Papa bloggt: Begegnungen auf Spielplätzen

Sieb und Förmchen

Das Runzelfüßchen und ich gehen gerne auf Spielplätze. Wir schaukeln zusammen, meine Tochter rutscht und wir „backen Kuchen“. Manchmal gehen wir noch auf den Spielplatz, bevor es Abendbrot gibt. So blöd es auch klingt: neben Sport gibt es kaum eine andere Tätigkeit, bei der ich mich nach der Arbeit so entspannen kann. Wenn es nach mir ginge, würde ich noch viel öfter mit ihr dorthin gehen. Leider finden nicht alle Eltern Spielplätze so entspannend, sonst würde es nicht zu komischen Begegnungen kommen.

Kampf im Sandkasten um ein Sieb

Wir waren wieder auf dem Spielplatz unseres Vertrauens.  Es war so gegen 17 Uhr und meistens sind wir alleine dort. Eine Mutter kam mit einer Freundin und ihrer kleinen Tochter. Der Spielplatz war für uns alle groß genug, aber das Runzelfüßchen wollte sich das alles ganz genau anschauen. Wir hatten unsere eigene Schippe und Eimer, aber ein anderes Kind mit noch mehr Spielsachen war interessant für sie. Das andere Mädchen war vielleicht ein Jahr jünger als meine Tochter und konnte gerade sitzen. Sie hatte aber schon einiges an Sandspielzeug um sich herum verteilt. Nachdem sich meine Tochter mit einem „hallo“ vorgestellt hat, nahm sie ein Sieb des anderen Kindes in die Hand. Aber das durfte sie nicht lange in der Hand halten, weil die Mutter lautstark intervenierte. „Das ist unser Sieb!“ rief sie und nahm dem Runzefüßchen das Sieb wieder weg.

Wie sollen Kinder lernen, dass man Gegenstände auch teilen kann?

Ich war baff und das Runzelfüßchen auch. Für mich war es absurd, dass ein Elternteil Angst haben könnte, ein Plastikteil im Wert von vielleicht einem halben Euro verlieren zu können. Es waren genau zwei Kinder und drei Erwachsene auf dem Spielplatz: die Wahrscheinlichkeit, dass das Spielzeug verloren gegangen wäre, betrug Null Prozent.
Natürlich finde ich nicht ok, wenn Kinder anderen Kinder Spielsachen wegnehmen, mit denen sie gerade spielen. Das Runzelfüßchen kann leider auch noch nicht richtig fragen, ob sie etwas ausgeliehen haben kann. Sie hat auch schon gelernt, dass sie Dinge wieder zurück geben muss. Aber können die Kinder denn nicht wenigstens auf dem Spielplatz lernen, dass teilen „ok“ ist?

Der Kampf um die Schippe

Ein paar Tage später gab es einen ähnlichen Vorfall. Meine Tochter hatte auf einem Spielplatz eine herumliegende Schippe in die Hand genommen. Aber der Besitzer, ein Junge von vielleicht 5 Jahren und anderthalb mal so groß wie meine Tochter, musste sein Eigentum verteidigen. Er baute sich vor meine Tochter auf, schrie „meine Schippe, meine Schippe“ und wollte ihr sie wieder entreißen. Da gab es keine Unklarheiten. Widerstandslos wollte das Runzelfüßchen sich aber nicht ergeben und fing auch an zu schreien und hielt das Ding fest umklammert. Die Situation eskalierte und der Junge wollte sich schon auf meine Tochter werfen. Da schritt die Mutter ein und schimpfte mit ihrem Sohn.  Er hätte sich mit einem Kleinkind geprügelt, nur um seinen Besitz zurück zu bekommen – der ja nicht wirklich in Gefahr war. Mich hat nur erstaunt, wie aggressiv der eigentlich noch kleine Junge wurde, weil jemand seine Schaufel angerührt hatte. Obwohl ich glaube, dass in dem Alter vielleicht schon auch der Besitzanspruch etwas größer ist. Fraglich ist nur: Kommt das von allein, oder wurde das anerzogen?
Nachdem ein wenig Entspannung eingekehrt war, konnte ich meine Tochter auch überzeugen, dass Corpus Delicti wieder anstandslos zurück zu geben. Bei mir aber blieb die diffuse Angst, dass das Runzelfüßchen dieses Verhalten übernehmen würde. Wird sie in wenigen Jahren auch andere Kleinkinder anschreien und auf die Herausgabe ihrer Sachen drängen, ob sie damit nun spielt oder nicht?

Findet ihr auch, dass teilen auf dem Spielplatz „ok“ ist? Oder sollten Kinder nur mit ihrem eigenen Spielzeug spielen dürfen, damit kein Kind zum Teilen gezwungen wird?

