich mich täglich und fühle mich doch tagtäglich gescheitert. Ich versuche allen gerecht zu werden und bleibe selbst auf der Strecke. Arbeiten klappt am Stück im 2,5 Minutentakt. Ich weiß das, denn die Stoppuhr neben mir lügt nicht. Dann gilt es den nächsten Streit zu schlichten. Der Große soll Arbeitsblätter machen während dem Kleinen altersgerechte Spielgefährten fehlen. Ersetzen kann ich weder die, noch einen Lehrer.
    Die Motivation meines Schulkindes ist am Boden. So bin ich täglich Motivationscoach wider Willen. Aber es muss sein, damit
    er nicht Schule verlernt. Dabei fehlt auch mir nach 13 Wochen die Kraft.

    Technisch ist unser Haushalt gut ausgestattet. Aber hat schonmal jemand 3 Videokonferenzen zeitgleich auf 2 Systemen gestartet? Das ist Stress pur.

    Immerhin, es gibt einen Lichtblick: Ab kommender Woche geht mein Vorschulkind wieder täglich von 8-14Uhr in die Kita. Mein Schulkind 7 Tage später vermutlich wieder in seine Ganztagsschule. Ich persönlich werde dadurch die Luft zum Durchatmen bekommen. Für ganz viele andere Familien ist diese Entlastung noch weit entfernt. Ob meine Akkus wieder aufgeladen sind bis zu einer möglichen 2. Welle oder bis zu unserer Kur – wir werden sehen.

  16. Katharina sagt:

    Hier nur 1 Erwachsene plus 1 Vorschulkind. Aber ich bin auch mit Nerven und Kräften am Ende. Was mich noch zusätzlich fertig macht: strenge Blicke der Erzieher, wenn das Zeitfenster nicht genau eingehalten wird oder das Kind den täglich selbst mitzubringenden Sonnenschutz heute eben nicht dabei hat, weil 20 Dinos in den Rucksack mussten und ich nicht aufgepasst hab. Dass die 2-3 willkürlich verteilten Betreuungstage und meine zugeteilten, wöchentlich wechselnden 2 Bürotage nur im Glücksfall zusammenpassen. Dass die Betreuungszeiten nur kurz sind und null zu meinen Arbeitszeiten passen, so dass ich sie manchmal nicht wahrnehmen kann, weil ich die Fahrzeiten nicht unterbekomme. Dass alle von allen Seiten an mir zerren und mir immer nur Defizite aufzeigen (zu spät, zu langsam, schlecht priorisiert, x vergessen) oder blöd grinsend fragen „wie schaffst Du das nur“, ohne zu wissen was „das“ eigentlich alles beinhaltet.
    Mein typischer Tag so im Moment? Ich stehe gegen 5:30 auf, versuche etwas Haushalt zu machen oder vorzuarbeiten, je nachdem, wo es mehr brennt. Kind wecken und aus dem Haus bringen dauert ca 90min, denn sie kann morgens schlecht raus (kein Wunder, sie schläft auch nie vor 23:00 ein, da hätte ich wohl etwa strenger sein sollen, wie man mir ja seit Jahren nahe gelegt hatte, haha). Hin-und rücksausen, auf dem Rückweg schon wieder telefonieren, keine Mittagspause (sonst fehlen die Stunden), dann wieder abholen (unterwegs TelCo, Anschiss von der KiTa „können sie nichts wenigstens beim Abholen mal das Handy wegtun!?“), Essen besorgen (Kind isst aus Prinzip leider nur wenige, ganz spezielle Dinge und offenbar fast nichts im Kindergarten und ist nach ein paar Stunden KiTa immer vollkommen verhungert und unterzuckert -> übrigens ein echter Gute-Laune-Garant (Not!)), spielen/plaudern/etwas Normalität für sie schaffen & dann vorm Fernseher parken, weiterarbeiten.
    Geordneter Tagesablauf? Fehlanzeige, wir waren 8 Wochen ganz allein zu zweit und die einzigen Menschen, die wir sahen, waren der Hermesbote und der Herr von Rewe-Lieferdienst. Jetzt sind wir vollkommen fremdgesteuert durch die zugeteilten Betreuungszeiten, die ich verzweifelt versuche, zu nutzen, um mal ohne Dino-Gebrüll und Sirenengeheul arbeiten zu können.
    Ich sende eine dicke, virtuelle Umarmung an alle Mütter und Väter, die hier Heldentaten vollbringen und wünsche uns, dass wir die restlichen Tage und Wochen noch durchhalten. Und ich wünsche uns Kraft, eine Lobby zu bilden! Wir sind viele!

