Kinderbuchtipps: Schwierige Themen kindgerecht erklärt

Haben eure Kinder auch manchmal so Fragen, bei denen ihr ein bißchen schlucken müsst und nicht wisst, was ihr antworten sollt? Hier jedenfalls gibt es wirklich oft Dinge, über die die Kinder sprechen möchte, und bei denen ich erst nach Worten ringen muss. Und meist wollen sie dann eh noch alles ganz genau wissen, so dass ich mir dachte: Ich schaue mal, was es so für Kinderbücher zu „schwierigen“ Themen gibt.
Die Sammlung ist natürlich wie immer nicht vollständig, aber ich glaube, sie gibt eine erster Orientierung wenn eure Kinder Fragen zum Gefängnis, zu Obdachlosigkeit oder auch Missbrauch haben.
Uuuund, die Fünfjährige hat ihr erstes Interview gemacht. Also die Fragen gestellt. Sehr spannend, ihr findet das ganz am Ende des Artikels. 

Da ich die Bücher fast alle aus der Bibliothek ausgeliehen habe, kann ich diesmal keins an euch verlosen. Aber euch den guten Tipp geben: Wenn ihr eins der Bücher kennenlernen wollt, dann bittet eure Bibliothek darum, das Buch zu besorgen. Die Menschen dort sind, so wurde mir mehrfach versichert, ziemlich dankbar für solche Tipps.

Thierry Lenain & Delphine Durand
Hat Pia einen Pipimax? Das Buch vom kleinen Unterschied

Ich habe das Buch mal aus einer Verschenkekiste mitgenommen. Und dann sehr viel später zusammen mit dem Runzelfüßchen gelesen. Erst war ich geschockt, weil Paul, die Hauptfigur, behauptet, dass nur Jungs, also „die mit Pipimax“ tolle Menschen sind. „Die ohne Pipimax“, so wie Pia, die können eigentlich nichts. An der Stelle wollte ich das Buch erbost wegschmeißen. Das Runzelfüßchen aber wollte weiterlesen. Gut so, denn sonst wäre mir ja das Beste entgangen.
Pia ist nämlich wild und laut und frech und macht lauter Sachen, die Jungs auch machen. Paul ist verwirrt und will nun unbedingt erfahren, ob Pia vielleicht doch einen Pipimax hat.
Beim Baden findet er schließlich heraus: Pia hat eine, wie sie sagt, Pipimaus. Und Paul gelernt, dass irgendwie alle Menschen gleich sind.
Wenn eure Kinder sich also brennend für Geschlechtsmerkmale interessieren und vielleicht sogar Stereotypen im Kopf haben, dann empfehle ich dieses Buch.

Ceri Roberts & Hanane Kai
Wie ist es, wenn man kein Zuhause hat?
Alles über Flucht und Migration

Dieses Buch richtet sich an Grundschüler_innen, würde ich schätzen. Es erklärt an Hand von Kinderfragen, woher Geflüchtete kommen, wieso sie fliehen und wie sie eine neue Heimat finden können. Das alles ist in kurzen Sätzen erzählt und regt zum Nachdenken an. Ich würde mit eurem Kind immer nur eine Frage lesen und dann darüber sprechen. Das Buch ist eher ein Gesprächsangebot, aber ich finde, dass das gerade für Kinder ja etwas sehr gutes ist. Ihr könnt erfahren, was sie bewegt und was sie denken.
Gut finde ich die vorletzte Frage, nämlich die, ob uns das auch passieren könnte. Denn ja, das Lesen des Buches legt solche Gedanken natürlich nahe. Wieso müssen andere fliehen und wir nicht? Oder müssen wir das auch irgendwann?
(Der Rat an die Kinder ist übrigens der, dass sie diese Gedanken mit Menschen besprechen sollen, statt damit allein zu bleiben – etwas, dass ich enorm wichtig finde).
Das Buch regt sowohl Eltern als auch Kinder zum Nachdenken an, und ja, es macht auch demütig (mich jedenfalls) für das Leben, das wir führen.

