Gedanken

Neulich habe ich auf Netflix die preisgekrönte Doku „Hot Girls wanted“ über die Industrie der Amateurpornos gesehen. Wer sich jetzt fragt ob ich mich im Blog geirrt habe, der möge weiter lesen, ich erkläre noch, was das mit meinen Kindern zu tun hat.

Hot Girls Wanted

In dieser Doku ging es u.a. darum, dass junge Mädchen für das vermeintlich schnelle Geld, Flüge und ein Leben fern ab der Eltern sogenannte Amateurpornos drehen. Dabei sind eigentlich nur sie die Amateure, die männlichen Darsteller, die Kameramänner, all das sind Profis. Schon nach wenigen Minuten wird dem Zuschauer der Doku klar, dass die Mädchen ihr Handeln gar nicht richtig einschätzen können. Viele geben an, dass sie Sex gar nicht mögen, dass sie nur für Geld diese Filme drehen, dass ihnen das was sie da tun müssen keinen Spaß macht und die Männer, mit denen sie es tun sie anwidern.

Junge Mädchen in der Pornoindustrie

Eines der Mädchen (die Älteste war 20 Jahre alt) hatte ihren ersten Kontakt mit dieser Industrie in Form eines sogenannten Facial Abuse. Ich gehe an dieser Stelle nicht ins Detail, das tat auch der Film nicht. Kurz gesagt ist es eine besonders gewaltvolle Art eine Frau zu oralem Sex zu zwingen. Im Interview ließ das Mädchen klar erkennen, dass sie diesen Dreh nach wie vor nicht verarbeitet hatte. Dennoch war sie der Meinung, dass Männer das lieber mit ihr im Porno als mit Mädchen auf Partys machen sollten.

Was, wenn das meine Kinder wären?

Ich konnte diese Dokumentation nicht am Stück gucken. Sie hat mich zu sehr aufgewühlt. Denn die ganze Zeit fragte ich mich: Was, wenn das meine Kinder wären?
Nun habe ich sowohl eine Tochter als auch einen Sohn und damit potentiell und überspitzt gesagt, beide Seiten der Industrie zuhause. Meine Tochter könnte später auf die Idee kommen, dass eine wie auch immer geartete Karriere im Sexbusiness der richtige Weg ist. Mein Sohn könnte die schreckliche Vorstellung entwickeln, dass Frauen wie in Gewaltpornos zum Sex genötigt werden dürfen.
Beide Kinder könnten glauben, dass das was diese Filme transportieren die „normale“ Art ist wie Menschen miteinander Sex haben.

Werte jenseits von Pornos

Natürlich liegt es in der Verantwortung meines Mannes und mir dagegen anzureden, unseren Kindern die richtigen Werte zu vermitteln. Aber der Film zeigte auch, dass Eltern nicht allein dafür verantwortlich sind. Die Eltern einer Darstellerin redeten immer wieder mit ihrer Tochter, sie versuchten es ohne Druck, mit Verständnis, mit allem, was ich als Mutter eben auch versucht hätte. Sie hatten nichts „falsch“ gemacht, hatten ihrer Tochter Normen, Werte und Selbstachtung vermittelt. Und dennoch, die Verlockung des vermeintlich schnellen Geldes war größer.

Pornos gucken stumpft ab

Heute lassen sich Pornos soviel einfacher konsumieren als in meiner Jugend (was mich älter klingen lässt als ich bin). Unsere Gesellschaft sexualisiert sich immer mehr. Dazu kommt eine Radikalisierung, die mich schaudern lässt. Viele sind nur auf ihren eigenem Vorteil bedacht, etwas, dass sich natürlich auch in der Sexualität niederschlägt. Ich habe Angst davor, dass meine Kinder sich darin verlieren, dass ich erleben könnte, wie mein Sohn respektlos mit Frauen umgeht. Ich habe Angst davor, dass meine Tochter glauben könnte, ihr Körper sei ihr Kapital.

 Nein heißt nein

Auch angesichts der aktuellen Ereignisse mache ich mir Gedanken, wie ich meine Kinder auf diesen Teil ihrer Jugend und Erwachsenenzeit vorbereite. Wie ich sie stark mache, sich neugierig und angstfrei mit ihrer Sexualität auseinanderzusetzen. Das Wichtigste für mich ist, dass Beide verstehen, dass Nein immer nein heißt, dass Macht niemals demonstriert werden muss und, dass Frauen genauso viel wert sind wie Männer. Niemand hat das Recht Frauen zu erniedrigen und ich hoffe, dass ich meine Kinder so erziehe, dass sie für sich und andere einstehen. 