  17. Daniela sagt:

    Daniela Zwillinge 7 Jahre einer davon gehbehindert mit Pflegegrad 4
    ( verheiratet Ehepartner Vollzeit im Homeoffice ich 12 h Angestellte derzeit im Homeoffice)

    – 6:45 aufstehen – Homeoffice ( Zwischendurch mit Zwilling B auf Toilette – da er ja nicht allein gehen kann )
    – 8:45 Kinder aufwecken, anziehen ( zumindest Zwilling B ). Frühstück
    – 9:45 Homeschooling ca 2 h mit allem Gemotze Diskussionen über die Menge der Arbeitsblätter etc. (
    – 11:45 Kinder vor dem Fernseher parken ( Pippi Langstrumpf, Maus, Pumuckl etc kennen wir jetzt in und aufwändig ) währenddessen Homeoffice( oft Telefonate da die Kollegen morgens 6:45 nicht wirklich Verständnis für Anrufe haben ) – zwischendurch mal Toilettengänge etc
    – 13:00 Uhr Mittagessen kochen ( irgendwas schnelles ) und essen…
    – 14:00 Kinder spielen, fahren in der Spielstraße Fahrrad Mutter macht Haushalt etc..( zwischendurch immer wieder Assistenz für ein Kind was selbst nicht laufen kann, sich nicht selbst aufs Fahrrad – Therapiedreirad setzen kann ) .
    – ca 16:00 kleiner Snack – danach Übungen durch Papa oder/und mich da Therapie normalerweise in der Schule durchgeführt wird und damit seit Mitte März nicht mehr stattfinden.
    – – ca 18:30 Abendessen, Sandmann, Dusche, zu Bett bringen, vorlesen …
    Ca 20:00 Abendessen für die Erwachsenen kochen und gemeinsam in Ruhe essen und reden…( Reste gibts am nächsten Tag zu Mittag )

    Danach noch Wäsche zusammenlegen, verteilen etc… dann Feierabend

    An einem Tag die Woche sind die Kinder von 8 bis 12:30 in der Schule und wenn ich meine Wochenstunden voll habe, fahre ich morgens gleich sieben Uhr einkaufen, da Woche Einkauf mit zwei Kindern schon vor Corona chaotisch war…

  18. Galina sagt:

    Wahnsinn! Ich danke dem glücklichen Zufall das ich auf deinen Beitrag gestoßen bin.
    Auch wir leben als Familie ein dankbares Corona Leben und dennoch ist es wahnsinnig anstrengend.
    Zwischen Breakdown und Trotzphase:
    Mein Mann (34, 100% am arbeiten im Büro!), unsere zwei Kinder (3 Jahre und mittlerweile 6 Monate – bei lockdown gerade mal 10 Wochen alt) und ich (35, Elternzeit – gewollt sind 10-15stunden Teilzeit in Elternzeit wegen Hauskauf). Unsere glückliche Situation meiner Elternzeit ist das Pech unserer Kinder. Jawoll, denkt sicher der ein oder andere, keine Existenzangst, kein diskutieren mit dem Arbeitgeber, dafür 24/7 Zeit für die Kinder. Ja ich mache das gerne, aber die 3 jährige hat auch Freundinnen die sie vermisst. Sie hat keine Notbetreuung und keinen Kitaplatz! Ihr fehlt der Input von anderen Kindern! Wir können das zu Hause nicht dauerhaft kompensieren. Stattdessen ist das Stresslevel hoch und die Nerven runter.
    Die Elternzeit hatten wir angemeldet um der kleinen einen guten Start ins Leben zu geben und nicht damit sie nebenher läuft, während ich Höhlen baue, Picknick mache und mir Bastelprogramm ausdenke. Ja wir sind privilegiert. Wir haben keine Geldsorgen aktuell und sind gesund. Trotzdem kann ich nicht mehr. Kinder spüren das. Normalerweise bin ich lustig, kreativ, spontan und liebevoll. Aktuell bin ich müde und antriebslos. Ich will nicht, das jemand denkt ich müsste die Kinder betreuen lassen um klar zu kommen aber heißt es nicht: um ein Kind groß zu kriegen braucht es ein ganzes Dorf? Hier ist kein Dorf, hier sind zwei müde Eltern und zwei Kinder die zu kurz kommen. Traue ich mich das zu sagen? Hier das erste mal. Weil ich immer ein schlechtes Gewissen habe, gegenüber Eltern die Alleinerziehende sind oder Geldsorgen haben. Denen es nicht so gut geht. Aber wer entscheidet wem es gut und wem es besser geht? Habe ich nicht ein Recht auf mein Jahr Elternzeit? Eigentlich ist jeder Tag eine 24 Stunden Telefonkonferenz bei der man hoch konzentriert das Unternehmen vor dem Konkurs retten muss. Hat man nicht alles auf dem Radar bricht alles zusammen.

