Meine Zeit ist wichtiger als deine

Runzelfuesschen Elternblog Leben mit Kind in Berlin Arztbesuch mit Baby

Ich war beim Arzt, eine Routineuntersuchung. Es war aber ein neuer Arzt, also einer den ich noch nicht kannte. Da bin ich immer ein wenig gespannt, denn ja, für mich muss, gerade bei Routinesachen, die Chemie stimmen. Denn bei speziellen Problemen toppt Fachwissen auch mal Empathie oder Freundlichkeit, aber bei einer schnöden Untersuchung, da sollte der Arzt /die Ärztin doch bitte nett sein.

Windelwechseln beim Arzt

Nun, ich war also mit Herrn Annika im Wartezimmer und es kam, was bei Babys eben so kommt: Er rumste in die Windel. Die ich natürlich wechseln wollte. Einen Wickeltisch hatte ich nicht erwartet, auch wenn im Wartezimmer viel Spielzeug lag, es ist eben kein Kinderarzt. Ich schnappte mir meinen Sohn und ein Kissen für seinen Kopf und wechselte die Windel auf der (mitgebrachten Wickelauflage) auf der Toilette auf dem Boden. So weit, so gut. Ich warf die Windel in den kleinen Mülleimer, zog meinen Sohn an, wusch mir die Hände. Und erblickte DAS Schild.

Nun gut, Windel wieder aus dem Mülleimer gefischt, zum Glück war da nichts anderes drin und mal freundlich am Tresen nachgefragt was ich denn damit jetzt machen soll. „Nehmen Sie das bitte mit. Das ist IHR Müll, den entsorgen wir nicht für Sie.“
Öhm, ok, die zartgeknüpften Bande zwischen der Arzthelferin und mir bröckelten..

„Können Sie nicht mal etwas schneller machen?“

Eine Stunde nach meinem vereinbarten Termin (großes Minus für einen Arzt der sehr selten Notfälle behandelt) wurde ich aufgerufen. Herr Annika schritt voran ins Wartezimmer. Wie der das eben so macht. Voller Stolz, mit einem breiten Lächeln das Eis zum Schmelzen bringt. Der Arzt blickte kurz auf und herrschte mich an: „Können Sie bitte ihr Tochter etwas schneller hierhertragen, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.“

 „Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit!“

Gut, dachte ich, das Wartezimmer ist nicht voll, aber ok, vielleicht hat er ja gleich noch nen wichtigen Termin und schon ewig überzogen (wir erinnern uns, ich hatte ja auch eine Stunde auf seine Audienz gewartet). Ich trug also meinen Sohn zum Stuhl und nahm Platz. Und wartete. Und wartete! Denn: Der Arzt tippte irgendwelche Berichte in seinen Laptop, wir saßen schräg zueinander und ich konnte das sehen. Ich wartete 30 Sekunden, eine Minute, einsdreißig. Ich räusperte mich.

„Ich schätze es nicht, wenn ich warten muss“

Nach zwei Minuten sprach ich ihn an: „Entschuldigung, aber in der Zeit die Sie hier schreiben, in der Zeit wäre mein Sohn viermal am Stuhl gewesen.“.
„Das mag sein, aber ich schätze es nicht, wenn ich warten muss!“ war die knappe Antwort. Dann tippte er weiter.
Na aber wie ich das schätze so von oben herab behandelt zu werden. Und wie viel Zeit ich habe, ich bin ja schließlich Mutter.
Mir entglitt also das Gesicht. Und die gute Laune.

Ich bin ja Mutter, ich habe Zeit – äh, nein!

„Wissen Sie, wo das hier eh das erste und das letzte Mal ist, dass wir uns sehen werden, da würde ich Sie doch gern darauf hinweisen, dass Ihre Zeit nicht wichtiger ist als meine. Sie machen bestimmt einen guten, wichtigen Job. Und lückenlose Dokumentation über die Krankheiten Ihres letzten Patienten sind sicher auch wichtig und wünschswert. Es freut mich ja zu sehen, dass Ihre Patienten Ihnen so wichtig sind. Aber Entschuldigung, ich habe meine Zeit nicht irgendwo geschenkt bekommen. Ich will Sie hier auch nicht mit dem Leben einer berufstätigen Zweifachmutter langweilen, das haben Sie bestimmt schon oft genug gehört oder gelesen. Aber bei aller Liebe: Mich und meinen Sohn hier zur Eile anzutreiben um dann zu erwarten, dass wir Löcher in die Luft starren und auf eine Audienz bei Ihnen warten, das ist einfach eine Frechheit. Ich möchte jetzt auf der Stelle den Routinecheckup haben und dann gehen. Mein Sohn möchte sein Lächeln an Menschen verschenken die das zu schätzen wissen und ich möchte meine Zeit nicht hier verbringen und Ihnen beim Tippen zuschauen.“

Der Arzt immerhin, das fand ich dann ja wieder beeindruckend, sagte nichts, tippte einfach noch eine Minute weiter. Dann widmete er sich kurz und präzise mir, wir verabschiedeten uns.
Es war alles gesagt. 

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7 Antworten

  1. 2KindChaos sagt:

    Uaaaah scheiße! Was du immer für bescheuerte Menschen triffst, es ist nicht zu fassen. Gut, man kann sich damit trösten, dass man etwas zu Verbloggen hat, aber es ärgert einen doch den ganzen Tag, ich kenn das auch. Aber wenigstens hast du ihm den Spruch noch gedrückt. Krass!!

    Liebe Grüße, Frida

  2. Anonym sagt:

    Ich hätte ihnen glaube ich noch die Kackwindel im Mülleimer hinterlassen…����

  3. Anneke sagt:

    Ohne Worte. Ich bin leider immer nie so schlagfertig. Schade, dass Deine Worte auf taube Ohren stießen. Was für ein dämlicher Vollpfosten.

  4. Majara sagt:

    Dann wäre ich ins Bad gegangen und hätte genüßlich die Windel in den Müll geschmissen
    So eine unverschämtheit

  5. Das ist echt eine Unverschämtheit von dem Arzt! Ich finde das super, dass du den Mut hattest, ihm deine Meinung zu sagen! Respekt. Viel zu oft ist man zu höflich und sagt nichts. Bleibt zu hoffen, dass deine Worte bei diesem Arzt etwas bewirken, sobald er sie hat sacken lassen!

  6. rose hip sagt:

    Krass… da hätte ich danach die Windel EXTRA in die Tonne gepfeffert.

  7. Anonym sagt:

    Unglaublich! Wo du immer solche Menschen triffst! Respekt für deinen Mut und deine Schlagfertigkeit. Die fehlt mir oft.
    Korrigierst du die Menschen, wenn sie Herrn Annika als Mädchen bezeichnen? Unsere Jungs werden oftmals als Mädchen eingeschätzt, weil sie auch rosa und pink tragen. Irgendwie finde ich es überflüssig, auf ihr Geschlecht hinzuweisen, gleichzeitig denke ich immer, dass es auch gut wäre, die Klischees in den Köpfen aufzuweichen.
    Liebe Grüße, Josefine
    Ps: das mit der Windel finde ich persönlich okay… wir haben Stoffwindeln und ich finde es auch immer erstaunlich, wie nachhaltig Wegwerfwindeln von befreundeten Kindern den Geruch unseres Schlafzimmers verändern. Die bringe ich dann schnell runter. Aber wenn man eine Praxis hat, finde ich es glaube ich okay, (freundlich!) zu bitten, die Windeln draußen zu entsorgen.

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