Papa bloggt: Müssen Strafen wirklich sein?
Letztes Wochenende war wirlich schönes Wetter in Berlin. Die Sonne schien, es war über 20 Grad und wir standen an einer Eisdiele. Die Schlange ging bis zur Straße und ich wartete kollektiv für die Familie in dieser langen Reihe. Diese hatte sich einen bequemen Sitzplatz geholt und wartete auf unser Eis. Die Augen der Warteten richteten sich plötzlich auf einen kleinen Jungen, der weinend an seiner Mutter vom Anfang Warteschlange gezogen wurde mit den Worten „Du gehst heute direkt auf den Spielplatz. Für Dich gibt es heute kein Eis.“
Kaltherzige Frau?
Ich stand schon wirklich fünfzehn Minuten da und alle Anwesenden ging nur ein Gedanke durch den Kopf: Wie grausam war diese Mutter? Hinter mir standen zwei junge Männer, vermutlich ohne Familie, die sich über dies und das unterhielten und ihnen verschlug es die Sprache als sie den kleinen Jungen weinend sahen. Und ich dachte auch so bei mir, was hat der kleine Junge wohl gemacht hat, dass die Mutter ihm das leckere Eis verbieten wollte. Hat er etwas böses gesagt? Ein anderes Kind gehauen? Und ich war schon dabei innerlich diese „kaltherzige“ Frau zu schimpfen, aber etwas in mir sagte, vielleicht sollte ich nicht so vorschnell urteilen.
Sind Einschränkungen nicht immer Strafen?
Vor kurzem hatte ich eine kurze Twitter-Unterhaltung mit Christopher End. Es ging um einen kurzen Artikel mit Jesper Juul, der als Thema „Strafen“ hatte. Dabei verstand ich unter Strafen etwas ganz anderes als Jesper Juul, bei dem eine Strafe schon sein kann, wenn ein Kind etwas nicht darf. Kinder, zumindest sehr kleine, verstehen Regeln oder auch Grenzen als Einschränkung in ihrer Autonomie. Nicht an der Treppe spielen, nicht so nahe an den Herd herangehen, die Steckdosen sind tabu – es gibt so viele Einschränkungen, die Kinder erleben. Manche davon sind gut, manche davon vielleicht auch ein übertriebenes Sicherheitsbedürfnis der Eltern. Aber, und das war ein Gedanke, der etwas länger bei mir gebraucht hat: für Kinder bedeuten Einschränkungen immer auch etwas wie eine Strafe. Es kommt auf die Absicht der Eltern gar nicht an, wie etwas durch das Kind empfunden wird.
Etwas wegnehmen ist eigentlich auch eine Strafe
Gestern gab es Nudeln zum Abendbrot und mein Sohn fing nach dem Essen an, mit seiner Gabel seine Schwester zu pieksen. Das Runzelfüßchen fand das nicht lustig und ich finde Gabeln sind nicht zum pieksen der Schwester da. Also, was machte ich? Ich sagte Herrn Annika, er sollte doch bitte nicht mit der Gabel die Schwester pieksen, sonst muss ich ihm die Gabel wegnehmen. Er machte natürlich trotzdem weiter, bis ich ihm dann die Gabel aus der Hand genommen habe. Herr Annika fand das natürlich nicht lustig und letztendlich muss sich das für ihn als Strafe angefühlt habe. Ich fand das ok, Gabeln sind spitz und kein Spielzeug und mit dieser Erklärung habe ich ihm sie auch weggenommen. Aber trotzdem frage ich mich in solchen Situationen, ob es vielleicht ein milderes Mittel gegeben hätte, was den gleichen Erfolg gegeben hätte?
Für den Außenstehenden mag die Frau vor der Eisdiele „grausam“ zu ihrem Sohn gewesen sein. Vielleicht war es das auch. Vielleicht hat es ihr am Ende auch leid getan. Was ich nur weiß: ob man als Elternteil Vereinbarungen mit Kindern aushandelt, Konsequenzen vorher bespricht, eigene Grenze vorher aufzeigt: es nicht immer einfach, das richtige Mittel zu finden, konsequent zu sein, fair zu bleiben und trotzdem liebevoll. Vermutlich ist niemand darin perfekt.