    3.00 morgens: die kleine will spielen… im Familienbett eine Katastrophe. Ich stille obwohl ich das schon x mal gemacht habe und weiß sie hat garantiert keinen Hunger.
    4.00: die kleine schläft wieder dafür wirft sich die grosse hin und her, jetzt nichts falsch machen sonst ist die Nacht vorbei. Fenster zu damit die Tauben nicht in die Träume aller Vordringen.
    5.30: die kleine kommt noch mal und muss auch noch gewickelt werden mit Glück schläft sie wieder ein
    6.00: der Wecker von meinem Mann klingelt – er muss Übungen für seinen Rücken machen. Nimmt die kleine die ihn fröhlich angrinst mit. Ich döse ein bis ich höre wie sie brüllt. Stehe auf hole sie mit in die küche.
    6.30: die große ist auch wach will auf dem Sofa kuscheln. Die kleine zieht ihr an den Haaren, mein Mann wünscht sich Kaffee und ich will duschen…
    7.30: bis auf die große sind alle halbwegs angezogen, es gibt Frühstück.
    8.00: ich Düse in den Supermarkt. Wocheneinkauf mit zwei Kindern ist die Hölle. Also schnell bevor mein Mann zur Arbeit muss. Wer weiß was man so als Familie braucht wird über den Begriff „schnell“ lachen…
    9.00: mit Glück läuft eine Maschine Wäsche. Der Einkauf wird weggeräumt. Die kleine war noch mal eingeschlafen ist jetzt aber wach. Also spielen mit ihr und der grossen. Irgendwie versuchen dem Altersunterschied dabei gerecht zu werden. Der Mann auf der Arbeit. Die große will spielen, oder wenigstens ein Buch lesen. Ich habe aufgegeben sie anzuziehen. Das kann man machen wenn man wirklich raus will.
    11.00: Brei kochen für die kleine den sie nicht essen wird. Warmes Essen für die Große nebenbei. 10 mal schon vertröste, gleich spiele ich mit ihr alleine. Gleich heißt: nach dem kochen, nach dem füttern, nach dem Wäsche aufhängen, nach dem Mittagessen für die große, nach dem ins Bett bringen der kleinen für den Mittagsschlaf… dann können wir spielen. Vielleicht auch später.
    Das Chaos muss irgendwann anders beseitigt werden.
    12.00: die kleine wollte nicht lange schlafen. Dafür aber auch spielen. Ich liege zwischen Spielebogen und playmobil auf dem Boden und erinner mich das ich mir einen Kaffee gemacht hatte. Um 7. wo ist der? Hauptsache Kaffee… egal ob er kalt ist. Und hab ich der kleinen eben ausversehen die Kanonenkugel vom playmobil gegeben oder ist die irgendwo hin gerollt?
    12.30: auch hier klingelte die Post. Aber nicht für den Nachbarn. Die Kinder brauchen Sommersachen. Es soll warm werden und sie wachsen. Während ich zur Tür gehe macht die große pipi. Leider nicht ins Klo… ist es Trotz oder einfach nur mal passiert? Ich weiß es nicht. Klamotten wechseln. Falsches Tshirt… Wutanfall. Die kleine lacht die große flippt völlig aus. Wo ist Papa? Ich packe die neuen Sachen aus. Warum sind die schönsten Sachen immer für das Baby? Ich gebe auf…
    14.30: die Krise das die kleine schönere Sachen bekommen hat ist weg ignoriert. Der Mann kommt heute später, er hat Telefonkonferenz. Schade ich hatte gehofft er bringt was zum Essen mit. Ich habe seit heute morgen immer abwechselnd ein Kind im Arm. Auf dem Klo, beim Essen, beim Wäsche holen. Wir wohnen im zweiten Stock die Wäsche steht im Keller. Kein Fahrstuhl. Ich bin fit, immer sportlich gewesen. Sport schadet nie aber ständig mindestens ein Kind von oben nach untern schleppen geht an die Substanz. Die große will jetzt auf die Terrasse. Wasser spielen. Ich Schleppe drei Gießkannen raus. Der Rücken zwickt. Hinlegen ist nicht. Die Wohnung sieht mittlerweile aus wie ein Tretminenfeld aus playmobil, Duplo, Kuscheltieren und Bastelarbeiten. Irgendwo war doch mein Handy, und hatten wir nicht auch Kleber offen?
    15.00: die kleine ist beim stillen eingeschlafen, kurze Verschnaufpause im
    Sessel. Bis die große brüllt weil sie auch auf den Schoß will. Also beide Kinder auf den Schoß. Die kleine zieht an den Haaren. „Mama die geben wir zurück“
    17.00: die große hat eine Weile alleine gespielt, ich konnte Abendessen zaubern. Die kleine derweil in der Trage. Geschlafen wird heute nicht mehr. Ich hatte Zeit für einen warmen Kaffee.
    17.30: es gibt essen. Für die Kinder. Einer schmiere ich Brote, parallel gibt es Brei für die andere. Rohkost wird auch nebenbei geschnippelt. Ich esse später.
    18.00: langsam geht es Richtung Bett. Ein Wutanfall folgt dem Nächsten und es muss viel getröstet werden. Heute haben wir es nicht nach draußen geschafft. Ich weiß auch nicht wie. Ich bin zu müde. Ich will schlafen. Meine Eltern anrufen sie sollen kommen und die Kinder mal einen Tag nehmen..
    Haare bürsten, Zähne putzen, waschen, Schlafanzug. Mein gut gelaunter Ehemann kommt rein.
    18.45: ich will heulen, er will essen. Die Kinder wollen kuscheln und bitte noch kurz spielen. Ein allerletztes Mal. Ich lege mich mit der kleinen hin. Bin dankbar für die Ruhe. Die große kommt mit ihrem Fläschchen nach dem Sandmann dazu und kuschelt. Es war ein schöner Tag sagt sie. Na immerhin.
    19.00: aufräumen, putzen, Wäsche machen, essen, sofa, augen zu. Ach nein besser nicht, um spätestens 21h will die Kleine gestillt werden. Vielleicht früher vielleicht später. Und dann alle zwei bis drei Stunden…