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15 Antworten

  1. Anonym sagt:

    Teilen auf dem Spielplatz finde ich gut und auch ganz normal. Natürlich muss kein Kind das eigene Spielzeug, mit dem es gerade spielt hergeben, nur weil ein anderes Kind es haben will – aber generell möchte ich schon, dass meine Tochter lernt, zu teilen.

    Sie löst das immer ganz gut: Wenn sie etwas haben will, geht sie mit einem ihrer Spielzeuge zu dem anderen Kind und will tauschen 🙂

    Kinder, die ihre Sachen mit Händen und Füßen verteidigen kann ich ja noch irgendwo verstehen, aber Eltern? Sowas hab ich zum Glück noch nicht erlebt!

    Liebe Grüße, Biene

  2. Julia sagt:

    Spannende und tolle Erfahrungen! Ich finde ja auch, dass es leider viel zu viele Erwachsenen gibt, die in das Spiel von Kindern eingreifen. Kinder sollen ihre eigenen Erfahrungen auch in Hinblick auf das Teilen und Wegnehmen machen können. Meine Tochter (17Monate) liebt es momentan zu teilen, auch Dinge die ihr nicht gehören. Dinge einsammeln und jemand anderem geben ist gerade echt spannend. Ich schaue einfach am Ende darauf, dass die Dinge wieder zu ihrem Besitzer kommen und erkläre ihr auch warum ich das mache. Manchmal will ein Kind auch nicht teilen, das merkt dann aber meine Tochter ganz von selbst, denn die Kleinen können schon ganz schön direkt und auch laut kund tun, wenn ihnen etwas nicht passt. So lernt sie, dass auch nicht jeder Mensch gleich reagiert.
    Sitzen wir Eltern daneben und beobachten das Spiel, begleiten wenn es sein muss (es soll sich ja auch keiner verletzen) und sind da wenn doch mal was weh tut, dann geben wir den Kindern ihre Kompetenz zurück, dass sie ihre Erfahrungen selbst machen können.
    Neulich im Park kam ein ca 5jähriger zu mir und meinte ich soll meine Tochter davon abhalten, dass sie seine Sandfiguren kaputt macht, ich habe ihm gesagt, er kann ihr das selber sagen, schließlich will er ja was von ihr und nicht von mir. Hat er dann nicht gemacht, sondern sich bei seinen Eltern beschwert, die dann auch nichts gemacht haben. Ich habe mir nur gedacht, nehmen wir den Kindern früh ihre Verantwortung, in dem wir ihr Leben leben, müssen sie es nachher mühsam lernen. Der Kleine Bub, wird nicht immer jemanden finden, der seine Konflikte für ihn austrägt.

    Alles Liebe und viel Spaß noch beim Beobachten, Julia

  3. Sebastian sagt:

    Leider, leider habe ich solche Situationen auch sehr oft.
    Besonders dieses aggressive verhalten von Kindern wenn es um ihr Eigentum geht finde ich voll daneben. Da weiß ich auch nicht was ich machen soll. Letztens hat ein Junge (ca 4) meinen Kleinen (2) auf einem Klettergerüst einfach so, ohne Grund (ich stand daneben) angeschrien. Und die Eltern kümmerte es nicht. Da bin ich dann auch eingeschritten… (Normalerweise will ich eher das die Kinder ihre Spielplatzstreitigkeiten untereinander regeln.)

    Bei Eltern, die um die Spielsachen ihrer Kinder angst haben, fallen mir meistens irgend welche Sprüche ein die ich so vor mich her murmel.
    "Oh misst, jetzt wurdest du schon wieder erwischt… beim nächsten mal gibt es Jugendknast."
    Ich habe auch mal versucht mit einer Mutter zu diskutieren brachte nichts.

    Ich finde es schade. Ich bringe meinem Sohn bei das er (in gewissen Grenzen) teilen soll.

    Uns sind auch mal zwei (echt coole) Spielsachen "abhanden" gekommen und ich habe genau gesehen, das es du Mutter war, die es bewusst eingesteckt hat. Also sind es nicht die Kinder.

  4. Karo sagt:

    Bei uns auf dem Spielplatz wird eigentlich immer geteilt. Wir kennen uns aber auch (fast) alle irgendwie mindestens vom Sehen, weil Kleinstadt. Ich habe beobachtet, dass neue Eltern oft sehr vorsichtig sind und ihrem Kind erstmal verbieten, mit fremden Sachen zu spielen. Das finde ich doof, mit unseren Sachen dürfen alle Kinder spielen. Mein Kind spielt auch am liebsten mit den Sachen, die nicht ihm gehören. Ist halt so.