John Chamber & Henrike Wilson
Neues Zuhause gesucht!

Ein Kinderbuch zum Thema Flucht, dass sich eher an die Jüngeren wendet. Ich hatte das glaube ich schon mal vorgestellt, aber es passt einfach gut in diese Sammlung. Wir haben das schon länger, und zunächst wollte meine Tochter das immer und immer wieder lesen. Inzwischen mag sie es nicht mehr. Ich glaube, das liegt daran, dass sie es so ungerecht findet, dass die Pinguine ihr Zuhause verlassen und in der Fremde etwas Neues suchen müssen. Dass sie dort aber nicht von allen willkommen geheißen werden. Kinder haben ja einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, und der wird bei diesem Buch schon auch verletzt.
Ich empfehle das Buch aber immer für Kindergartenkinder, die wissen wollen, wieso es in der Kita plötzlich Kinder gibt, die eine andere Sprache sprechen. Oder wenn sie im Radio etwas über Geflüchtete hören. Es gibt, so meine Recherche, einfach zu wenige Bücher, die das kindgerecht erklären. Für Ältere, so ab 10 Jahren, gibt es einiges, aber auch kleinere Kinder haben Fragen. Für die lohnt diese Geschichte.

Mathias Jeschke & Maja Bohn
Was meine Eltern von mir lernen können

Eltern streiten. Und Eltern denken oft, dass ihre Kinder das nicht mitbekommen. Oder, dass das schon nicht so schlimm ist. Ist es aber doch.
Das namenlose Mädchen im Buch leidet sehr unter dem Streit zwischen ihren Eltern. Sie erklärt auch, dass sie selbst sich viel mit anderen Kindern im Kindergarten streitet, aber, dass am Ende alles gut wird. Weil sie sich kitzeln, sich entschuldigen, weil sie feststellt, dass das Kind, dass sie gerade noch so doof fanden, dann doch ziemlich toll ist.
Das will das Mädchen auch ihren Eltern beibringen. Ich glaube, dass alle Eltern streiten.Nur nicht vielleicht (hoffentlich) so, wie in dem Buch. Trotzdem zeigt das aber sehr deutlich, was Streit mit Kindern macht, wenn wir Erwachsenen es nicht schaffen, uns auch wieder zu vertragen. Klar, es gibt nicht immer ein Happy End. Aber wenn ihr das Gefühl habt, eure Kinder leiden unter Streit, oder wissen gar nicht, wie sie Streit mit anderen Gleichaltrigen lösen könnten, dann schaut mal in dieses Buch.

Martin Baltscheit & Katharina Sieg
Das Läusegedicht

Ok, also zuerst mal sollte ich vielleicht gestehen: Ich bin ein großer Baltscheit-Fan. Ich mag alle Bücher von ihm, die ich kenne. 😀
Nun hat er eins gemacht zum Thema Läuse. Und ja, zuerst hat es mich auch direkt auf dem Kopf gekratzt. Aber dann nicht mehr. Denn das Buch, das ist so lustig. Die Kinder lieben es, und nebenbei nimmt es natürlich durch das Lustige auch etwas von diesem „Schamgefühl“, wenn man Läuse hat. Denn es ist einfach so: Läuse wollen es auch schön haben. Deswegen suchen sie sich eben (Kinder)köpfe aus, und nicht irgendwelche Statuen oder Schneemänner.
Die Bilder sind großartig, da gibt es einiges zu entdecken, die Reimgeschichte macht total viel Spaß und ich denke, wann immer mir jetzt ein Kind traurig berichtet, dass es Läuse hat würde ich zu diesem Buch raten.