    Nicht erwähnt sind hier die kleinen Unfälle: verschüttete Wassergläser, breischüsseln am Boden, Pippi in der Hose usw.
    Auch ausser acht gelassen, dass man immer mal wischen muss, wickeln, trösten, aufs Klo gehen, trinken, Klamotten wechseln…

  19. Tamara sagt:

    Tja, würde sagen, wir sitzen da alle im gleichen Boot 🙂 Wobei wir noch Glück haben, 2 ERW, 1 Tochter (2 J.). Homeoffice ist ganz klar eine rießige Herausforderung derzeit. Ich habe noch das Glück der freien Zeiteinteilung, d.h. ich arbeite wenn sie Mittags schläft ca. 2 Std. und Abends ab 19 Uhr nochmals. Wobei man da trotzdem oft auf dem Zahnfleisch daher kommt :-/ Durchschlafen tut unsere Kleine leider noch nicht und ist auch so tagsüber sehr aktiv. Aber wenn der Schlafmangel nicht wäre, wäre es gar nicht so schlimm. LG, Tamara

  20. Maren sagt:

    Meine Kollegen bewundern, dass ich durchhalte. Ganz ernsthaft? Ich hab ja auch keine Wahl…
    05.30 aufstehen, da mein Mann auf dem Bau arbeitet (40h Woche, kein Homeoffice, keine Kurzarbeit).
    06.00 ist er aus dem Haus. Der 8-jährige frühstückt. Ich mach alles parat, um 06.50 müssen wir an der Straßenbahn sein. Denn ich habe eine 30h Präsenzwoche (in der Produktion geht auch kein Homeoffice) und muss den Kleinen mitnehmen. Räumlich ist das glücklicherweise möglich.
    07. 30 ist Arbeitsbeginn, eigentlich. Denn praktisch muss ich schon mit Engelszungen reden, damit er wenigstens mal mit 1 Aufgabe anfängt. Wenn er beginnt, koch ich mir nen Tee und weiss, das ist die letzte freie Minute… Komme wieder zu ihm und erfahre, dass alles zu schwer ist. Und zu blöd und überhaupt.
    Arbeiten kann ich etwa 5 Minuten am Stück. Dann kommt immer eine Frage. Oder ein Hilferuf „Ich kann das nicht“. Oder ein Kollege steht in der Tür, weil er was sucht. Oder der Chef selbst, weil plötzlich etwas Anderes dringend erledigt werden muss.
    Von ca 11.30 bis 12.00 ist Mittagessen angesagt. Fast immer Stulle, für mehr fehlt die Zeit.

    Wenn er mal zwischendurch 1 Woche Schule hatte, hat mein Mann ihn mittags geholt und mir gebracht. Also dasselbe Spiel nur andere Uhrzeiten.

    So, mehr muss man nicht wissen um einen Einblick zu haben. Fürs Kind läuft es okay bis gut. Für mich sehr… meehhhh… Wir kommen zurzeit noch klar. Wie lang will ich lieber nicht wissen. Es gibt keine Wahl, wir haben null Optionen. Dafür find ich, Augenringe sehen an mir auch nicht blöder aus, als bei anderen. Ist das vielleicht der Sommer-/ Herbsttrend 2020?

    An alle, die das lesen: Haltet durch! Unsere Kinder haben nur uns. Und für sie geht das. (Auch wenn ich keine Rezept habe, wie)

  21. Isabella sagt:

    Liebe Andrea,
    ich weiß nicht, welches Lastenrad ihr habt, aber es gibt Kindersitzmodelle, die auf ein Lastenrad hinten draufpassen. Falls das euren Alltag etwas entlasten könnte.
    Viele Grüße von Isabella

    • Andrea sagt:

      Also ich sags mal ganz ehrlich: Noch ein Kind irgendwo auf diesem Lastenrad und ich breche zusammen. Ja, die Dinger fahren sich gut. Aber wir haben da keinen Motor dran und Berlin ist stellenweise doch sehr viel hügeliger als gedacht. Da noch jemanden mittransportieren schaffen weder mein Mann noch ich (wir hatten die Idee auch schon. Aber wegen „nicht machbar“ wieder verworfen)

  22. Kathie sagt:

    Ich bin deinem Beispiel gefolgt. Denn wie du sagst: wir sind viele! Danke! ❤️
    https://www.weisheitundperle.com/post/explosionsgefahr