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3 Antworten

  1. Nein heißt nein. Ich stimme dir zu – das sollten alle Menschen so lernen.

    Doch an diesem Punkt wird es schon schwierig. Ein Baby, das seinen Mund zu lässt und den Kopf wegdreht, wenn der Löffel mit dem Brei kommt, sagt nonverbal 'Nein!'. Und trotzdem sehe ich immer wieder Eltern, die dann auf die eine oder andere Art dieses Löffelchen in den Mund des Kindes schummeln, weil sie denken, es müsse genügend essen. Wenn ein 2-Jähriger sich im Winter dagegen wehrt, eine Jacke anzuziehen, dann sagt er eindeutig 'Nein!'. Und trotzdem zwingen dann manche Eltern ihre Kleinen dazu, die Jacke trotzdem anzuziehen. Manchmal sogar verkehrt herum, mit dem Reißverschluss auf dem Rücken, so dass das Kind die Jacke ja nicht allein ausziehen kann….

    Ich bin mir wirklich sicher, dass 100% der Eltern dir zustimmen, wenn du sagst: Wenn eine Frau Nein zu Sex sagt, dann muss ein Mann das als Nein akzeptieren. Ich bin sicher, dass 99% der Eltern ihren Kindern das so auch beibringen (wollen), und mit ihnen sprechen, wenn sie alt genug sind. Doch wie viele Prozent der Eltern haben vorher schon, als die Kinder klein waren, mit ihren unbewussten Taten (siehe oben) das 'Nein heißt Nein' widerlegt? Denn was lernt ein Kind, das laut 'Nein' sagt und dann doch machen muss, was die Eltern wollen? Es lernt, dass der Stärkere bestimmt, wann ein Nein wirklich ein Nein ist. Das Lernen findet also sehr viel früher und eindrücklicher statt, als den meisten Menschen klar ist….

    Ich danke dir für deinen Text. Er regt zum Nachdenken an und ist eindrücklich und klug geschrieben.

    Liebe Grüße, snowqueen

  2. Kathrin sagt:

    Diese Gedanken plagen mich auch oft, also sowohl deine (hervorragend auf den Punkt gebracht übrigens) als auch die von snowqueen. Wie oft rutscht es mir selbst raus, meinem Kind gegenüber Dinge zu verbieten oder über ihn zu bestimmen, weil ich selbst so erzogen wurde und die ältere und Lebenserfahrenere bin und der Meinung, ich wäre damit automatisch im Recht. Und ich selbst zähle mich zu denen, die an 8/10 Tagen gut auf Erziehung verzichten können. Aber alle anderen um mich herum, die sogar auf einem Spielplatz (!) ständig und permanent reglementieren, rumkommandieren und "Nein"s austeilen… Die sind eines Tages die Gesellschaft meiner erwachsenen Kinder. Und ich frage mich oft, ob meine "Erziehung", das vermitteln unserer Werte und dem was richtig und falsch ist, sie dann zu den Starken oder zu den Schwachen macht. Ob sie dem standhalten können oder nicht. Ob sie vielleicht selbst aushalten müssen oder in Gefahr geraten, weil sie anderen, die Gewalt als normaler ansehen, nichts entgegenzusetzen haben. Mich Erfüllt das mit sehr großer Angst und deswegen danke ich dir für deinen Text und eure Gedanken!

  3. Trollblume sagt:

    Ja, diese sogenannte "Generation Porno" ist problematisch. Was ich als Biolehrerin im Rahmen des Biologieunterrichts schon hören konnte, an Wissen und Vorstellungen über Sex, das die Schüler aus Pornos haben, hat mir schon oft die Ohren Schlacken lassen. Neben Erziehungsaspekten, die du ansprichst, ist es ganz eindeutig die in den Pornos dargestellt Form der Sexualität, die mit der Realität far nichts zu tun hat. Und da sind nicht nur die Mädchen gefährdet, sondern auch die Jungen, die nicht nur eine Umfangsweise des männlichen mit dem weiblichen Geschlechts kennenlernen, wie man es auch mit Sicherheit für keine Frau wünscht, sondern Männer sehen, die immer, so oft und so lange können wir sie wollen. Das muss doch zu Unsicherheiten und Minderwertigkeitskomplexen führen. Die Schulbuchverlage haben mittlerweile mit entsprechenden Material darauf reagiert, dieses Problem jedoch angemessen als Lehrkraft aufzufangen, über fordert nicht dennoch.

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