    LG
    Karo

  5. Jenni sagt:

    Ich wünsche mir so oft, niemand hätte Spielzeug dabei, weil es immer so viel Stress gibt. Und immer diese Blicke, wenn ich nicht sofort in jeden Streit eingreife. Ich finde, Kinder müssen Chancen bekommen, das untereinander auszumachen. Helfen, erklären und trösten kann man dann, wenn es nicht geklappt hat. Und sie müssen nichts abgeben, womit sie gerade spielen oder was ihnen wichtig ist, denn das können wir als Erwachsene manchmal gar nicht beurteilen. Ich lass mir ja auch nicht mein Handy entreißen. Mir persönlich hilft auf dem Spielplatz viel Atmen, wenig Kontaktaufnahme und ein Blick aus der Kinderperspektive: Meine Zwillinge sind knapp 20 Monate, da ist es einfach schwierig, im Sandkasten das richtige Verhalten an den Tag zu legen. So viele Eindrücke und fremde Kinder und Eltern und das ganze coole fremde Spielzeug.. da liegen die Nerven blank 😉
    Ich mag wirklich gerne diese Spielplätze mit Allgemeingut, wo einfach geteilt werden muss, weil es niemandem gehört.
    Wütende Fünfjährige haben meine Zwillinge auch schon des Diebstahls beschuldigt und sie damit ganz schön erschrocken. Aber Wut ist eben auch ein starkes Gefühl und das kann man mit 5 nicht immer kontrollieren. Ob anerzogen, normal oder Überreaktion ist immer schwer zu sagen (wobei manchmal das Verhalten der Eltern auch sehr aussagekräftig wirkt – einmal rief ein Vater seinem Sohn angenervt zu: "Komm da sofort runter, sonst stirbst du!").
    Es ist ein weites Feld, der Spielplatz.

  6. Warum legt man nicht einfach den Maßstab an, den auch wir Ewachsene (im Normalfall) haben? Will heißen: fragen, wenn man was ausleihen mag. Das kann ja je nach Altern und Fähigkeit auch ein Elternteil übernehmen. Wenn man gefragt wird, gern teilen. Und wenn man mal was nicht teilen mag, weil es ein Lieblingsstück ist, muss das auch akzeptiert werden. Ich zwinge ja auch niemanden, sein Handy rauszurücken. Ich finde, dass einfach was nehmen nicht in Ordnung ist – in keinem Alter.

  7. Anonym sagt:

    Schöner Bericht. Oder halt eigentlich unschön, gell?! Ich erlebe das auch häufig. Ich fühle mich am wohlsten, wenn ich mit Eltern und Kindern im Sandkasten sitze, die ähnlich eingestellt sind wie wir auch. Jeder spielt mit allem. Natürlich darf auch mal Besitz verteidigt werden und sicher wird auch mal "gezankt". Am besten klären das die Kinder untereinander, im Idealfall ohne Schreien und Weinen. Und am Ende nimmt jeder sein Spielzeug wieder vollzählig mit nach Hause.

    Ich treffe hin und wieder zufällig eine Mutter, die ihre Tochter nie mit den Sachen von meinem Jungen spielen lässt. Immer heißt es "Nein, das ist nicht deins." Und das verstehe ich überhaupt nicht. Meinem Sohn macht das gar nichts aus und ich habe dann immer ein schlechtes Gefühl, wenn er was von ihr nimmt… Aber ich sag absichtlich nix. Mag mich dem "Terror" da nicht beugen. Gibt ja wichtigere Probleme 🙂

  8. Alexander sagt:

    Hallo Biene,

    tauschen ist auch keine schlechte Strategie Deiner Tochter. Klappt das denn immer?
    Ich wünsche Dir weiterhin viel Glück mit Elternbekanntschaften auf dem Spielplatz.

    Liebe Grüße,
    Alex

  9. Alexander sagt:

    Liebe Julia,

    auch wenn es manchmal schwer fällt, versuche ich mich auch aus der Interaktion der Kinder herauszuhalten. Solange sich die Kinder (bildlichen gesprochen) nicht an die Gurgel gehen, sollte man darauf vertrauen, dass sie ihre Konflikte selber lösen können.
    Ich hoffe, dass Deine Tochter noch viel eigene Erfahrungen machen kann, ohne, dass sich Eltern zu sehr einmischen.

    Liebe Grüße,
    Alex

  10. Alexander sagt:

    Hallo Sebastian,

    euch hat wirklich eine Mutter das Spielzeug stibitzt? Das ist ja der Hammer! Was war es denn? Hast Du denn nichts zu der Mutter gesagt?
    Uns ist vielleicht auch mal was verloren gegangen, aber das war dann vielleicht ein Förmchen, was zu tief vom Runzelfüßchen eingegraben wurde.