  23. Sandra sagt:

    Liebe Andrea,
    es ist wirklich unglaublich, was manche Familien derzeit leisten (müssen). Bei uns (in Österreich) ist es wieder etwas besser. Normalität kehrt schön langsam ein, Kindergärten und Schulen sind offen. Es gibt Betreuung für alle, egal ob systemrelevant oder nicht. Ich ziehe den Hut vor allen, die sich zwischen Homeoffice, Kinderbetreuung, Haushalt etc. zerreißen. Ganz klar ist für mich: Jede/r hat das Recht zu jammern, egal ob alleinerziehend, mit einem oder fünf Kindern, Vollzeit arbeitend oder in Elternzeit daheim. Jede/r kann an seine/ihre Grenzen kommen – unabhängig davon, wie die Umstände sind.
    Was mich allerdings ganz ehrlich interessiert: Auch unabhängig von Corona stelle ich mir Familienleben mit zwei Vollzeit arbeitenden Eltern sehr, sehr anstrengend vor. Das ist doch Hamsterrad pur, oder? Ich rede jetzt nicht davon, dass Frauen doch gefälligst zu Hause zu bleiben haben oder maximal Teilzeit arbeiten sollen, damit das System Familie funktioniert. Da sind definitiv beide Elternteile in der Pflicht. Ich sehe es als unsere Verantwortung als Eltern, zusammen und partnerschaftlich ein Arbeitsmaß zu finden, das mit unserem Familienleben vereinbar ist. Mein Mann und ich evaluieren immer wieder, wie viel Arbeit (und natürlich wie viel Geld) es braucht, damit wir alle halbwegs gut leben können – zwei Vollzeitstellen wären da für uns und unsere Familie eindeutig zu viel. Selbst wenn niemand krank ist, wenn kein Corona ist etc. Wir schwimmen damit eindeutig gegen den Mainstream und merken, dass es nicht immer so einfach ist, sich gegen den gesellschaftlichen Druck zu stemmen. Schließlich bedeutet weniger Erwerbsarbeit auch weniger Geld. Wenn ich sehe (oder lese), wie Familien unter dem Druck der Arbeitslast fast zerbrechen, merke ich, wie wichtig es für mich/uns ist, immer wieder die Prioritäten für uns zu klären, zu fragen, wie wollen wir als Familie leben. Natürlich ist es wichtig, dass es auch von staatlicher Seite her Unterstützung und Wertschätzung für Familien gibt – keine Frage. Aber kein Staat der Welt kann mir die Aufgabe abnehmen, für eine gute Work-Life-Family-Balance zu sorgen. Natürlich im Rahmen des Möglichen. Es braucht nun mal auch Geld, um als Familie gut leben zu können und es mag für viele (vor allem Alleinerziehende) nicht zur Debatte stehen, ob sie Vollzeit arbeiten oder nicht. Aber unsere Erfahrung ist bisher: ‚Normal’ verdienend, mit bald fünf Kindern, in der Großstadt – können wir sehr gut mit rund 50 Stunden Erwerbsarbeit (im Elternpaar) leben. Also meine Frage – ganz ehrlich, ohne Angriff und Sarkasmus: Warum tun sich das so viele an? Liebe Grüße, Sandra

    • Andrea sagt:

      Liebe Sandra,

      ich kann deine Frage nicht stellvertretend für alle Familien beantworten. Ich kann sie dir gern für uns beantworten. Zum einen arbeite ich eigentlich sehr gern. Ich liebe meinen Beruf, sehr. Er ist normalerweise auch so flexibel, dass ich ihn gut um die Kinder herum ausüben kann, also dann arbeite, wenn sie in der Kita sind und mich dann abends noch mal zwei Stunden hinsetze. Aber halt mal, nicht dauerhaft seit Monaten. Ich arbeite auch nicht immer 40h, nur im Moment eben schon. Unsere Kinder gehen auch normalerweise nicht lange in die Kita, sie beginnen gegen 9:00 und wir holen sie um 15:30 wieder ab. Das hat bis vor Corona gut funktioniert (allerdings war der Kleinste da noch nicht in der Betreuung sondern sowieso zuhause).

      Ich glaube, es ist grundsätzlich der falsche Weg, wenn Eltern sich gegenseitig immer wieder darauf hinweisen, was der/die andere doch besser machen könnte. Ich sage nicht, dass du das getan hast, aber es fiel mir im Zuge des Artikels auch wieder auf. Wenn Eltern sagen, sie sind erschöpft, dann heißt es immer: Ändere dies oder mach das. Das mag nicht immer böse gemeint sein, aber es stresst Eltern oft zusätzlich. Natürlich können manche Sachen geändert werden. Aber wir alle kennen die anderen meist gar nicht gut genug um das beurteilen zu können, wir sehen ja nur, was sie uns zeigen oder worüber sie berichten.

      Ich finde eure Einteilung toll und hoffe sehr, dass ihr euch nicht davon abbringen lasst. Wie erfährst du diesen Druck denn? Werdet ihr angesprochen? Oder sind es eher Blicke. Und woran genau stören sich andere? Finde ich auch ein spannendes Thema und ich freue mich, wenn du mehr darüber berichten möchtest.