Petra Thorn
Woher manche Babys kommen
Ein Erklärungs- und Aufklärungsbuch für Kinder, die mit medizinischer Unterstützung gezeugt wurden

Das Thema ist bei uns tatsächlich keines, aber das muss ja nicht überall so sein. Und genau deswegen fand ich es spannend zu sehen, dass es über künstliche Befruchtung ein Kinderbuch gibt.
Im Begleittext für die Eltern steht, dass Kinder ganz natürlich danach fragen wie sie entstehen, und, dass Eltern deren Kinder durch künstliche Befruchtung entstanden sind, das häufig nicht thematisieren. Dabei zeigen Untersuchungen, dass die Kinder selbst das nicht wichtig finden. Für sie ist wichtig, dass sie da sind, gewünscht.
Diese Kinderbuch richtet sich an Drei- bis Sechsjährige und hilft Eltern dabei zu erklären, wie eine künstliche Befruchtung funktioniert. Alles ist mit wenig Worten und großen Bildern erklärt, an zwei Stellen können auch Fotos vom Kind eingeklebt werden.
Ich finde das Buch eine wirklich tolle Möglichkeit eben ganz unverkrampft mit dem Thema „Kinder bekommen“ umzugehen. Das ist durchaus für alle Kinder interessant und sollte kein Tabu sein.

Marcus Sauermann & Uwe Heidschötter
Der Kleine und das Biest

Das Buch haben wir schon öfter aus der Bibiliothek ausgeliehen, die Kinder mögen glaube ich, dass die Eltern da so biestig sind. Das sind sie, weil Vater und Mutter sich getrennt haben, und es ihnen nicht gut geht. Der kleine Junge erlebt, wie aus beiden Elternteilen „Biester“ werden, die schlechte Laune haben, alte Fotos zerreißen, den Antrieb verlieren. Er muss Verantwortung übernehmen, trösten und auffangen. Ganz schön viel für ein Kind. Aber so ist es ja oft, Kinder fühlen sich verantwortlich und machen alles, damit es ihren Eltern besser geht.
Die Geschichte ist ziemlich berührend und hat ein kleines Happy End. Dem Mama-Biest geht es nämlich irgendwann besser, sie verliebt sich sogar neu. Und Papa, tja, mit dem Papa-Biest wird einfach Fußball gespielt, bis es auch ihm wieder besser geht.
Für alle, die vielleicht selbst gerade in einer Trennung stecken ist das ein Buch, dass die Kinder, aber vielleicht auch sie selbst ein wenig tröstet.

Ilona Lammertink & Nynke Talsma
Für das Geheimnis bin ich zu klein

Sexueller Missbrauch – das, was niemand erleben sollte, und vor dem viele Eltern Angst haben. Ich glaube, wenn so etwas passiert, dann kann das auch Eltern sprachlos machen. Genau dafür gibt es (Kinder)Bücher.
Das Buch beginnt schön, Joost erfährt von einem Geheimnis seiner Mama. Die ist nämlich wieder schwanger. Auch andere schöne Geheimnisse werden verkündet.
Und dann wird Joost vom Nachbarsjungen, der schon öfter auf ihn aufgespasst hat, angefasst. Und das soll dann ein Geheimnis bleiben. Ich gebe zu, als Mutter musste ich bei der Szene schon schlucken. Sie ist kindgerecht, aber trotzdem sehr eindrücklich. Joost will das Geheimnis nicht für sich behalten, aber er hat Angst und schämt sich. Und als der Nachbarsjunge wieder aufpassen soll versteckt sich der Junge. Schließlich erzählt er seinen Eltern was passiert ist. Und die versichern, dass ihr Sohn nichts falsch gemacht hat.
Ich gestehe: Das Buch ist keine leichte Kost und ich würde das keinem Kind einfach so zum Spaß zu lesen geben. Aber wenn es einen Verdacht gibt, (oder euer Kind sich auffällig verhält und ihr eine Vermutung habt), dann bin ich froh, dass es auch Kinderbücher zu solch schweren Themen gibt.