    Viele Grüße,
    Alex

  11. Alexander sagt:

    Liebe Jenni,

    und ich dachte immer, viele Eltern haben so viel Spielzeug für ihre Kinder dabei, damit sie gar nicht in die Versuchung kommen, dass Spielzeug von anderen zu begehren. 😉

    Wir haben im Urlaub einen Spielplatz gesehen, wo alle Spielsachen auch rumlagen, wenn die Kinder nicht da waren. Ok, es war in Schweden, aber scheinbar hatte da niemand Angst, dass jemand die Schaufeln, Siebe, Eimer und Plastikbagger klauen würde. In Deutschland unvorstellbar, aber ich würde mir wünschen, dass alle Eltern (gerne auch ich selbst) entspannter würden. Das würde einige Probleme lösen.

    Liebe Grüße,
    Alex

  12. Oh, der Junge könnte an manchen Tagen auch meiner sein, der ist nur jetzt 6 Jahre alt und je nachdem wie sein Tag so war, kann er mal mehr mal weniger teilen.
    Ich beobachte, dass er mit fremden Kindern aber lieber teilt als mit seinem Bruder, wehe der nimmt ihm die Schippe weg… Ich denke und hoffe nicht, dass das anerzogen ist. Oder doch? Ich denke mir immer, das sind doch auch Kinder. Wenn ich vielleicht da auf der Bank sitzen würde und es kommt jemand, der nimmt mir einfach mein Handy weg und wenn ich mich dann beschwere, dann antwortet er: "Bekommste doch gleich wieder, stell Dich mal nicht so an, ich will nur ne Runde damit spielen…" hmmmmm na ja
    Ich sehe das recht entspannt. Meine Jungs müssen das so unter sich klären. Ich möchte aber, dass sie vorher fragen, ob sie das ausleihen oder benutzen dürfen. Das klappt ganz gut. Auf der anderen Seite akzeptiere ich aber auch, wenn sie nein sagen und mal nicht teilen wollen.
    Wer weiss wie gestresst also der Junge den Ihr getroffen habt heute schon war. Vielleicht hat er einen kleinen Bruder wie mein Löwenjunge, der ihm heute schon ständig seine Sachen weggenommen hat – dann kann ich ihn verstehen 😉
    Lieben Gruß
    Tanja

  13. Alexander sagt:

    Vielen Dank für Deinen Kommentar.
    Ich finde es auch besser, wenn man ähnlich eingestellte Eltern im Sandkasten hat. Leider kann man sich das nicht immer aussuchen. Aber ich finde es richtig, so wie Du entspannt zu bleiben.

    Liebe Grüße,
    Alex

  14. Alexander sagt:

    Liebe Tanja,

    wahrscheinlich hast Du Recht und es hängt mehr von der Tagesform, Geschwister und anderen Faktoren ab, ob ein Kind gerne teilt. Vor allem kleinere Geschwister können sehr unnachgiebig sein, wenn es darum geht, Dinge wegzunehmen. Da kann ich Deinen Sohn auch sehr gut verstehen.

    Liebe Grüße,
    Alexander

  15. Alexander sagt:

    Generell möchte Dir ja Recht gaben: alle fragen immer und niemand nimmt irgendwem irgendetwas weg. Leider ist das in der Praxis doch etwas schwieriger. Zum einen sind auf einem Spielplatz die Besitzverhältnisse oft ungeklärt. Von einem Kleinkind zu erwarten, bspw. alle 10 anwesenden Kleinkinder zu fragen, ob ihnen die Schaufel gehört und sie mit einer Ausleihe einverstanden wäre, finde ich ein wenig übertrieben.
    Zum anderen, und das finde ich viel wichtiger: die Kinder sollen ja auch selber lernen, wann es ok ist, wenn sie etwas nehmen. Natürlich kann ich das für meine Tochter erledigen, aber sie entwickelt Sozialkompetenz doch nur, wenn sie auch negative Erfahrungen machen kann. Dafür muss sie auch mal etwas wegnehmen, was ein anderes Kind vielleicht ärgert. Aber dann lernt sie ja auch, dass sie mit ihrem Verhalten negative Gefühle bei anderen Kindern auslösen kann. Und umgekehrt. Wenn ihr mal etwas weggenommen wird, dann möchte ich auch nicht sofort einschreiten. Wie soll sie sonst lernen, dass sie sich auch mal durchsetzen muss?

    Viele Grüße,
    Alexander

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