      Liebe Grüße,

      Andrea

  24. Stevia sagt:

    Danke dir für deine Alltagsbeschreibung, sie sprach mir aus der Seele. Beim dritten Lockdown bin ich dann im Burnout gelandet, denn über Wochen / Monate nur 2-3 Stunden Schlaf, weil dafür vor lauter Arbeit (2 Vollzeitjobs, 2 Kitakids, 1 Homeschool-Grundschulkind) keine Zeit mehr war, war etwas ungesund. Musste 2,5 Monaten stationär behandelt werden – fit bin ich noch lange nicht.

  25. Aphorism sagt:

    2:30 Uhr: Kind brüllt. Der Rücken tut ihr weh. Ein Hund hat sie gebissen. Alptraum.
    4:30 Uhr: Kind brüllt. Wollte was trinken, hat das Wasser verschüttet. Bett abziehen, neu beziehen, Kind ausziehen, neuen Schlafanzug.
    5:30 Uhr: Feuerwehrmann Sam, Feuerwehrmann Sam, dafür ist er bekannt, Feuerwehrmann Sam. Die Tonie Box läuft auf voller Lautstärke. Geht mich nichts an. Ich mach die Augen zu.
    6:00 Wecker klingelt. Meine Freundin schlägt die Augen auf und schaltet ihren Rechner an. Wer früher anfängt, hat auch früher Schluss. Gleitzeit und so. Ich mache die Augen zu.
    6:10 Uhr: ich reiße die Augen auf. Ich bin eigentlich schon zu spät dran.
    6:15 Uhr. Ich bin angezogen und habe Zähne geputzt. Ich schmiere Brote und packe die beiden Boxen. Ärgere mich, dass es kein Frühstück in der Kita gibt. Warum mache ich das immer morgens? Ach ja, weil das Kind nur frische Brote isst….
    6:25 Corona Schnelltest machen, Kind wahlweise anziehen oder beim anziehen anleiten.
    6:45 Uhr: Diskussion darüber ob wir mit meinem Rad oder dem Roller oder dem Laufrad in die kita fahren.
    Ich biete einen Bonbon an, wenn wir mit meinem Rad fahren. Echt pädagogisch wertvoll….
    7:00 ich hetze in die kita. Hoch in die Garderobe. Kind zieht sich nicht aus, na gut, dann ziehe ich es eben aus. Runter in den Frühdienst. Kind will noch kuscheln.
    7:20 Uhr: ich verlasse die kita. Fuck… ich bin zu spät dran. Rase mit dem Rad the U-Bahn. Maske vergessen. Scheisse. Hab noch eine im Rucksack. Ist alt und stinkt etwas, egal.
    8:01 Uhr: ich komme in die Schule. Jetzt erstmal entspannen. Ich warte auf die Aufgabenstellung. Nächste Stunde ist klausur. Ich mache die Aufgaben und lerne die restliche Stunde für die klausur. Vorher bin ich nicht zum lernen gekommen.
    8:45 Uhr: die klausur beginnt. Handy auf Flugmodus. Ich hoffe die kita ruft nicht in den nächsten 60 min an. Ich versuche mich zu konzentrieren.
    9:15 Uhr: ich bin schon fertig. Super, dann kann ich jetzt beim Zahnarzt anrufen und den Termin verschieben und die Mail fürs töpfern schreiben und fragen, ob die noch Plätze frei haben.