Udo Weigelt & Cornelia Haas
Die Königin und ich

Ebenfalls ein schweres Thema sind sterbenskranke Kinder. In diesem Buch stirbt die Hauptfigur. In der Zeit kurz vor dem Tod kommt eine Königin das Mädchen besuchen und verbringt eine schöne Zeit mit ihr. Alles ist plötzlich leicht, sie fühlt sich nicht mehr krank. Am Ende geht sie mit der Königin fort.
Meine Tochter interessiert sich nach wie vor sehr für Kinderbücher über den Tod. Und doch ist dieses hier anders. Weil es eben um ein kleines Kind geht, das stirbt.
Aber nur weil ein Thema schwer ist, sollten wir als Erwachsene uns nicht davor drücken.

Peter Wohlleben & Stefanie Reich
Weißt du wie die Baumkinder sind?

Umweltschutz ist ja kein wirklich schwieriges Thema. Wir sollten einfach alle aktiv werden, uns uns mehr darum kümmern. Aber es gibt soviele Bücher, die das Thema total dröge aufbereiten, so ganz oberlehrerhaft, dass den Kinder jede Lust daran vergeht.
Das Buch hier, das ist anders. Weil es eine Geschichte ist, aus der die Kinder selbst am besten eine Lehre ziehen. Wie immer die aussehen mag. Es kann sein, dass sie unbedingt einen Bagger sehen wollen, so wie mein Sohn. Oder, dass sie auch ein Eichhörnchen als Freund haben wollen, so wie meine Tochter. Aber das Buch bietet eben auch die Möglichkeit darüber zu sprechen, wie wichtig Natur ist. Gerade für Stadtkinder ist ein riesiger Wald, in dem man tagelang wandern kann nicht so einfach vorzustellen. Aber, dass der geschützt werden muss, damit nicht alles nur noch Großstadt ist, das wissen meine Zwei jetzt.

Kirsten Boie & Jutta Bauer
Ein mittelschönes Leben – ein Kinderbuch über Obdachlosigkeit

Apropos Großstadt. Da gibt es leider auch viele Obdachlose. Über die wollen meine Kinder viel wissen, weil wir eben oft an ihnen vorbeilaufen. Sie sprechen auch mit manchen, wollen wissen, wieso sie kein Zuhause haben, ob wir ihnen was aus dem Supermarkt mitbringen sollen. Mir ist wichtig, dass die Kinder wissen: Das sind Menschen, die ganz ganz wenig haben. Und, dass wir, wenn sie möchten, ihnen immer etwas abgeben. Denn es ist nicht schön auf der Straße wohnen zu müssen. Oft sind die Obdachlosen, mit denen wir sprechen ganz erstaunt, dass die Kinder sich wirklich für sie interessieren. Manche möchten nicht antworten, was ich vollkommen verständlich finde. Manche sind so stark alkoholisiert, dass ich meinen Kindern nicht erlaube mit ihnen zu sprechen. Manche bitten um Brötchen, Obst oder Wasser. Das besorgen wir dann.
Und mit diesem Buch kann zumindest die Fünfjährige besser verstehen wie es passieren kann, dass Menschen auf der Straße leben. Denn der Mann, der da obdachlos geworden ist, der war das ja nicht immer.
Meine Tochter fragte, ob nur Männer auf der Straße leben. Nein, natürlich nicht. Aber ein Buch mit einer weiblichen Protagonistin habe ich nicht gefunden, das hier war das Einzige, was ich überhaupt gesehen habe. Eigentlich auch traurig, dass es zu solch einem Thema nicht mehr Bücher gibt, oder? Ich verstehe, dass wir Eltern oft denken, wir müssten unsere Kinder schützen. Aber gerade in Großstädten kommen Kinder doch mit so vielen Gegebenheiten in Kontakt, dass wir dann auch Rede und Antwort stehen müssen für das, was Kinder beschäftigt. Bei uns jedenfalls ist gerade die Obdachlosigkeit von Menschen immer und immer wieder ein Thema. Dieses Buch hilft mir jetzt beim Antworten geben.

Jessica Shepherd
Oma, veriss mich nicht!

Demenz ist ein weiteres Tabuthema, über das nur dann gesprochen wird, wenn man als Familie selbst betroffen ist. Nur werden Kinder da leider oft vergessen. Die können aber nicht verstehen, was da mit ihren Großeltern passiert. Wieso die plötzlich Sachen nicht mehr wissen, vielleicht umziehen müssen, vielleicht sogar böse werden. Dieses Buch erklärt einiges, zeigt aber vor allem: Die beste Oma der Welt ist auch und trotz und mit Demenz die beste Oma der Welt.
Emmanuel Bourdier
Haselnusstage

Ein Buch über einen Papa im Gefängnis, ein Kind, das ihn einmal die Woche besucht, und eine Mutter, die sich sorgt. Mit ganz tollen, zurückhaltenden Zeichnungen. Es wird erst ganz am Ende klar, dass der Papa im Gefängnis sitzt, denn es geht vor allem darum, was das Kind am Vater so mag. Es möchte gern so sein wie er. Denn unsere Kinder schauen zu uns auf. Das Buch ist eher für jüngere gedacht, es ist eher verträumt. Aber das muss ja nichts schlechtes sein.

Thomas Engelhardt & Monika Osberghaus
Im Gefängnis – Ein Kinderbuch über das Leben hinter Gittern

Das Buch hier, das hat meiner Tochter richtig gut gefallen. Und 100 Fragen nach sich gezogen. Ich finde ja, dieses Buch verdient ganz ganz viel Aufmerksamkeit. Wir haben es jetzt schon mehrfach aus der Bibliothek ausgeliehen, ich werde es aber wohl noch kaufen müssen, denn immer wieder haben die Kinder neue Fragen und fragen, ob wir das Buch (das oft ausgeliehen ist) noch mal aus der Bibliothek holen können.
Die Illustrationen sind toll und es wird wirklich alles, was Kinder (und Erwachsene) über das Gefängnis wissen wollen erklärt. Wie viel wisst ihr denn darüber? Ich ehrlich gesagt nur das, was mir die Krimis eben so zeigen. Dabei ist der Alltag da wohl doch sehr anders.
Weil sich das Runzelfüßchen so sehr für das Buch interessiert habe, habe ich die Autorin Monika Osberghaus gefragt, ob sie Lust auf ein Interview hat. Und wir hatten Glück, sie wollte das gern machen.
Hier also das erste Interview, bei dem meine Tochter die Fragen gestellt hat:

Im Buch steht ja, dass mehr Männer als Frauen im Gefängnis sitzen. Sind Männer also böser als Frauen?
Ja, man könnte das fast denken, dass Männer böser sind als Frauen. Aber Frauen sind auch böse, nur oft anders. Manche bösen Frauen bringen Männer dazu, böse zu sein, sozusagen als Stellvertreter für sie.
Früher zum Beispiel in der Erziehung: „Warte, bis der Papa nach Hause kommt, dann gibt’s was!“ Und dann hat der Vater die Kinder bestraft und war dadurch automatisch der strenge, böse Papa. Dabei war die Mutter genauso streng oder sogar strenger, der Vater hat es aber ausleben müssen. Vielleicht mochte er das gar nicht!.
Oder sie piesacken die Männer so sehr, ohne offiziell was Böses zu tun, dass die Männer dann ausrasten. Hinzu kommt, dass man Mädchen mehr zur Friedfertigkeit erzieht und dass sie daher ihre Wut eher nach innen richten, also gegen sich selbst.
Ich denke ganz oft, wenn Männer oder ältere Jungs mal wieder was Böses gemacht haben: Aber die haben doch Mütter? Die wurden doch von Müttern erzogen? Warum konnten diese Mütter sie nicht so erziehen, dass sie netter sind? Eine richtige Antwort weiß ich noch nicht. Es gab neulich ein sehr spannendes Interview dazu in der Süddeutschen Zeitung mit einer Gefängnispsychologin, Hanna Ziegert. Sie hat genau dieses Thema erforscht und das Buch „Die Schuldigen“ geschrieben. Das will ich bald mal lesen.
Dürfen an Weihnachten alle Gefangenen aus ihren Zellen, oder bleiben manche trotzdem eingesperrt?
Im Buch erzählen wir ja gegen Ende von den Haftlockerungen. Eine davon kann sein, dass man über Weihnachten ein paar Tage nach Hause darf. Also die, die schon einen Großteil ihrer Haft hinter sich haben und sich an alle Regeln gehalten haben. Die meisten bleiben aber eingesperrt und es ist an diesen Tagen noch langweiliger als sonst, weil die Justizvollzugsbediensteten möglichst selbst alle frei haben wollen, d.h. es gibt weniger Aktionen und Termine, nur das Allernötigste. Deswegen war die Weihnachtsfeier so wichtig, die wir miterlebt haben und die auch im Buch vorkommt. Diese Feier zwei Wochen vor Weihnachten war das „richtige“ Weihnachten für die Gefangenen.
Wieso haben Sie ein Buch über das Leben im Gefängnis geschrieben?
Wir sind genau wie Sie und Ihre Tochter einfach sehr neugierig gewesen, wie es hinter diesen Mauern aussieht und wie der Alltag ist. Wir wären aber selbst nicht auf die Idee gekommen, dass das ein Kinderbuchstoff sein könnte. Eines Tages meldete sich Frau Jacob bei uns (siehe Nachwort und Danksagung im Buch), die uns fragte, ob wir nicht mit ihrer Unterstützung ein solches Buch machen wollen. Wir wollten sofort und fanden es so spannend, dass mein Mann und ich sagten: Das schreiben wir selbst! (Wir wussten, dass wir gut zusammen schreiben können, weil wir schon länger die Serie „Die wilden Zwerge“ zusammen schreiben.)
Kennen Sie viele Gefangene?
Wir haben etwa anderthalb Jahre lang immer wieder Gefängnisse besucht und dort Gefangene kennen gelernt und mit vielen gesprochen. Aber „Kennen“ ist zu viel gesagt. Sie haben uns recht offenherzig ihre Geschichten und ihre Sicht der Dinge erzählt, das waren sehr offene Gespräche. Insgesamt waren wir sechsmal in vier verschiedenen Gefängnissen. In unserem „normalen“ Leben kennen wir (wahrscheinlich) niemanden, der im Gefängnis ist oder einen Angehörigen dort hat. Wir haben aber gemerkt, wie schnell es dazu kommen könnte.
Für uns war eine wichtige moralische Frage auch, ob das Konzept „Gefängnis“, wie wir es praktizieren, überhaupt sinnvoll ist. Die Antwort heißt nein. Das war interessant, das mit jedem Gefängnisbesuch mehr und mehr zu merken, und auch zu merken, wie diese Frage von den Menschen, die dort arbeiten, sehr offen diskutiert wird. Da gärt etwas und es wird sich hoffentlich bald eine Veränderung anbahnen.

Ich sammel ja gern Kinderbuchtipps zu verschiedenen Themen. Bisher gibt es:

Kinderbuchtipps zum Thema Tod
Kinderbuchtipps für cooleVorbilder
Kinderbuchtipps für den Herbst
Kinderbuchtipps für Schwangerschaft und Geburt

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Eine Antwort

  1. Lana sagt:

    Eine schöne Alternative um Wörter zu erklären. Muss man erstmal draufkommen. Danke dafür 🙂

    lg

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