    14:15 Uhr: ich hab Schluss. In den letzten Stunden habe ich versucht eine gute Schülerin zu sein, meine Termine zu managen, den Einkauf bei Rewe vorzubestellen, meinen Ex-Mann daran zu erinnern, dass er dieses Mal dran ist, Obst in die kita zu bringen. Und auch noch versucht noch etwas zu entspannen und zu lesen.
    15:00 ich komme in der kita an. Mein Kind mault mich an. Wahlweise „Ich wollte früh abgeholt werden.“ „ich wollte mit dem Roller fahren.“ „ich wollte noch spielen.“ „ich wollte die Tür auf machen.“
    15:15 zuhause. Meine Partnerin hängt die Wäsche auf. Kind will was gucken. Ich will lieber was malen oder was lesen. Kind ist sauer.
    15:30 wir spielen. Ich hasse spielen. Irgendwelche Figuren müssen mit hohen Stimmen resending irgendjemanden retten oder jemanden suchen. Ich weiß nicht. Ich habe nicht aufgepasst.
    15:51: ich kann das Kind davon überzeugen mit mir den Geschirrspüler auszuräumen.
    16:05 Uhr: Kind darf jetzt doch Fernsehen. Aber nur eine Folge.
    16:09 Akku ist leer. Kind brüllt. Ich telefoniere gerade mit dem Jobcenter. Peinlich.
    16:10 Kind hat sich beruhigt „geh weg ich kann nichts sehen“
    16:25 meine Partnerin liest das neue Buch aus der Bibliothek vor und ich schäle Kartoffeln
    Ich freue mich darüber, in Ruhe kochen zu können. Ich liebe kochen und empfinde es als Entspannung. Praktisch zwar, aber irgendwie auch seltsam, dass ich es als Me-time betrachte, wenn ich ungestört essen für die Familie mache.
    17:15 wir essen. Kind wollte nicht, dass die Erbsen auf dem Kartoffelbrei liegen und schiebt den Teller Gewaltvideos weg, so dass er gefährlich nah an den Rand des Tisches schießt.
    17:16 Kind will ketschup.
    18:00 beim Zähneputzen erzähle ich eine Geschichte über zahnteufel. Meine Partnerin räumt die Küche auf. Danach lese ich Bücher vor.
    19:00 Kind will Baby sein. Ich soll singend 17 Kilo wiegend durch den Raum tragen.
    19:30 Kind schläft. Ich packe meine schultasche. Eigentlich könnte ich jetzt ja lernen, aber ich will nicht. Ich will lieber mit meiner Partnerin reden.
    Eigentlich würde ich auch gerne an meinem Buch weiter arbeiten. Oder mal mit meiner Mutter telefonieren.
    20:00 Uhr meine Partnerin schläft ein. Ich höre einen Podcast.
    22:20 ich bin wohl auch eingeschlafen. Jetzt bin ich jedenfalls wach.
    Ich denke nach. Über meinen Wunsch nach einem zweiten Kind, über den Wunsch nach einer größeren Wohnung, die ich mir niemals leisten könnte, weil schon die 53qm hier eigentlich zu teuer für mich sind.
    Darüber, dass meine Partnerin morgen wieder weg fahren wird. In die Stadt in der sie arbeitet und ich nicht in Ruhe kochen werde.
    Darüber, dass ich morgen schon wieder eine klausur habe und in einem Monat Abschlussprüfung. Darüber dass ich dann noch eine Ausbildung machen muss. Eine die mehr Engagement benötigen wird.
    23:45 ich mache noch einen Podcast an

  1. Juni 16, 2020

    […] geht es euch zur Zeit? Wie hat Corona euren Alltag verändert? Andrea von Runzelfüßchen hatte dazu aufgerufen realistische Tagesabläufe aufzuschreiben. Macht doch gerne […]

  2. Juni 26, 2020

    […] was sehr viele Leser*innen bewegt hat. Auch mich. Nachdem ich ihren Beitrag gelesen hatte (“Jammer nicht soviel! – So sieht mein Familienalltag wirklich aus“), habe ich mir die Frage gestellt: wie geht es mir – […]

  3. September 1, 2020

    […] habe viel geschrieben über diese Coronazeit mit Kindern, hier und für verschiedene Auftraggeber. Und während ich all diese Arbeit gemacht habe, blieb […]

  4. Oktober 14, 2020

    […] Herbstferien gehofft, auf einmal durchatmen in diesem anstrengenden, kräftezehrenden Alltag. Meine Tage sehen noch immer aus wie seit vielen Monaten, extrem viel Arbeiten, nachmittägliche Kinderbetreuung von drei Kindern, nun noch die neue […]

  5. März 17, 2021

    […] flexibler setzen, aber uns wurde als Familie schnell klar: Das geht hinten und vorne nicht auf. Wir schliefen zu wenig, ich habe da ja auch mal drüber geschrieben, und waren alle irgendwie gerädert. Wir hielten uns, […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert